Energiekrise in Rheinland-Pfalz

Gasspeicher – wie sicher bringen sie uns durch den Winter?

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AUTOR/IN
Sibille Lozano
Bild von Sibille Lozano, Redakteurin bei SWR Aktuell in Rheinland-Pfalz (Foto: SWR)

Die Gasspeicher in Deutschland sind fast zu 100 Prozent gefüllt, auch der Speicher in Rheinland-Pfalz ist fast voll. Aber wie weit kommen wir damit?

1. Wie viel Gas ist bereits eingespeichert?
2. Wie lange reicht die gespeicherte Gasmenge aus?
3. Wie wichtig sind Gasspeicher für unsere Energieversorgung?
4. Wie funktionieren Gasspeicher überhaupt?
5. Wie gefährlich ist der Betrieb von Gasspeicheranlagen?

Damit wir in Rheinland-Pfalz gut durch den Winter kommen, sind wir auf volle Gasspeicher angewiesen. Die Bundesregierung hat als Ziel einen Füllstand von 95 Prozent zum 1. November ausgegeben.

1. Wie viel Gas ist bereits eingespeichert?

"Die Lage ist angespannt und eine weitere Verschlechterung der Situation kann nicht ausgeschlossen werden." – so formuliert die Bundesnetzagentur die Situation in ihrem aktuellen Lagebericht. Dort steht aber auch, dass die Gasversorgung in Deutschland zurzeit stabil ist, denn der Gesamtspeicherstand liegt durchschnittlich bei 97,82 Prozent (Stand: 28. Oktober).

Der Betreiber des größten rheinland-pfälzischen Erdgasspeichers in Frankenthal meldet, dass er bis Ende Oktober eine Füllmenge von 100 Prozent erreichen wird. Ab Dezember soll der Gasspeicher dann nach und nach geleert werden - planmäßig bis Ende März, bis nur noch eine Restmenge vorhanden ist.  

Hintergrund ist das sogenannte Gasspeichergesetz, das trotz des Lieferstopps aus Russland die Gasversorgung in Deutschland gewährleisten soll. Um sicherzustellen, dass den ganzen Winter über genügend Erdgas vorhanden ist, sollen die Speicher beispielsweise am 1. Februar 2023 immer noch zu 40 Prozent gefüllt sein.

2. Wie lange reicht die gespeicherte Gasmenge aus?

Die Bundesnetzagentur geht davon aus, dass das eingespeicherte Gas für etwa zwei kalte Wintermonate reicht. Der komplette Gasverbrauch in Deutschland könnte dann aus den jetzt angelegten Vorräten gespeist werden. Voraussetzung ist allerdings, dass die Menschen ähnlich viel verbrauchen wie in den Jahren zuvor.

Der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, betont: "Die gut gefüllten Speicher werden uns im Winter helfen." Allerdings sagt er auch, dass die Bevölkerung, Behörden und Unternehmen weiter Gas sparen müssen, denn die Monate Februar und März könnten noch mal sehr kalt werden.

Trotzdem plant die rheinland-pfälzische Landesregierung aktuell nicht, neue Gasspeicher zu bauen. Laut Umweltministerium ist ein kurzfristiger Ausbau der Kapazitäten gar nicht möglich. Das Wirtschaftsministerium hält es "grundsätzlich" für denkbar, dass offen gelassene, entölte Erdöllagerstätten im Land als Speicher genutzt werden. Es müsste aber zunächst geklärt werden, ob sie sich umrüsten ließen.

3. Wie wichtig sind Gasspeicher für unsere Energieversorgung?

Mit dem Gasspeichergesetz vom Juli kommt den Speicheranlagen in Deutschland eine entscheidende Rolle zu, um die Energieversorgung in den kalten Monaten zu gewährleisten. Um die benötigten Erdgasmengen zu beschaffen, stellt die Bundesregierung nach eigenen Angaben 15 Milliarden Euro zur Verfügung.

Gasspeicher hatten aber auch vor der aktuellen Krise eine wichtige Rolle auf dem Energiemarkt: Sie haben in den vergangenen Jahrzehnten bereits als Puffer gedient, um Schwankungen beim Gasverbrauch in Deutschland auszugleichen und so die Versorgungssicherheit während der Heizperiode zu garantieren.

Die deutschen Gasspeicher liegen ober- und unterirdisch. Oberirdische Anlagen wie Kugelgasspeicher oder Gasometer spielen nach Angaben des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches (DVGWD) allerdings keine relevante Rolle, denn hier können nur kleinere Mengen Gas eingelagert werden. Sie sind für den Energiemarkt als zusätzliche Einspeisemöglichkeit interessant, wenn der Bedarf punktuell in die Höhe schnellt.

