Wenn das Geld nicht mehr reicht

Warmes Mittagessen für arme Kinder in Trier

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Autor/in
Solveig Naber

Die Zahl der Kinder, die in Armut aufwachsen, steigt auch in Trier. Seit Jahresbeginn bietet das Jugendzentrum Mergener Hof (MJC) betroffenen Familien ein kostenloses Mittagessen an. Und hört auch mal zu, wenn die Sorgen groß sind.

Kurz nach 13 Uhr: Die ersten Kinder aus den umliegenden Schulen kommen in den Speiseraum mit den großen Fenstern. Heute können die Kinder zwischen Kartoffelsuppe mit Würstchen oder Hühnerfrikassee wählen.

Der achtjährige Jonas (Name geändert) steht vor der Essenausausgabe und entscheidet sich für die Suppe. Das Essen schmeckt gut und er kommt gerne hierher, erzählt er. Sein Vater ist alleinerziehend und muss auch nachts oft arbeiten, sagt Jonas.

Das MJC in Trier bietet kostenloses Mittagessen für Kinder an, die aus armen Familien kommen.
Der achtjährige Jonas (Name geändert) gehört zu den Kindern, die mit dem Angebot des MJC unterstützt werden können.

Große Nachfrage nach Projekt "Miez-Box"

Jonas ist eines der Kinder, die mit dem neuen Angebot "Miez Box – Essen, Bildung, Freizeit" des Jugendzentrums Mergener Hof (MJC) unterstützt werden. Das Projekt läuft seit Anfang des Jahres.

Kai Wichmann ist Leiter des MJC in Trier. Das bietet seit Januar 2023 kostenloses Mittagessen für bedürftige Kinder an.
Kai Wichmann ist Leiter des Jugendzentrums Mergener Hof in Trier. Er beobachtet, dass die Zahl der bedürftigen und armen Familien in Trier in den letzten Jahren angestiegen ist.

Sechs Familien würden das Angebot derzeit nutzen, sagt Kai Wichmann. Der Leiter des Jugendzentrums möchte künftig 25 Kindern mit dem Programm helfen können. Denn ein warmes Mittagessen ist längst keine Selbstverständlichkeit mehr, sagt Wichmann. "Die Nachfrage ist da und wirklich groß", weiß der Leiter des MJC. Und die Hinweise auf zunehmende Kinder- und Jugendarmut würden sich auch in Trier häufen.

"Die Telefone mit Fragen zum Angebot laufen zum Teil heiß. Die Nachfrage ist da und wirklich groß."

Wegen Inflation und Krieg: Anstieg der Kinderarmut auch in Trier

Die Energiekrise, der Krieg in der Ukraine und die Inflation verschärfen das Problem der Armut, sagt Wichmann. Er und seine Kollegen hätten bemerkt, dass das zunehmend mehr Familien finanziell unter Druck setzt. Da seien nun auch Familien dabei, die jetzt Erfahrungen mit Armut machen, die das vorher so nicht kannten, erklärt Wichmann.


Da würden jetzt auch mehr Kinder mit fadenscheinigen Begründungen vom Mittagessen abgemeldet, weil es angeblich nicht schmecken würde. Obwohl die Kinder täglich zwei Portionen gegessen hätten, so Wichmann. Wieder andere hätten keine richtige Jacke oder Schuhe für den Winter.

"Durch die Energiekrise und die Inflation werden jetzt auch Familien Armutserfahrungen machen, die das vorher nicht kannten."

Keine Prüfung auf Bedürftigkeit

Das Angebot soll betroffenen Familien schnell und unbürokratisch helfen, betont Wichmann. Deshalb wird auf eine Bedürftigkeitsprüfung wie etwa einen Einkommensnachweis verzichtet.  

Zum Programm gehören neben dem warmen Mittagessen Unterstützung bei den Hausaufgaben und die Möglichkeit, mit Spielen und Gleichaltrigen seine Freizeit im MJC zu verbringen. Auch eine Familienberatung gibt es vor Ort.  

MJC-Projekt gegen Kinderarmut für drei Jahre geplant

Finanziert wird das Angebot mit Spenden, erklärt Wichmann. Darunter seien auch zahlreiche Stiftungen als Geldgeber. Bis Mitte des Jahres sollen bis zu 25 Kinder das Angebot nutzen können. Zudem soll weiteres Personal für die Betreuung der Kinder und Jugendlichen eingestellt werden. Auf vorerst drei Jahre sei das Angebot ausgelegt. Kai Wichmann hofft, dass es weiter finanziert werde, sollte der Bedarf steigen.

Der achtjährige Jonas ist inzwischen fertig mit Essen. Die Kartoffelsuppe sei super gewesen, sagt er. Was er sich denn als Mittagessen hier mal wünsche würde? Currywurst, sagt Jonas sofort. Dann verschwindet er, um seine Hausaufgaben zu machen.

Gesellschaft Kinderarmut in Deutschland – Ungleiche Chancen

2,8 Millionen Kinder wachsen in Armut auf. Durch Corona haben sich ihre Bildungswege verschlechtert. Immer noch bestimmt in Deutschland die soziale Herkunft die Zukunft der Kinder.

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