Unser SWR1 Griechenland Korrespondent Moritz Pompl erklärt uns, was es mit der sogenannten "Handtuchbewegung" auf sich hat.
SWR1: Die sogenannte Handtuchbewegung protestiert nicht gegen Touristen, oder?
Moritz Pompl: Nein, laut eigener Aussage ist man nicht gegen Tourismus oder Unternehmertum, aber dafür, dass die Gesetze eingehalten werden. Denn per Gesetz gilt in Griechenland, dass maximal die Hälfte eines Strandes mit Liegestühlen bestückt werden.
Die letzten fünf Meter vor dem Wasser müssen auch frei bleiben. Viele Unternehmer halten sich aber nicht daran und deshalb kämpft jetzt eben die Handtuchbewegung für ihr Recht auf freien Strand-Zugang.
SWR1: Interessant ist, dass die Handtuchbewegung jetzt Wirkung zeigt und die griechische Politik und die Justiz durchgreifen, oder?
Pompl: Ja, die Staatsanwaltschaft Athen ermittelt auf der Insel Paros und mehrere Unternehmer sind festgenommen worden. Sogar der griechische Wirtschaftsminister hat sich eingeschaltet und gesagt, wer sich nicht an die Gesetze hält, der wird zur Rechenschaft gezogen.
Die ersten Strandliegen sind schon wieder abgebaut worden, also ein Riesenerfolg für diese Bewegung. Übrigens auch in den sozialen Netzwerken, wo ganz ganz viel Unterstützung da ist.
SWR1: Griechenland hat im Mittelmeerraum mit rund 14.000 Kilometern den meisten Strand. Bringt das denn was, wenn auf einer Insel Menschen gegen illegale Strandliegen protestieren?
Pompl: Ich würde sagen ja. Auf vielen Inseln in Griechenland gibt es auch eine ganze Menge an steilen Küsten mit wenigen Stränden dazwischen. Und wenn diese wenigen Strände alle in Besitz genommen werden, dann bleibt einfach nichts mehr übrig.
Abgesehen davon gibt es inzwischen auch Nachahmer-Bewegungen auf anderen Inseln. Da kommt wirklich etwas ins Rollen jetzt hier in Griechenland.
SWR1: Wie erkenne ich als Urlauberin in Griechenland, ob Strandliegen legal oder illegal sind und, ob ich da liegen darf?
Pompl: Man kann tatsächlich ein bisschen darauf achten: Wenn man an einen Strand kommt, der vollkommen voll gestellt ist mit Strandliegen, dann stimmt da irgendwas nicht. Wie gesagt, nur die Hälfte darf besetzt werden.
Oder, wenn die Strandliegen bis ganz nah an die Wasserkante vorgehen, ist das nicht legal und dann kann ich natürlich entscheiden, ob ich das Hotel oder die Bar boykottiere und dahin gehe, wo man sich an die Regeln hält. So kann man auch selbst die Handtuchbewegung unterstützen.
In der Türkei geht es um die Natur
Den meisten Gruppen der sogenannten "Handtuchbewegung" in der Türkei geht es um mehr als kostenlosen Zugang zu Stränden. Der ist zwar gesetzlich festgeschrieben, aber viele Kommunen dulden es, wenn zum Beispiel Hotels Strände für sich vereinnahmen und Eintrittsgeld verlangen. Diejenigen, die schon lange protestieren, wehren sich vor allem gegen – so sehen sie es – Raubbau an der Natur. Denn Strandclubbetreiber und andere betonierten Strandflächen für Parkplätze und Bars, sie rissen Bäume und Sträucher aus. Das stört Bürgerinitiativen schon seit Jahren.
Aus ihrer Sicht geht das ganze Hand in Hand mit der Kommerzialisierung, und die habe zudem dazu geführt, dass an der Westküste rund um Izmir und weiter im Süden bei Muğla ein Tag am Strand oft an die 20 Euro kostet. Gäbe es aber die kommerzielle Nutzung nicht, sagen die Initiatoren, wäre der Zugang frei und müsste die Natur nicht so leiden.
Spaniens Krieg der Sonnenschirme
"Handtuchbewegung" – das ist natürlich viel zu harmlos für Spanien, denn hier tobt schon seit Jahren der Krieg der Schirme, konkret der Sonnenschirme. Vielerorts ist es nämlich gar nicht erst erlaubt, seinen Claim am Strand mit Handtuch oder eben Sonnenschirm schon früh morgens abzustecken und sich dann nochmal für ein paar Stunden hinzulegen. Denn gute Plätze sind auch an breiten Stränden heiß umkämpft. Zwischen den zahlreichen Liegestuhlvermietern und tausenden Touristen, die zur Hochsaison in spanische Badeorte einfallen, wird es sehr schnell sehr eng.
Die erste Reihe ist hier sogar ein kostbares Gut. Und wer den besten Platz haben will, der muss früh aufstehen und vor allen Dingen persönlich dableiben. In Städten wie Málaga werden für das Blockieren von Strandplatz nämlich Bußgelder fällig – mindestens 300 Euro! Zuletzt hat es immer wieder britische Touristen getroffen. "Rassismus!" hat daraufhin das Boulevard-Blatt "Daily Mail" in die Welt gerufen. Doch die Antwort der Spanier darauf ist sympathisch trocken: sollen sie doch früher aufstehen.
Das Gespräch führte SWR1 Moderatorin Claudia Deeg.