Tatsächlich sind viele oberirdische Anlagen nicht mehr im Betrieb, weil es sich wirtschaftlich nicht lohnt. In Rheinland-Pfalz gibt es aber vereinzelt Gaskugeln, die noch genutzt werden - beispielsweise zwei in Kaiserslautern. Sie werden von den Stadtwerken (SWK) betrieben.

Zwei grüne Kugelgasspeicher (Foto: SWR)
Die Kugelgasspeicher in Kaiserslautern heißen "Max" und "Moritz" und stammen aus den Jahren 1959 und 1967.

Entscheidend für unsere Gasversorgung sind die Untertagespeicher, die bis zu 2.000 Meter tief in die Erde reichen. Davon gibt es in Deutschland etwa 45 Anlagen. Sie werden in zwei Typen unterteilt: in Kavernen- und Porenspeicher. Kavernenspeicher nutzen künstliche Hohlräume in Salzstöcken. Sie kommen vor allen in Norddeutschland vor.

Bei Porenspeichern handelt es sich um durchlässige Gesteinsformationen mit natürlichen Hohlräumen. Im südpfälzischen Frankenthal gibt es einen solche Anlage: Dabei wird Ergdas mehrere hundert Meter tief unter der Erde gespeichert.

4. Wie funktionieren Gasspeicher überhaupt?

Die Funktionsweise eines Untertagespeichers wie in Frankenthal lässt sich vereinfacht so beschreiben: Das Gas gelangt über Fernleitungen zur Speicherstation. Dabei hat es einen weiten Weg hinter sich: Das Gas, das in der Pfalz gelagert wird, kommt nach Angaben des Betreibers Enovos Storage überwiegend aus Norwegen. In geringem Umfang lieferten aktuell auch die Niederlanden Erdgas nach Rheinland-Pfalz.

Es wird in der Anlage gereinigt, um beispielsweise Staub zu entfernen, der sich beim Transport durch die Leitungen angesammelt hat. Dann wird das Gas hinsichtlich Qualität und Menge gemessen und unter hohem Druck in den unterirdischen Sandstein gepresst. Zwölf Gasleitungen befördern es bis zu 1.000 Meter tief unter die Erde.

Grafik zur Funktionsweise eines unterirdischen Gasspeichers (Foto: SWR)
In Rheinland-Pfalz gibt es nur in Frankenthal einen Untertagespeicher.

Wird das Erdgas wieder benötigt, wird es "ausgespeichert", d.h. es wird entnommen, getrocknet, gereinigt und zurück in das Fernleitungsnetz geleitet. Ähnliche Gasspeicher wie in Frankenthal gibt es bei Sandhausen und nördlich von Mannheim.

Der Vorteil der Gasspeicherung unter Tage ist, dass sie ein großes Speichervolumen bietet. Der Gasspeicher in Frankenthal gehört allerdings zu den kleineren in Deutschland: Er fasst 88 Millionen Kubikmeter, ist 2,5 Kilometer lang und 500 Meter breit. Mit der Menge Gas, die hier gelagert wird, können laut Betreiber 50.000 Haushalte ein Jahr lang versorgt werden.

5. Wie gefährlich ist der Betrieb von Gasspeicheranlagen?

Das Unternehmen Enovos Storage, das den einzigen unterirdischen Gasspeicher in Rheinland-Pfalz betreibt, erklärt, dass es ausreichend Sicherheitssysteme gibt, die beispielsweise im Falle einer Sabotage oder eines Angriffs greifen würden. Die Anlage in Frankenthal wurde in den 1970er Jahren gebaut, die Sicherheitsvorkehrungen seien seitdem regelmäßig angepasst worden. Einzelheiten will der Betreiber allerdings nicht nennen.

Bei vergleichbaren Speicheranlagen gibt es unter anderem mehrere Sicherheitsventile in den Rohrleitungssystemen. Sie sollen verhindern, dass das Erdgas ausströmt, sollte es zu Beschädigungen an der Anlage kommen. Außerdem werden die Gasspeicher in der Regel mit Kameras überwacht und es gibt Alarmsysteme, die mit der Leitstelle der Polizei verbunden sind.

Darüber hinaus gibt es zahlreiche weitere Sicherheitsmaßnahmen, denn Gasspeicher sind Teil der kritischen Infrastruktur. Das rheinland-pfälzische Innenministerium betont, dass deswegen neue Entwicklungen im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine permanent durch die Sicherheitsbehörden analysiert werden.

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