Die Ukrainerin Valeria Zarudniia an ihrem neuen Arbeitsplatz in Bad Kreuznach, sie war vor dem Krieg nach Deutschland geflüchtet. (Foto: SWR)

Unternehmen stellt Expertin ein

Flucht aus Ukraine: Mutter findet Job in Bad Kreuznach

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AUTOR/IN
Sibylle Jakobi

Es ist ein Glückstreffer für beide Seiten: Eine junge Ukrainerin findet in Bad Kreuznach Arbeit und ein Unternehmen findet die perfekte Mitarbeiterin.

Valeria Zarudniia ist eine lebensfrohe, sympathische und herzliche junge Frau. Die hübsche, zierliche 28-Jährige kam Anfang März nach einer schrecklichen Fahrt im völlig überfüllten und überhitzten Zug von ihrer Heimatstadt Dnipro in der zentralen Ukraine zunächst bis nach Polen. Und von dort schließlich nach Bad Kreuznach. Mit dabei, das Wichtigste für die junge Mutter, ihr Sohn.

Ihr achtjähriger Sohn soll den Krieg in der Ukraine nicht erleben. "Ihr Mann wollte, dass sie ihn in Sicherheit bringt", erzählt Valeria Zarudniia und ergänzt: "Ich weiß, dass es die richtige Entscheidung war, aber es war auch sehr hart für mich, mein Land, meine Stadt, mein Leben, meinen Mann…alles zurückzulassen." Eine Nacht hatte sie Zeit, um schnell das Nötigste zusammenzupacken. Niemand wusste, wie viele Chancen zur Flucht es noch geben wird.

Der Papa liest per Video Märchen vor

Geflüchtet sind die beiden zusammen mit Valerias Schwester und deren Kind. Mit ihnen zusammen haben sie inzwischen in Bad Kreuznach auch eine Wohnung gefunden. Ihr Sohn geht in die Schule und nimmt auch Online am Unterricht in seiner ukrainischen Heimat teil. Die drei telefonieren jeden Tag oder sehen sich bei einem Videoanruf. "Er hilft unserem Sohn auch bei den Hausaufgaben und liest ihm Märchen vor", erzählt sie uns und strahlt. Und dann verdunkelt sich ihr Blick, denn mitkommen konnte ihr Mann nicht. Er darf nicht ausreisen, arbeitet weiter in seinem Job bei einer Bank.

Vom Praktikum zur Festanstellung

Jetzt habe auch sie einen festen Job, freut sich Valeria Zarudniia. Sie waren mit vielen anderen geflüchteten Ukrainern zunächst im Caravelle-Hotel in Bad Kreuznach untergebracht. Das Betreiber-Ehepaar kümmerte sich rührend um sie. Über die sozialen Medien fragte das Paar auch nach Praktikums-Möglichkeiten für gut ausgebildete Flüchtlinge aus der Ukraine. So kam Valeria Zarudniia im Mai als Praktikantin zu dem jungen Unternehmen Immotactis. "Ein glücklicher Zufall", sagt Geschäftsführer Tom Scheuba.

“Jetzt sind wir froh, dass wir sie haben und sie hier ist“

Tatsächlich hatten sie schon seit längerem nach einer Marketing-Fachkraft gesucht und Valeria passt auch super ins Team. Seit Anfang Juni ist das nun auch verbrieft und besiegelt, Valeria Zarudniia ist festangestellt. Sie kümmert sich um einen komplett neuen Marketing-Auftritt für das Unternehmen, insbesondere in den sozialen Medien.

Valeria Zarudniia aus der Ukraine mit den Geschäftsführern des Finanzierungsberaters "Immotactics" Thomas Scheuba und Patrick Funke (Foto: SWR)
v.l.n.r.: Thomas Scheuba, Valeria Zarudniia, Patrick Funke

Valeria Zarudniia fühlt sich sichtlich wohl bei Immotactics. Die Gespräche führen sie und die Kollegen noch auf Englisch, sie wartet auf die Zusage für einen Deutschkurs. "Mein Sohn, wird mich wohl auch bald unterrichten können", lacht sie.

Sie will stark und zuversichtlich sein

Die Nachrichten, die sie aus der Ukraine hört und sieht, setzen der jungen Frau heftig zu. Sie habe Videoaufnahmen gesehen, auf denen hungernde, streunende Hunde sich über Leichen auf den Straßen hermachten. Bei solchen Schilderungen steigen Tränen in ihre Augen und ihre Stimme stockt. In Dnipro, wo ihr Mann und die Eltern leben, sei es noch sicher, aber die Umgebung werde bombardiert und auch in der Stadt gebe es ständig Bombenalarm, sagt sie. In Sjewerodonezk, der Stadt, in der ihre Schwester lebte, dagegen sei bereits alles zerstört.

"Ich möchte darüber nicht zu viel nachdenken", sagt die junge Ukrainerin. Der Krieg in ihrer Heimat bringe die schrecklichsten Gefühle hoch und mache ihr sehr viel Stress. "Ich muss mich zusammenreißen, weil ich nicht allein hier bin. Ich bin mit meinem Kind hier und ich muss für meinen Sohn da sein." Sie und ihr Mann haben deshalb beschlossen, zuversichtlich zu bleiben. "Also sind wir sowas wie eine positive Familie, die an das Beste glaubt und daran, dass wir uns bald wieder sehen."

Es tut gut, helfen zu können

Wenn die 28-Jährige erzählt, lässt das auch das Team von Immotactics nicht kalt. Es mache einem bewusst, wie dankbar wir sein können, solange in Frieden leben zu dürfen, sagt Tom Scheuba: "Da finde ich, ist es schon auch ein Stück weit soziale Verantwortung, dass man zumindest versucht, bei der Integration zu helfen und die Leute nicht allein lässt." Und Valeria sei einfach auch verdammt gut in ihrem Job, ergänzt Patrick Funke: "Von daher ist das ein doppelter Treffer."

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