Erst am vergangenen Wochenende nahm die Polizei rund um Idar-Oberstein 14 Verkehrsunfälle auf. Die Mehrzahl: Wildunfälle. Zwischen Oktober und Dezember kracht es besonders auf Landstraßen häufig zwischen Blech und Tier.
Die dunkle Jahreszeit beginnt und damit steige die Gefahr von Wildunfällen erheblich an, heißt es in einer aktuellen Mitteilung des Deutschen Jagdverbandes - für Mensch und Tier gleichermaßen.
Wildtiere sind im Herbst auf Wanderschaft
Im Herbst sind Wildtiere zur Nahrungs- oder Partnersuche unterwegs. Dabei wechseln sie ihre Lebensräume und kreuzen regelmäßig Verkehrswege - ohne Vorwarnung. "Wildtiere kennen keine Verkehrsregeln, die kennen auch keine Zeitumstellung", so Torsten Reinwald vom Deutschen Jagdverband.
Die meisten Wildunfälle geschehen in der Dämmerung, in den frühen Morgen- bzw. späten Abendstunden. Oft passieren solche Unfälle laut Jagdverband zwischen 6 und 9 Uhr morgens, wenn der Berufsverkehr in die Dämmerung fällt. Schwarz- und Damwild seien gerade besonders häufig betroffen.
Gefährlich ist auch die Zeitumstellung
Gefährlich wird es den Angaben zufolge auch nach der Umstellung auf die Winterzeit, die in diesem Jahr am 29. Oktober erfolgen wird. Dann sind viele Autofahrerinnen und Autofahrer nicht mehr in der Dunkelheit, sondern in der Dämmerung unterwegs. Das ist aber auch genau die Zeit, in der das Wild aktiv ist. Die Rush Hour der Berufspendler fällt sozusagen auf die Rush Hour bei den Tieren.
Mehr als 24.200 Wildunfälle in Rheinland-Pfalz
Im vergangenen Jahr hat der Landesbetrieb Mobilität (LBM) mehr als 24.200 Wildunfälle auf rheinland-pfälzischen Straßen gezählt, etwas weniger als 2021.
Bundesweit krachte es im Schnitt etwa alle zweieinhalb Minuten, so der Jagdverband. Insgesamt gebe es rund 250.000 Wildunfälle im Jahr, dabei sind nur Unfälle mit großen Tieren mitgezählt. Rehe führen die Statistik an. Die Dunkelziffer liegt vermutlich höher. Außerdem kommen auch viele kleinere Tiere unter die Räder: Hasen, Kaninchen, Füchse oder Dachse. Die meisten Wildunfälle werden auf Landesstraßen gemeldet.
"Als ob sich ein Nashorn auf die Motorhaube setzt"
Für die Tiere enden diese Zusammenstöße meist tödlich, aber auch für Autofahrer ist ein solcher Wildunfall gefährlich. Das Statistische Bundesamt hat für 2022 rund 2.300 Wildunfälle mit Personenschaden gezählt.
Warum auch Menschen zu Schaden kommen können, erklärt Torsten Reinwald mit einem anschaulichen Beispiel: "Wenn ein hundert Kilo schweres Wildschwein mit dem Auto kollidiert bei Tempo 60, dann ist das etwa so, als würde sich ein dreieinhalb Tonnen schweres Nashorn sehr unsanft auf die Motorhaube setzen."
Das sollten Sie wissen So vermeiden Sie Wildunfälle
Bei Nebel, vermehrter Dunkelheit und nassen Straßen steigt das Risiko von Wildunfällen erheblich. Da ist Aufmerksamkeit gefragt!
Wildunfälle vermeiden: Wachsam und langsam fahren
Um Wildunfälle zu verhindern, hilft am Ende nur die Vorsicht: Bei Nacht oder Dämmerung im Wald und an unübersichtlichen Fahrbahnrändern wachsam bleiben und langsam fahren, um im Ernstfall schnell bremsen zu können. Vorsicht ist auch auf neugebauten Straßen geboten, denn das Wild nutzt laut Jagdverband vertraute Pfade.
