Eigentlich hat Dirk Biehl den Langebach und den Auelbach in der Verbandsgemeinde Bitburger Land gepachtet, um dort zum Spaß zu angeln. So, wie sein Schwiegervater das schon seit 50 Jahren macht. Aber wenn Biehl sich jetzt die beiden Bäche anschaut, vergeht ihm die Lust auf Bachforelle.
"Das sieht genau so aus wie das Wasser in der Kläranlage, die direkt daneben ist", sagt Biehl. Statt klarem Wasser häufe sich Schlamm am Rand. Der Boden des Baches sehe so schlammig wie das Wattenmeer bei Ebbe aus. Bläschen kämen hoch. Die Steine am Grund seien nicht mehr zu sehen.
Fischereipächter macht Kläranlage verantwortlich
Die Kläranlage in Dudeldorf, neben der der Langebach entlang läuft, wurde vor rund 40 Jahren gebaut. Biehls Vermutung: Seitdem seien die angeschlossenen Gemeinden gewachsen. Die Kläranlage sei aber nicht mitgewachsen.
Die Anlage könne das anfallende Abwasser also nicht mehr verarbeiten. Biehl vermutet, dass stattdessen neben dem geklärten Wasser, was erlaubt ist, auch regelmäßig ungeklärtes Wasser in den Langebach läuft. Und in der Folge dann auch in den Auelbach, in den der Langebach mündet.
Dass die Anlage mal nach einem Starkregen überschwappt, sei normal. Das ungeklärte Wasser verdünne sich dann auch ganz schnell im Bach: "Aber jetzt sind es so viel ungeklärtes Wasser und Fäkalien, dass der Sauerstoffgehalt – das ist meine Vermutung – so extrem reduziert ist, dass kein normaler Fisch mehr überleben kann."
Fischsterben in den beiden Bächen?
Denn noch schlimmer sei die Beobachtung, die Biehls Schwiegervater Anfang November bei einem Spaziergang gemacht habe: Dabei habe er 20 bis 30 tote Forellen rechts und links des Baches gefunden.
Beweise für dieses von seinem Schwiegervater beobachtete Fischsterben hat Biehl nicht: "Kurz danach war ein kleineres Hochwasser und der Fischreiher wird sich auch bedient haben. So konnten wir leider nichts mehr sicherstellen. Sonst hätten wir die Fische mitgenommen, eingefroren und untersuchen lassen."
Forellen und andere Fische bewegen sich bei kalten Temperaturen möglichst wenig und halten sich am Grund auf. Es scheint also nicht verwunderlich zu sein, dass man aktuell keine Bewegungen im Langebach und im Auelbach sieht. Andererseits sind die Gewässer teils nur einen halben Meter tief, sodass man Fische am Grund sehen müsste. Auch Biehls Fotos davon, wie es vorher an den Bächen aussah, lassen nur erahnen, dass die jetzige Verschlammung ungewöhnlich ist.
Kläranlage soll erweitert werden
Erst später, als sie sich sicher waren, dass die toten Fische nichts mit Niedrigwasser oder Trockenheit zu tun hatten, hätten er und sein Schwiegervater die Beobachtung an die Behörden gemeldet, sagt Biehl. Darauf habe er verschieden lautende Rückmeldungen erhalten.
Zuständig sind die Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord als Genehmigungs- und Überwachungsbehörde der Kläranlage und als Obere Wasserbehörde, die Verbandsgemeinde Bitburger Land als Betreiberin der Anlage und der Eifelkreis Bitburg-Prüm als Untere Wasserbehörde.
Nach Angaben der Verbandsgemeinde wurde die Kläranlage Dudeldorf 1983 gebaut und war damals für einen Einwohnerwert von 2.460 ausgelegt - ein Wert also, der sich aus den tatsächlichen Einwohnern, sowie den US-Streitkräften, Gemeinschaftseinrichtungen, Gastronomie und Gewerbe rund um Dudeldorf und Gondorf, die die Anlage mit Abwasser belasten, errechnet.
Mittlerweile werde die Kläranlage aber mit einem Einwohnerwert von 2.541 belastet, also mit mehr Abwasser als das, wofür sie ausgelegt ist. Dass die Anlage ihre Grenzen erreicht hat, sieht auch die Verbandsgemeinde so, sagt Christof Lichter, Leiter der Verbandsgemeindewerke und zuständig für die Wasserversorgung.
