Stefan Kuntz spricht im Podcast "Nur der FCK" über seinen Herzensverein. (Foto: IMAGO, IMAGO / eu-images)

Fußball | Podcast

Stefan Kuntz: "Der FCK ist tief und fest in meinem Herzen verankert!"

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Sebastian Zobel
Bild von Sebastian Zobel, Redakteur im SWR Studio Kaiserslautern (Foto: SWR)
Stefan Kersthold

Als Spieler wurde er mit dem 1. FC Kaiserslautern Meister und Pokalsieger. Als Vereinsboss rettete er die Roten Teufel vor dem Abstieg aus der 2. Liga und führte sie zurück in die Bundesliga. Im SWR Sport Podcast "Nur der FCK" spricht Stefan Kuntz erstmals wieder ausführlich über seine Zeit in Kaiserslautern.

"Man sieht mal wieder, dass Fußball mehr Kopf ist als Bein und was so ein Sieg gegen Schalke ausmacht. Der FCK ist sehr dominant und sehr souverän aufgetreten", blickt Stefan Kuntz im SWR Sport Podcast "Nur der FCK" auf den überzeugenden Auswärtssieg des FCK bei der Berliner Hertha zurück. Erstmals seit zehn Jahren stehen die Roten Teufel wieder in einem Pokal-Halbfinale. Beim bislang letzten Auftritt in der Runde der letzten Vier war Kuntz noch Vorstandsvorsitzender in Kaiserslautern.

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Die Fans des FCK erleben mal wieder eine Saison der Extreme. Nach einem schwachen Start in der Liga mit zwei Niederlagen folgte eine Siegesserie, die die Lauterer für immerhin eine Nacht zum Tabellenführer machte. Gefolgt von einer absoluten Talfahrt, die den Traditionsklub zur Winterpause fast bis auf einen Abstiegsplatz abstürzen ließ.

Wilde Gerüchte um Grammozis sorgen für Unruhe beim FCK

Danach griffen die üblichen Mechanismen des Fußballgeschäfts. Dirk Schuster wurde als Trainer entlassen und von Dimitrios Grammozis beerbt. Der Grieche hatte sein Amt noch gar nicht angetreten, da wollte ihn viele schon wieder vom Betzenberg jagen. Nach Niederlagen gegen Hertha, Braunschweig und St. Pauli machten Gerüchte die Runde, die Mannschaft hätte sich gegen ihren Coach gestellt. Der FCK sah sich gezwungen, sich mit einem öffentlichen Statement gegen die Gerüchte zu wehren.

Ein richtiger und wichtiger Schritt, findet Stefan Kuntz: "Wir haben wieder so eine für den FCK typischen Situation erlebt, dass Gerüchte und Lügen aufkamen. Ich fand das Statement vom Verein sehr gut. Und wenn du dann als Trainer innerhalb des Klubs weißt, dass du Rückendeckung hast, ist es natürlich nochmal besser." Das sei natürlich auch ein psychologischer Trick, man suche sich den Bösen von außen, der dem Verein schaden wolle. "Dadurch weißt du als Mannschaft: Wenn wir, der 'Inner Circle', zusammenhalten, dann werden wir richtig was erreichen und es allen zeigen."

Kuntz: Ein neuer Trainer braucht Zeit

Das Vorgehen scheint gefruchtet zu haben. Gegen Schalke 04 feierten die Roten Teufel mit Coach Grammozis einen überzeugenden 4:1-Heimsieg, gefolgt vom starken Auftritt im Pokalviertelfinale.

Für Ex-FCKler Kuntz ist Zeit ein entscheidender Faktor: "Der Trainer hatte mal etwas mehr Zeit, um mit der Mannschaft zu arbeiten, die Integration der neuen Spieler ist weiter fortgeschritten. Für den Teamspirit ist nichts wertvoller als ein Sieg, gerade vor ausverkauftem Haus gegen Schalke hat das gut getan." Das habe dazu geführt, dass die Mannschaft weniger Druck hatte und mit dem Wissen nach Berlin gefahren sei, dort nichts zu verlieren zu haben.

Nach Ansicht von Trainer Stefan Kuntz braucht ein neuer Coach einfach eine gewisse Zeit, um seine Philosophie mit seinem Team umzusetzen. Als neuer Trainer probiere man erstmal sowohl kleinere als auch größere Ideen aus, merke aber dann erst mit der Zeit, ob diese so von der Mannschaft auch umgesetzt werden könnten.

