Leichen werden, wenn sie regulär bestattet werden, eigentlich immer gewaschen. Zum einen aus hygienischen Gründen, aber auch aus Gründen der Pietät, da man den Verstorbenen nicht schmutzig in den Sarg legen will.
Auch wenn man nicht gerne darüber spricht, so wissen wir doch alle, dass der Sterbeprozess häufig mit Inkontinenz verbunden ist etc. Die Waschung geschieht also auch aus Ehrfurcht vor der Würde des Verstorbenen. Das gilt, denke ich, für alle Kulturkreise.
Bei den Muslimen und im Judentum handelt es sich aber sogar um eine religiöse, eine kultische Waschung, weil auch der tote Mensch eine kultische Unreinheit besitzt. Und die wird durch den rituellen Waschungsvorgang beseitigt.
Der Mensch wird also von seinen Sünden ...?
Nein. Hier geht es nicht um die weltlichen Sünden, sondern in vielen Kulturen herrscht die Vorstellung: Alles was tot ist oder mit dem Tod verbunden ist, ist unrein – und zwar in einem kultischen Sinn. Gemeint ist also eine kultische Unreinheit. Das hat aber nichts mit Sünde zu tun. Aber deswegen waschen sich zum Beispiel Juden, wenn sie einen Friedhof wieder verlassen, die Hände – weil man sich dort eben kultisch verunreinigt. So wie man beispielsweise auch sagt, dass Frauen, die ihre Tage haben, kultisch unrein seien. So gilt das auch für die Verstorbenen, und die werden durch diese Waschung von ihrer kultischen Unreinheit befreit.
Das ist sehr kompliziert, gehört aber zu dieser kultischen Dimension. Diese kultische Vorstellung haben wir im Christentum allerdings aufgegeben.
Hier bei uns gibt es also keine Vorschrift, dass eine Waschung vorgenommen werden muss?
Nein, aber jeder Bestatter wird das tun. Das ist zwar ungeschrieben, gehört sich aber einfach so.