Im Main-Tauber-Kreis breitet sich die Aujeszkysche Krankheit unter Wildschweinen aus. Für Menschen ungefährlich, ist sie für Hunde, Katzen und Hausschweine tödlich.

Gefahr für Hunde und Katzen

Tierseuche: Tödliche Aujeszkysche Krankheit breitet sich aus

Stand
Autor/in
Frank Wittig
Frank Wittig, Reporter für SWR Wissen aktuell
Onlinefassung
Ralf Kölbel
Ralf Kölbel, Online-Redakteur bei SWR Wissen aktuell sowie Redakteur bei Redakteur bei SWR Kultur DAS Wissen.

Sie heißt Aujeszkysche Krankheit – aber auch Pseudowut, Juckseuche oder Tollkrätze. Jetzt scheint sich das Virus bei Wildschweinen auszubreiten. Für Haustiere wie Hunde oder Katzen ist das Virus hochgefährlich. Wie kann man sie schützen?

Die Tage macht eine Tierseuche von sich reden: Die Aujeszkysche Krankheit. Benannt wurde die gefährliche Tierseuche nach dem ungarischen Tierarzt Aldar Aujeszky, der die Krankheit 1902 zum ersten Mal beschrieb. Im Main-Tauber-Kreis wurde das gefährliche Virus in der Wildschweinpopulation wiederholt nachgewiesen. Nach SWR-Recherchen sind auch andere Kreise im Land betroffen. Zwischen 2020 und 2023 wurden in Baden-Württemberg 260 Antikörper-Nachweise gegen das AK-Virus gezählt - in 20 der 44 Stadt- und Landkreise, teilte das Ministerium für Ernährung, ländlichen Raum und Verbraucherschutz mit.

Aujeszkysche Krankheit: Keine Gefahr für Menschen, Pferde und Esel

Die Aujeszkysche Krankheit ist eine hochansteckende Viruskrankheit, die seit einigen Jahren in den Wäldern des Main-Tauber-Kreis nachgewiesen wird. Wirtstier ist das Wildschwein, das mit der Krankheit gut leben kann – vorausgesetzt, es ist erwachsen. Für fast alle anderen Säugetierarten aber ist diese Variante des Herpes-Virus hochgefährlich.

Bei Rindern, Hunden und Katzen führt eine Infektion zu schweren Entzündungen des Gehirns und des Rückenmarks die nach wenigen Tagen den Tod bringen. Nur Primaten – also auch der Mensch - und Einhufer wie Pferde und Esel – sind gänzlich gegen das Virus gefeit.

Im Main-Tauber-Kreis breitet sich die Aujeszkysche Krankheit unter Wildschweinen aus. Für Menschen ungefährlich, ist sie für Hunde, Katzen und Hausschweine tödlich. (Symbolbild)
Im Main-Tauber-Kreis breitet sich die Aujeszkysche Krankheit unter Wildschweinen aus. Für Menschen ungefährlich, ist sie für Hunde, Katzen und Hausschweine tödlich.

Aujeszkysche Krankheit kann für Hunde und Katzen gefährlich werden

Trotzdem – sagt Birgitta Polley, die sich am Chemischen und Veterinärmedizinischen Untersuchungsamt in Stuttgart um den Nachweis der Erkrankung anhand von Antikörpern kümmert, gilt es, Vorsichtsmaßnahmen zu beachten:

Man sollte Hunde nicht ohne Leine im Wald laufen lassen und sie nicht an toten Wildschweinen schnuppern oder nagen lassen. Wildschweinkot ist nach unseren Erkenntnissen ungefährlich.

Wenn der Hund mal an einem Wildschwein-Haufen schnuppere, sei das kein Problem. Das Verfüttern von rohem Wildschweinfleisch könne für den Hund allerdings tödlich werden.

Als besonders gefährdet durch die Pseudowut gelten Jagdhunde. Kommen sie mit infizierten Wildschweinen in Berührung, oder wird rohes Fleisch der infizierten Tiere an sie verfüttert, stellen sich nach ein bis fünf Tagen Inkubationszeit Mattigkeit, Atemnot, verstärkte Speichelproduktion und Erbrechen ein. Besonders auffällig ist der intensive Juckreiz, der bei den erkrankten Tieren bis zur Selbstverstümmelung führt.

