„Zwei Minuten“: Die Kolumne zum Wochenende

Meinung: Zeichensprache - Kommunikation am Limit

Stand

Von Autor/in Jan Seidel

Mit geheimen Zeichen kann viel schiefgehen: Da will man sich zur Revolution verabreden und bekommt stattdessen drei Prosecco. Jan Seidel über die Untiefen der Zeichensprache.

Bisher konnte man dem Thema meistens einigermaßen elegant aus dem Weg gehen, aber ich fürchte: Jetzt sollten wir doch mal drüber reden. Nicht, dass es Sie irgendwann trifft und Sie gar nicht wissen, warum.

Die Kolumne von Jan Seidel können Sie sich hier anhören:

Also: Ein türkischer Fußballspieler hat bei der Europameisterschaft Ärger bekommen, weil er auf dem Spielfeld Mittel- und Ringfinger mit dem Daumen gespitzt – und oben drüber Zeige- und kleinen Finger abgespreizt hat. Schüler und Lehrer kennen die Geste als Schweigefuchs – Klappe halten, Ohren spitzen – unter türkischen Nationalisten bedeutet sie aber, dass man alle möglichen Leute hasst und allgemein nicht tolerant drauf ist, um es mal sehr vorsichtig zu sagen.

Jan Seidel steht im Gang eines SWR-Gebäudes.
Die Kolumne zum Wochenende von Jan Seidel

Das Problem: Viele Randgruppen haben Erkennungszeichen, die normalen Alltagsgesten zum Verwechseln ähnlich sind. Wahrscheinlich, weil sie das für einfach gestrickte Leute geheimnisvoller macht. Während Sie also mit dem Schweigefuchs in der Kita respektvolle Ruhe herstellen, kann Ihnen die Geste im Urlaub eine Menge neuer Freunde einbringen, die Sie niemals haben wollten.

Der frühere US-Präsident George W. Bush stand wegen sowas mal kurz unter Satanismus-Verdacht. Bush hatte bei einer Veranstaltung die Faust nach oben gestreckt und Zeige- und kleinen Finger abgespreizt. Für manche ein Zeichen der Teufels-Anbeter, an Bushs früherer Uni aber der Gruß der Sportler, der Texas Longhorns. Heavy-Metal-Freunde nutzen die Geste auch, die sogenannte Pommesgabel – und so geht’s nahtlos weiter:

Eine stinknormale Bestellung von drei Maß im bayerischen Biergarten mit Zeige-, Mittel- und Ringfinger ist in der Kneipe in Myanmar der Aufruf zur Revolution, vier Bier tut angeblich dasselbe in Ägypten und ist in Österreich strafbar – und fünf Finger könnten auch Protest gegen Polizeigewalt sein.

Ich hör schon auf, bevor ich Sie zu sehr langweile – ich wollte nur, dass Sie nicht versehentlich irgendwo Ärger bekommen.

Im Zweifel: Immer zwei Bier bestellen, mit Zeige- und Mittelfinger. Damit macht man nie was falsch. Und sitzt auch selten auf dem Trockenen.

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