Wenn man ein Tier auf der Straße oder am Wegrand sieht: Bremsen, Hupen und das Fernlicht ausschalten. Den Tieren wird durch das helle Licht die Orientierung genommen: Sie bleiben dann oft auf der Fahrbahn stehen. Mit etwas Glück verzieht sich das Tier wieder. Außerdem wichtig zu beachten: Ein Tier kommt selten allein, meist folgen noch andere Tiere.
Was man keinesfalls tun sollte: Ausweichen. Im Notfall lieber scharf bremsen, das Steuer festhalten und einen kontrollierten Aufprall riskieren. Das ist im Zweifel ungefährlicher, als bei einem Ausweichmanöver im Gegenverkehr oder an einem Baum zu landen.
Nicht nur in der Dämmerung Forstamt Soonwald warnt: Gefahr für Wildunfälle steigt
Wer zurzeit im Kreis Bad Kreuznach mit dem Auto unterwegs ist, sollte extrem wachsam sein. Denn jederzeit könnte ein Tier auf die Straße laufen.
Warnreflektoren verhindern keine Wildunfälle
Warnreflektoren sind laut Verkehrs- und Landwirtschaftsministerium übrigens kein geeignetes Mittel, um Wildunfälle zu verhindern. In Rheinland-Pfalz seien bereits in der Vergangenheit blaue Wildwarnreflektoren an mehreren Straßenabschnitten getestet worden, so Ministerin Daniela Schmitt (FDP) auf eine parlamentarische Anfrage der AfD-Fraktion in Mainz. Im Ergebnis habe sich dadurch keine Reduzierungen der Wildunfälle feststellen lassen. Das hätten auch Untersuchungen anderer Behörden ergeben.
Wenn es doch gekracht hat - Polizei und Jäger informieren
Wenn es doch passiert ist, muss man - neben der normalen Absicherung des Unfallorts - noch einiges beachten. Zunächst sollte man die Polizei informieren. Wenn ein Tier verletzt geflüchtet ist, können die Beamten den zuständigen Jäger kontaktieren. Das ist zum einen wichtig, damit der Wildunfall für die Versicherung bestätigt wird - aber auch im Sinne des Tierschutzes. Jäger können verletzte Tiere aufspüren, damit sie nicht lange leiden müssen. Verletzte Tiere sollte man nicht anfassen und Abstand halten, damit sie sich nicht bedroht fühlen.
Was passiert eigentlich mit toten Wildtieren?
Wenn Tiere außerorts auf Bundes-, Landes- oder Kreisstraßen getötet werden, ist der Landesbetrieb Mobilität für deren Beseitigung zuständig, das ist in etwa 70 Prozent der Fälle so. Innerhalb von Ortschaften liegt die Zuständigkeit bei der Kommune. Nach Angaben des LBM müssen pro Jahr etwa 5.600 tote Tiere auf rheinland-pfälzischen Straßen entfernt werden.
Auch ohne Wildunfall - tote Tiere melden
Wenn man keinen Wildunfall hatte, aber ein totes Tier auf oder an der Straße gefunden hat, sollte man das auch melden. Das geht per App sehr einfach - über das so genannte Tierfund-Kataster. Das Projekt haben 2011 der Landesjagdverband Schleswig-Holstein und die Universität Kiel ins Leben gerufen. 2016 hat der Deutsche Jagdverband es auf ganz Deutschland ausgeweitet. In Kiel werden die Daten gesammelt. Das Kataster ermöglicht eine bundesweit einheitliche und standortgenaue Erfassung von Wildunfällen. Die Daten sollen helfen, Wildunfallschwerpunkte zu ermitteln und diese langfristig zu entschärfen.
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