Jagdhunde gelten als besonders gefährdet für die Aujeszkysche Krankheit.
Jagdhunde gelten als besonders gefährdet für die Aujeszkysche Krankheit.

Bislang keine Therapie gegen Aujeszkysche Krankheit

Nach wenigen Tagen verlieren die infizierten Hunde das Bewusstsein und sterben. Eine Therapie gegen die Aujeszkysche Krankheit gibt es nicht. Vor sieben Jahren starb zuletzt ein Jagdhund im Main-Tauber-Kreis an der Krankheit. Und wie stellt sich die Lage im Main-Tauber-Kreis aktuell dar?

Beobachtet werde diese Wildschweinerkrankung bereits seit 2014, so Polley. 2014 sei ein Jagdhund an der Krankheit verstorben. Damals hatte das Tauber-Bischofsheimer Veterinäramt das Veterinärmedizinische Untersuchungsamt in Stuttgart gebeten, verstärkt nach der Erkrankung zu suchen. Tatsächlich wurde man fündig. Die Veterinärmediziner fanden bei geschossenen Wildschweinen, die augenscheinlich gesund waren, entsprechende Antikörper. In diesem Jahr waren es drei positive Wildschweine, davor mal 15. Das differiere so zwischen fünf und zwanzig Tieren pro Jahr, erläutert Polley.

Wiederholt wurde bei Wildschweinen die Aujeszkysche Krankheit nachgewiesen. Das Virus zählt zu den Herpesviren und ist für uns Menschen ungefährlich.
Wiederholt wurde bei Wildschweinen die Aujeszkysche Krankheit nachgewiesen. Das Virus zählt zu den Herpesviren und ist für uns Menschen ungefährlich.

Herpesviren könnnen auch bei Menschen Jahrzehnte im Körper "schlummern"

Besonders tückisch und typisch für die Herpesviren ist die Tatsache, dass Infizierte das Virus lebenslänglich mit sich tragen. Vor allem bei Erwachsenen treten häufig gar keine Symptome auf. Potentiell ansteckend sind die Virusträger aber dennoch. Nach einer akuten Phase "schlummert das Virus". Bei Stress wird es wieder infektiös.

Früher auch Zuchtschweine von der Aujeszkyschen Krankheit betroffen

In den 1980er Jahren war die Aujeszkysche Krankheit in deutschen Schweinezuchtbetrieben ein gravierendes Problem – verbunden mit hohen Verlusten. Trächtige Sauen verloren ihre Ferkel, junge Saugferkel zeigten Fieber, Lähmungserscheinungen und eine hohe Sterblichkeit und die Erträge in den Mastbetrieben blieben unter den Erwartungen.

Zu Beginn der 90er Jahre wurde dann ein völlig neues und damals einzigartiges Impfprogramm zur Bekämpfung der Seuche gestartet. Mit Erfolg: Seit 2002 ist die Krankheit in deutschen Hausschweinbeständen nicht mehr aufgetreten. Und wie sorgt man dafür, dass das auch so bleibt?

Auch Zuchtschweine sollten vor der Aujeszkyschen Krankheit geschützt werden.
Auch Zuchtschweine sollten vor der Aujeszkyschen Krankheit geschützt werden.

Sicherheitsmaßnahmen sollen Übertragung der Aujeszkyschen Krankheit auf Zuchtschweine verhindern

Dafür gebe es, so Polley, Sicherheitsmaßnahmen, die auch gesetzlich geregelt seien. Diese würden von den Mastbetrieben hervorragend eingehalten. Dazu gehöre zum Beispiel bei Freilandhaltungen eine doppelte Umzäunung. Wenn Wildschweine aus dem Wald herauskommen, kommen diese so überhaupt nicht erst an die Zuchtschweine heran.

Polley rät jagenden Schweinehaltern, sie müssten sehr genau aufpassen, die Kleidung zu wechseln, dass sie nicht mit den gleichen Gummistiefeln in den Stall gehen. Aber das sei den Schweinehaltern auch bekannt.

In den Wildschweinbeständen kann die Aujeszkysche Krankheit nicht bekämpft werden. So wird uns die Tollkrätze auch in Zukunft in zumeist sicherer Distanz begleiten. Umso wichtiger ist es, die Zahl der Wildschweine im Wald durch Bejagung im Rahmen zu halten und Zuchtbetriebe durch strenges Einhalten der Vorsichtsmaßnahmen zu schützen.

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