Man plane, eine Nachklärung neu zu bauen, was die SGD Nord befürworte. Bis 2023 wolle man die finalen Planungen dort einreichen und Anfang 2024 mit dem Bau beginnen.
Fischereipächter Dirk Biehl reicht das nicht. Er verlangt, dass die von ihm vermuteten Einleitungen von ungeklärtem Wasser sofort beendet werden und die Bäche gereinigt und belebt werden: "Sobald natürlich der Verursacher festgestellt ist. Wir nehmen an, es ist die Kläranlage. Im Moment können wir keinen anderen Verursacher erkennen."
Behörden können kein Fischsterben feststellen
Doch ein weiteres Problem ist: Auch die Untere Wasserbehörde des Eifelkreises konnte an den Bächen nicht feststellen, dass Fische verendet sind, sagte ein Sprecher dem SWR. Der Kreisfischereiberater bedaure die Situation.
Dirk Biehl möchte, dass mit einer sogenannten Elektrischen Befischung herausgefunden wird, wie viele Fische noch in den Bächen vorhanden sind. Diese kann er selbst bei der SGD Nord beantragen. Die Verwaltung des Eifelkreises weist allerdings darauf hin, dass man so zwar feststellen kann, ob und wie viele Fische noch in den Bächen sind - nicht aber, was die Ursache für eine mögliche geringere Zahl ist.
Deshalb sei eine solche Überprüfung durch den Kreisfischereiberater derzeit nicht geplant. Der Kreis stehe aber dazu und auch wegen Untersuchungen zu möglichen Belastungen der Bäche mit der SGD Nord und dem Landesamt für Umwelt in Kontakt.
Auch der SGD Nord ist kein Fischsterben bekannt, sagte eine Sprecherin dem SWR. Zwar habe der Fischereipächter sie Mitte November über eine ungünstige Wasserqualität am Langebach informiert und von einem gelegentlichen Fischsterben gesprochen. Er habe aber auch mitgeteilt, dass derzeit kein Fischsterben zu beobachten sei. Daraus habe sich für die SGD Nord kein akuter Handlungsbedarf ergeben, das Ganze sei aber dokumentiert worden und es werde weiter versucht, die Sache zu klären.
NABU Südeifel findet Zustand der Bäche ungewöhnlich
Auch Matthias Heck vom Naturschutzbund (NABU) Südeifel glaubt, dass die Kläranlage nicht mit den Gemeinden mitgewachsen ist und dass die Ursache für den Schlamm in den Bächen sein könnte. Er stapft selbst mit Gummistiefeln in den Auelbach und bleibt am schlammigen Rand fast stecken. Es riecht faulig, wenn er hineintritt, sagt er.
Die SGD Nord teilte dem SWR dazu mit: "Es wird kein ungeklärtes Wasser eingeleitet." Die Kläranlage habe zwar rechnerisch die Kapazitätsgrenze erreicht, zu Problemen habe das aber bisher nicht geführt.
Aus Messwerten der SGD Nord, die auch dem SWR vorliegen, gehe hervor, dass die gesetzlichen Mindestanforderungen des chemischen und biochemischen Sauerstoffbedarfs und des erlaubten Kohlenstoffes, Stickstoffes und Phosphor von März 2021 bis Juli 2022 eingehalten wurden. Seitdem wurde nicht mehr gemessen. Kläranlagen werden demnach zwei- bis dreimal pro Jahr amtlich überwacht.
BUND Kreisverband will Proben überprüfen lassen
Die SGD suche aber weiter nach den Ursachen für den Schlamm an den Rändern der beiden Bäche. Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) im Eifelkreis will nun dennoch selbst klären, ob der Langebach und der Auelbach verschmutzt wurden, sagt die Vorsitzende der Kreisgruppe, Agnes Tillmann-Steinbuß: "Die Bäche sind wunderschön naturbelassen. Aber irgendetwas ist ja gekippt, es hat massiv tote Fische gegeben."
Auch sie hat keine Beweise für das Fischsterben: "Aber ich habe überhaupt keinen Zweifel an den Aussagen des Fischereipächters." NABU und BUND haben deshalb gemeinsam Wasserproben entnommen und wollen sie von einem Labor untersuchen lassen. Das kann aber dauern.