Musikmarkt: Album-Tipp

Les Nuits de Paris – unbekannte Walzer, Quadrillen, Galopps und Polkas aus Frankreich

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AUTOR/IN
Eleonore Büning

Der Aschermittwoch ist lange vorbei, aber auch außerhalb der fünften Jahreszeit darf weiterhin das Tanzbein geschwungen werden, zumindest in Paris: „Les Nuits de Paris“ – Pariser Nächte – so heißt das neue Album, das François-Xavier Roth mit seinem Originalklang-Ensemble „Les Siècles“ vorgelegt hat.17 größtenteils unbekannte Konzerte -Walzer, Quadrillen, Galopps und Polkas präsentiert diese CD.

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Musik für den Schlittschuhlauf

Das waren noch Zeiten, als man auf dem Eis im Stadtpark Walzer tanzen konnte! Heuer frieren die Teiche gar  nicht mehr richtig zu, weder in Paris noch in Wien.           

Émile Waldteufel schrieb den „Valse des Patineurs“ – „Der Schlittschuhläufer-Walzer“ im Winter 1882. Inspiriert hatten ihn dazu die Eisläufer auf dem zugefrorenen See im Pariser Park Bois de Boulogne. Der romantische Hornruf zu Beginn, die elegant-fließend verlängerten Melodiebögen, die Schlittenglöckchen – all das zeichnet in Tönen nach, was Renoir seinerzeit in Öl gemalt hatte: öffentliches Vergnügen der Bourgeoisie im Paris des zweiten Kaiserreichs.

Epoche voller Tanzwut

Der Bois de Boulogne war den Parisern geschenkt worden von Napoleon III, dem letzten Monarchen Frankreichs. Seine Frau, Kaiserin Éugenie, engagierte Émile Waldteufel als ihren persönlichen Balldirektor. Er schrieb hunderte von Tanzmusiken für ihre eleganten Festivitäten in Biarritz und in den Tuillerien. Für die Tanzwut in dieser Epoche kursierte eigens ein neues Wort: „La dansomanie“.

So gut wie nichts davon ist übrig geblieben. Nur ein einziges Werk Waldteufels taucht heute noch ab und zu in den Wunschkonzerten auf und machte ihn unsterblich – eben dieser „Schlittschuhläufer-Walzer“. Der Rest ist vergessen. Das war kein Einzelfall. Auch viele andere berühmte Unterhaltungsmusiker, die diese „dansomanie“ befeuerten, kennt man heute nicht mal mehr dem Namen nach, zum Beispiel Isaac Straus, Victorin Joncières oder Philippe Musard.

17 Stücke von 15 Komponisten

Francois-Xavier Roth hat mit seinem Ensemble Les Siècles ein ganzes Album verschollener französischer Tanzmusiken eingespielt, ausgegraben aus den Archiven vom Palazzetto Bru Zane: Siebzehn Stücke von fünfzehn teils unbekannten Komponisten, darunter einige Ersteinspielungen. Auch eine Komponistin wurde aufgespürt: Rosalie Crabos, sie komponierte unter einem Pseudonym, als Jeanne Danglas und hinterließ Klavierstücke, Lieder und Konzertwalzer, unter anderem: „L’Amour s’eveille“, „Die Liebe erwacht“.

Überraschend die stilistische Bandbreite dieses Albums, sie reicht von solchen sentimentalen Walzern über Galopps und Quadrillen, wie sie in Varietes und Revuen gespielt wurden, bis hin zur Balletteinlage der Grande Opera. Und die Farbigkeit der Originalklang-Instrumente von Les Siècles pimpt selbst banale Humtata-Da-Capos mit Brillianz, Anmut und Esprit auf. Berlioz lässt grüßen, man hört sofort, worin sich die französische Tanzmusik in ihrem goldenen Zeitalter von der geigenseligen Wiener Walzermode unterscheidet: Es sind die Blech- und die Holzbläser, das Tschingderassa und der Beckenschlag, Trompete und Piccoloflöte.

Empfehlenswerte Einspielung

Dieser unbändig neugierige Francois-Xavier Roth ist doch immer wieder für eine Überraschung gut. Wo er aufspielt mit einem seiner beiden Orchestern, da ist Bewegung und Leben drin, da sprühen die Funken! Eine Kurpackung voll guter Laune, die jeder gut gebrauchen kann.

Album-Tipp Eine neue Referenzaufnahme: Mahlers vierte Symphonie unter François-Xavier Roth

Unter der Leitung von François-Xavier Roth ist kürzlich eine Aufnahme von Mahlers vierter Wunderhorn-Symphonie mit dem französischen Symphonieorchester "Les Siècles" erschienen. Darüber schwebt die Stimme von Sabine Devieilhe, ganz im Sinne Mahlers: "Kindlich-fröhlich" und "ganz ohne Parodie", wie die Musikjournalistin Eleonore Büning findet.

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