Nach dem Pokalsieg ein Jahr später die Deutsche Meisterschaft - Stefen Kuntz präsentiert 1991 die Schale (Foto: IMAGO, Imago/ Sven Simon)
Nach dem Pokalsieg ein Jahr später die Deutsche Meisterschaft - Stefan Kuntz präsentiert 1991 die Schale.

Stefan Kuntz: Im FCK-Umfeld werden gezielt Lügen verbreitet

Dass es beim FCK immer wieder Störfeuer von außen gibt, erklärt Kuntz mit dem großen Interesse am Traditionsverein und der damit einhergehenden Emotionalität. "Es gibt immer Leute, die sind nicht die FCK-Fans, die sie vorgeben. Die möchten sich darstellen, die möchten wichtig sein und werden dann einfach zu Lügnern oder Verbreitern von Verschwörungstheorien."

Kuntz wünscht sich, dass solche Leute noch öfter zur Verantwortung gezogen werden. Außerdem wünsche er sich eine Selbstreinigung in der Fanszene, indem man nicht auf alle Gerüchte draufspringe.

Stefan Kuntz selbstkritisch über seine Zeit beim FCK

Stefan Kuntz war von 2008 bis 2016 der starke Mann auf dem "Betze". Erst rettete er den Verein, wesentlich durch die Euphorie, die durch seine Herzblut-Kampagne entfacht wurde, vor dem Absturz in die Drittklassigkeit. In der Folge spielte der FCK regelmäßig um den Aufstieg in die Bundesliga mit und schaffte es von 2010 bis 2012 auch wieder den Sprung in die erste Liga.

Nach dem erneuten Abstieg in die 2. Liga verpassten die Roten Teufel den Wiederaufstieg zunächst auf dramatische Art und Weise in der Relegation gegen Hoffenheim. Es folgten zwei vierte Plätze, bevor es sportlich wieder deutlich schlechter lief und sich die Wege von Kuntz und seinem "Herzensverein" wieder trennten.

Stefan Kuntz bei seinem Besuch im SWR Studio Kaiserslautern mit den beiden Redakteuren Stefan Kersthold (li.) und Sebastian Zobel (re.). (Foto: SWR)
Stefan Kuntz bei seinem Besuch im SWR Studio Kaiserslautern mit den beiden Redakteuren Stefan Kersthold (li.) und Sebastian Zobel (re.).

Stefan Kuntz musste am Ende seiner Amtszeit in Kaiserslautern auch viel Kritik einstecken. Ihm wurde vieles vorgeworfen, von der Vetternwirtschaft bei Spielerverpflichtungen bis hin zu einem zu autoritären Führungsstil. "Es ist nicht perfekt, wenn man emotional extrem an so einem Verein hängt", sagt Kuntz rückblickend zu dieser Phase seines Lebens. "Der FCK ist tief und fest in meinem Herzen verankert. Da nimmst du natürlich das eine oder andere wesentlich persönlicher."

Stefan Kuntz über FCK-Zeit: "War zu schroff und emotional"

Kuntz gibt sich auch selbstkritisch und sagt, dass er heute in einigen Situationen anders reagieren würde: "Wenn jemand anderer Meinung war, oder wenn du vielleicht sogar die Fakten auf deiner Seite hattest, hätte ich trotzdem viel versöhnlicher und umgänglicher solche Diskussionen führen müssen, um den einen oder anderen das Gesicht wahren zu lassen. Da war ich manchmal viel zu schroff, manchmal auch zu beleidigt und viel zu emotional. Ich glaube, da hätte ich auch sehr viel Schärfe rausnehmen können."

Nach seiner Zeit als Vereinsboss in Kaiserslautern kehrte Kuntz wieder als Trainer an die Seitenlinie zurück und feierte mit der U21-Nationalmannschaft große Erfolge. Zweimal holte er mit den Nachwuchskickern die Europameisterschaft, bevor er Trainer der türkischen Nationalmannschaft wurde: "Ich brauche immer etwas, das mich reizt, das mich fordert, wo ich beim ersten Anruf schon direkt ein Kribbeln merke. Zu dem Zeitpunkt wollte ich wissen: Kann ich A-Nationaltrainer? Ich wollte sehen, wie ist es als Ausländer in einem sehr emotionalen Land Nationaltrainer zu sein."

Stefan Kuntz bei seiner bislang letzten Trainerstation als türkischer Nationalcoach (Foto: IMAGO, Imago/ Propaganda Photo)
Stefan Kuntz bei seiner bislang letzten Trainerstaion als türkischer Nationalcoach.

