Wer den Namen von Edgar Reitz im Hunsrück fallen lässt, bekommt von den Menschen viele Geschichten und Erlebnisse erzählt. Einige Hunsrücker haben die Dreharbeiten zu der Heimat-Filmreihe hautnah miterlebt.
Andere kennen noch Geschichten aus Edgar Reitz' Kindheit in Morbach und wieder andere bemühen sich darum, das Erbe von Edgar Reitz zu bewahren und neu zu präsentieren.
Gehlweiler wurde zur Filmkulisse
Erste Station der Spurensuche ist Gehlweiler im Rhein-Hunsrück-Kreis. In dem 200-Einwohner-Ort hat Edgar Reitz 2012 seinen Kinofilm "Die andere Heimat" gedreht und die Bewohner des Dorfes nachhaltig mit seinen aufwendigen Filmkulissen geprägt.
Schautafeln, die überall im Dorf verteilt sind, zeigen, wie das Dorf während der Dreharbeiten ausgesehen hat. Die aus mehreren Heimat-Staffeln bekannte Schmiede der Familie Simon trägt noch immer ein Schild mit der Aufschrift "Simons Schmiede". Wer ein bisschen Glück hat, läuft Heribert Dämgen über den Weg. Er ist sozusagen ein wandelndes Edgar-Reitz-Lexikon.

Hunsrücker denken gern an "Heimat"-Dreharbeiten zurück
Dämgen ist Vorsitzender des Vereins der Schabbacher Kultur- und Heimatfreunde. Seine Augen fangen an zu leuchten, wenn er erzählt, wie es damals war, als Edgar Reitz vor seiner Haustür in Gehlweiler gedreht hat.
"Der Edgar hat für die Hunsrücker und für die Gehlweiler so viel getan - das ist mit Geld nicht zu bezahlen", schwärmt er. "Er ist ein wunderbarer Mensch. Was er macht, das macht er auch, da gibt es kein Wenn und Aber."
Dämgen erinnert sich, dass die Menschen in Gehlweiler den Filmdreh anfangs eher skeptisch gesehen haben. So etwas hätten sie hier noch nie erlebt. Doch dann sei die ganze Filmcrew auf die Menschen zugegangen. "Wir waren gleich mit allen per Du. Die waren ein Teil von uns und wenn nicht gedreht wurde, haben die Schauspieler bei uns in der Küche gewartet, bis wieder gedreht wurde."
"Wenn die Kinder aus der Schule kamen, wurden die Dreharbeiten vor dem Haus erstmal kurz angehalten, damit die Kinder ins Haus konnten."
Plaudern aus dem Nähkästchen im Café Heimat in Morbach
In Morbach, dem Geburtsort von Edgar Reitz, braucht man nicht lange nach Spuren des Filmemachers zu suchen. In seinem ehemaligen Elternhaus sind heute das Heimat-Café und das Heimat-Kino untergebracht.
Dort begegnen sich Touristen und Einheimische, die sich für Edgar Reitz' Werke interessieren. Der Betreiber des Cafés, Alfons Schramer, kennt diese Menschen und unterhält sich gerne mit ihnen über die "Heimat-Filme" bei einer Tasse Kaffee.

Der junge Edgar Reitz fuhr mit dem Fahrrad Fleisch aus
Die 85-jährige Anita Kneppel hat als Kind mit Heli, der Schwester von Edgar Reitz, gespielt. Später hat sie in die Metzgerfamilie von Morbach eingeheiratet, deren Laden auch heute noch direkt neben dem früheren Haus der Familie Reitz ist.
Die ehemalige Metzgersfrau erzählt mit einem Lachen im Gesicht, wie Edgar Reitz als Junge Fleisch der Metzgerei an Gaststätten in der Umgebung mit dem Fahrrad ausgeliefert hat. "Der Weg war zu steinig oder er hat nicht aufgepasst, auf jeden Fall ist er samt Fleisch vom Rad gefallen."
Edgar Reitz hat seine Heimat nicht vergessen
Berthold Staudt lebt seit 30 Jahren in Morbach und hat an der Morbacher Chronik mitgearbeitet. "Was den Morbachern auffällt, sind die Figuren in den Filmen von Edgar Reitz. Das sind Leute hier aus Morbach."
Er ist der Meinung, dass Edgar Reitz Morbach nach seinem Studium eher sehr reserviert begegnete. Er habe erst nach Morbach zurückgefunden, nachdem seine Geschwister gestorben seien. Berthold Staudt denkt, dass es kein Zufall ist, dass Reitz seine Biografie kürzlich schrieb, das habe mit dem Alter zu tun. Jeder von uns habe den Drang, wenn er älter wird, sich an früher zu erinnern, an die erste Heimat, sagt Staudt.
"Edgar Reitz hat seine Heimat nicht vergessen, sonst hätte er die Filme nicht gemacht."
Edgar-Reitz-Filmhaus nimmt "Heimat-Filme" mit in die Zukunft
In Simmern, wo Edgar Reitz zur Schule ging und er Ehrenbürger ist, finden jährlich die "Heimat Europa Filmfestspiele" statt, bei denen der "Edgar" für den besten Heimatfilm verliehen wird.
In Simmern sollen sich die Menschen auch in Zukunft mit Edgar Reitz und der Kunst des Filmemachens beschäftigen. Dafür setzt sich Kristina Müller-Bongard als Leiterin des neuen Edgar-Reitz-Filmhauses ein, welches am 20. November eröffnet werden soll.

Ausstellung zu Hunsrück-Auswanderern in Simmern
Die Sammlung an Requisiten aus der "Heimat-Saga" soll damit endlich einen eigenen Standort bekommen und aus dem Hunsrück-Museum ausgegliedert werden.
Im alten Ziegelmayer-Haus will Müller-Bongard die Diskussion um den Begriff "Heimat", den Reitz mit seinen Filmen stark geprägt hat, weiter leben lassen. Eine große Ausstellung ist bereits geplant, so Müller-Bongert. Edgar Reitz wird die Schirmherrschaft für eine Ausstellung im Jahr 2024 zum Thema "Auswanderung nach Brasilien" übernehmen.