Schwester Thekla sitzt in ihrem Büro im Keller des Klosters. Überall sind Wein- und Sektflaschen in den Regalen. Der Inhalt der Flaschen wurde in der Abtei Sankt Hildegard von den Nonnen selbst produziert.
Und Schwester Thekla, die seit 33 Jahren in dem Orden ist, ist quasi die Chefin des Ganzen. Seit 1998 leitet die gebürtige Bremerin das Weingut des Klosters. Anfangs hatte sie zwar überhaupt keine Beziehung zum Wein, aber das lernte sie schnell.
In der klösterlichen Gemeinschaft in Rüdesheim müsse jeder auch eine Aufgabe übernehmen, die zum Lebensunterhalt beitrage, berichtet die 59-Jährige. "Und da hat mich unsere damalige Leiterin einfach für den Weinanbau eingeteilt", erzählt Schwester Thekla.
Ausgebildete Winzerin und Nonne
Unterstützt werden sie und die anderen Nonnen von einem Winzermeister, der beim Kloster angestellt ist. "Da ich aber auch alles verstehen wollte und mich mit ihm auf Augenhöhe unterhalten wollte, habe ich eine zweijährige Ausbildung zur Winzergesellin absolviert", berichtet Schwester Thekla weiter.
1998 begab sich die damalige Leiterin des Weingutes in den Ruhestand, soweit das in einem Kloster überhaupt möglich ist. Und Schwester Thekla übernahm den Job. Sie kennt sich inzwischen nicht nur mit dem Wein aus, sondern auch mit der langen Geschichte des Anbaus im Kloster.
Hildegard von Bingen hat das Kloster gegründet
Die Wurzeln des Klosterweinguts reichen zurück bis ins 12. Jahrhundert. Bereits die Gründerin und Namensgeberin der Abtei, die heilige Hildegard von Bingen, beschäftigte sich mit dem Anbau von Wein. Und, so erzählt Schwester Thekla, Hildegard habe das Trinken von Wein auch aus medizinischen Gründen empfohlen.
Denn der Wein sollte zumindest ein paar Bakterien im Wasser abtöten. "Außerdem hat Hildegard festgestellt, dass der Konsum des Weins die Zunge lockert. Dadurch wurden die Menschen geselliger", erzählt Schwester Thekla.
Nonnen verkaufen Wein seit dem 20. Jahrhundert
Mit dem Weinverkauf starteten die Nonnen in Rüdesheim aber erst im 20. Jahrhundert durch. Davor wurden die Reben zum Eigenbedarf angebaut. "Er wurde vor allem als Messwein benutzt", erzählt Schwester Thekla.
"Vielleicht verkauften die Nonnen auch ein paar Liter aus den Fässern heraus, aber richtig kommerziell wurde es erst Ende der 1970er, Anfang der 1980er Jahre." Damals kam der sogenannte Glykol-Skandal auf. Einige Winzer mischten ihren Wein mit dem Frostschutzmittel. "Da kamen viele Weintrinker zum Kloster und sagten: Ihr panscht euren Wein ja nicht, können wir den von euch kaufen?", erinnert sich Schwester Thekla.
Kloster-Weingut: Schwerpunkt liegt beim Riesling
Inzwischen werden in der Abtei Sankt Hildegard auf einer Fläche von 7,5 Hektar Reben angebaut - und das unter modernen Bedingungen. Bis zu 50.000 Flaschen Wein, Sekt und Prosecco werden so jedes Jahr produziert. In dem Kloster wird hauptsächlich Riesling hergestellt, er macht etwa 83 Prozent der Gesamtmenge aus.
Kloster beliebtes Ausflugsziel im Rheingau
Die Weine aus der Abtei Sankt Hildegard sind vielfach prämiert. Verkauft wird alles online und ihm eigenen Klosterladen - auch ein beliebtes Ausflugsziel im Rheingau. Das Weingut sei das einzige, das gänzlich von Ordensleuten geführt werde, sagt Schwester Thekla.
Ein Gläschen darf es auch im Kloster sein
Bleibt nur noch die Frage zu klären, ob die Ordensschwestern auch ihren Wein trinken. Dazu sagt Schwester Thekla: "Unser Ordensgründer Benedikt von Nursia hatte bereits im Mittelalter schriftlich festgehalten, dass eine Hemina pro Tag getrunken werden darf. Eine Hemina ist eine Masseinheit, die ungefähr 0,25 bis 0,4 Litern entspricht." Es sei aber jetzt auch nicht so, dass sich jede Schwester abends eine Flasche Wein mit aufs Zimmer nehme.
Dieses maßvolle Trinken ist ihrer Meinung nach aber leider ein bisschen abhanden gekommen. Vielleicht denkt der eine oder andere zum Beispiel am Vatertag noch einmal darüber nach, ergänzt sie augenzwinkernd.