Stefan Kuntz wäre gerne als Trainer bei der EM 2024 dabei gewesen

Kuntz blickt zufrieden auf seine Zeit in der Türkei zurück. Er habe zwei Jahre den Druck ausgehalten, die Mannschaft dort hingeführt, wo sie alle haben wollten und habe jungen Spielern eine Chance gegeben. Das Ende habe allerdings weh getan, als sich das Team in den zwei Spielen nach seiner Amtszeit für die EM 2024 in Deutschland qualifiziert habe. "Natürlich hätte ich gerne als türkischer Nationaltrainer in Deutschland an der Seitenlinie gestanden."

Und natürlich hätte der 96er Europameister Kuntz sich auch gefreut, wenn man sich für ihn als Nachfolger von Hansi Flick als Nationaltrainer entschieden hätte. Er habe die Entscheidung für Julian Nagelsmann allerdings auch nachvollziehen können.

Stefan Kuntz: Die Sucht nach dem Toreschießen

Während seiner aktiven Karriere war Kuntz ein erfolgreicher Stürmer, erzielte in 449 Bundesligaspielen 179 Treffer. Zweimal war er sogar Torschützenkönig der Bundesliga, einmal beim FCK und einmal beim VfL Bochum. Als Nationalspieler wurde er 1996 in England Europameister. Bislang unerreicht: In 25 Länderspielen blieb Kuntz ungeschlagen.

Nach der Spielerkarriere folgte für ihn schnell der Schritt ins Trainergeschäft. Zunächst in der saarländischen Heimat beim Traditionsverein Borussia Neunkirchen. Danach zog es ihn weiter zum Karlsruher SC und Waldhof Mannheim, eher er nach einem kurzen Engagement bei LR Ahlen eine Zwangspause einlegen musste.

Stefan Kuntz: Auf die Fresse fallen und wieder aufstehen

"Dieses eine Jahr arbeitslos war ein ganz schlimmes Jahr, aber es hat mir geholfen. Ich bin dann komplett aus dieser Fußball-Scheinwelt rausgeplumpst, nicht nur auf den Hintern, ich bin auch nicht auf den Füßen gelandet, sondern auf der Fresse. Irgendwann habe ich meiner Frau einen Vorschlag gemacht, wie sie die Spülmaschine besser einräumen könnte. Dann hat sie gesagt 'Stefan, du musst einen Ersatz für geschossene Tore finden' ", berichtet Kuntz.

"Das war früher meine Triebfeder. Ich wollte ein Tor schießen, ich wollte haben, dass die Leute mir zujubeln. Das kann sich niemand kaufen. Es kann keiner Geld geben und die Westkurve jubelt ihm zu", so Kuntz über das berauschende Gefühl, das ihm der Fußball zunächst als Spieler und später als Trainer und Funktionär geben konnte.

Die arbeitslose Zeit sei letztlich der Anstoß für ein Fußball-Management Fernstudium gewesen. Bei seinem anschließenden Engagement in Koblenz führte er die TUS, gemeinsam mit Trainer Milan Sasic, zum Aufstieg. Ihm ebnete die erfolgreiche Arbeit am Deutschen Eck den Weg zu Bundesligist Bochum. 2008 folgte er dann dem Ruf aus Kaiserslautern und übernahm beim FCK das Ruder.

Stefan Kuntz will wieder als Nationaltrainer arbeiten

Ans Aufhören denkt Stefan Kuntz übrigens noch lange nicht: "Ich habe viel zu viel Energie noch in mir drin. Klar gibt es Sachen, die ich ausschließen würde, weil ich das schon gehabt habe. Ich brauche bei so einer Aufgabe immer eine Herausforderung, wo ich etwas Neues kennenlerne und mich selbst weiterentwickeln kann."

Am meisten würde ihn die Stelle eines Nationaltrainers in einem Land reizen, wo er eine Herausforderung für sich sieht. Ein Club-Job bei einem interessanten Verein im Ausland wäre auch denkbar. Anders als eine Rückkehr zum FCK: "Wieder zurückzukommen geht nicht oft gut wie man auch bei Spielern sehr oft sehen kann." Kuntz schließt allerdings nicht aus, dass er seinem Herzensverein in der Not helfen würde: "Ich glaube, wenn es dem FCK ganz, ganz schlecht ginge, ganz am Schluss könnte man mich mit der Liebe zum Verein packen."