Gensingen, Münster-Sarmsheim und Ockenheim wollen die ärztliche Versorgung in ihren Orten sichern. Dazu haben sie nun beschlossen, das ortsansässige Medizinische Versorgungszentrum zu übernehmen.  (Foto: picture-alliance / Reportdienste, picture alliance / dpa Themendienst | Christin Klose)

Gemeinderäte geben grünes Licht

Gensingen, Münster-Sarmsheim und Ockenheim wollen medizinische Versorgung sichern

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Sarina Fischer
Sarina Fischer ist Reporterin im SWR Studio Mainz (Foto: SWR, Daniel Brusch)

Das Medizinische Versorgungszentrum Gensingen soll verkauft werden. Um die ärztliche Versorgung in ihren Orten zu sichern, nehmen die drei Gemeinden Gensingen, Münster-Sarmsheim und Ockenheim die Dinge selbst in die Hand.

Der Ärztemangel spitzt sich auch in Rheinhessen weiter zu. Gerade auf dem Land schließen immer mehr Praxen. Viele Ärztinnen und Ärzte wollen aus Altersgründen aufhören und finden einfach keine Nachfolge. Ein Konzept, das wiederum attraktiv für den ärztlichen Nachwuchs zu sein scheint, sind sogenannte Medizinische Versorgungszentren (MVZ). Dort arbeiten Ärztinnen und Ärzte verschiedener Fachrichtungen unter einem Dach. Sie können sich die Schichten untereinander aufteilen und haben deshalb auch mehr Planungssicherheit in ihrem Privatleben als ihre selbstständigen Kolleginnen und Kollegen in Einzelpraxen.

Medizinisches Versorgungszentrum Gensingen läuft gut

Ein solches Medizinisches Versorgungszentrum gibt es auch in Gensingen (Kreis Mainz-Bingen) mit Außenfilialen in Münster-Sarmsheim und Ockenheim (beide ebenfalls Kreis Mainz-Bingen). Von der Augenheilkunde bis zur Psychotherapie wird hier viel geboten. Mehr als 30 medizinische Beschäftigte versorgen rund 6.000 Patientinnen und Patienten. Es läuft also gut. Nun droht aber ein Einschnitt: Die Inhaber des Unternehmens, das Arzt-Ehepaar Heinz, will nun ebenfalls in den Ruhestand gehen – und muss dazu das MVZ Gensingen als Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) verkaufen.

Gensingen, Münster-Sarmsheim und Ockenheim wollen die ärztliche Versorgung in ihren Orten sichern. Dazu haben sie nun beschlossen, das ortsansässige Medizinische Versorgungszentrum zu übernehmen.  (Foto: Gesundheitsforum Nahetal)
Das Medizinische Versorgungszentrum Gensingen hat seinen Hauptsitz im Gesundheitsforum Nahetal. Im MVZ arbeiten derzeit 10 Ärztinnen und Ärzte sowie 22 medizinische Fachangestellte.

MVZ soll nicht an "Heuschrecken" gehen

"Es gäbe eine ganze Reihe von Interessenten", sagt der Ortsbürgermeister von Gensingen, Armin Brendel (FWG). Aber das seien hauptsächlich Investoren, die mehr den betriebswirtschaftlichen Gewinn im Blick hätten als eine gute medizinische Versorgung der Menschen. "Da könnten also auch ein paar "Heuschrecken" dabei sein, die bestehende Strukturen einfach zerschlagen und Dinge, die nicht mehr so ganz lukrativ sind, abschaffen würden."

Das wollen die Inhaber und die Ortsgemeinden Gensingen, Münster-Sarmsheim und Ockenheim nun gemeinsam verhindern. "Die Doktoren Heinz haben schon früh mit uns das Gespräch gesucht", erzählt Armin Brendel. "Sie möchten das, was sie jahrzehntelang aufgebaut haben, natürlich erhalten." Um das zu gewährleisten, haben sich die Gemeinden zusammengetan, um das Medizinische Versorgungszentrum selbst zu übernehmen.

Gemeinderäte bereiten den Weg für Übernahme des MVZ

Die jeweiligen Gemeinderäte haben in ihren letzten Sitzungen (5. bis 7. März) formal die Voraussetzung für einen Kauf des Versorgungszentrums geschaffen. Sie haben beschlossen, gemeinsam eine kommunale Anstalt öffentlichen Rechts (AöR) zu gründen. Diese AöR kann nun in einem nächsten Schritt mit den Inhabern des MVZ Gensingen über den Kaufvertrag verhandeln und soll dann alleinige Gesellschafterin der GmbH werden.

Wir können es uns nicht leisten, die Totengräber unserer medizinischen Versorgung zu sein.

"Wir haben lange überlegt, wie wir diese Situation stemmen können", berichtet Armin Brendel. "Und natürlich haben wir uns im Vorfeld ausführlich beraten lassen – vom Gemeinde- und Städtebund, von Wirtschaftsprüfern, Rechtsanwälten, Steuerberatern." Auch die Kreisverwaltung Mainz-Bingen als Kommunalaufsicht hat grünes Licht gegeben. Ein paar Details müssten noch geklärt werden. Ziel sei es aber, noch in dieser Legislaturperiode, also vor den Kommunalwahlen am 9. Juni, einen fertigen Kaufvertrag vorliegen zu haben. "Es wird da voraussichtlich um einen Kaufpreis von rund 800.000 Euro gehen", schätzt der Ortsbürgermeister. Davon werde Gensingen als Hauptstandort des Medizinischen Versorgungszentrums die Hälfte übernehmen, Münster-Sarmsheim und Ockenheim jeweils ein Viertel. Dem endgültigen Kauf müssten die Gemeinderäte dann nochmal gesondert zustimmen.

Oberwesel/ Mainz/ Obermoschel

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Gemeinden wollen MVZ erhalten wie es ist

Auch der Ortsbürgermeister von Münster-Sarmsheim, Jürgen Dietz (FWG), steht voll und ganz hinter diesen Plänen. In seiner Ortsgemeinde gab es eigentlich mal vier niedergelassene Ärztinnen und Ärzte. "Die haben aber aus diversen Gründen alle nacheinander aufgehört", erzählt Dietz. Es gebe überhaupt nur noch eine ärztliche Versorgung in Münster-Sarmsheim, weil das ehemalige Sparkassen-Gebäude im Ort gekauft und umgebaut wurde und dann durch das Personal des MVZ Gensingen als Arztpraxis übernommen wurde. "Und die wird von den Menschen hier sehr gut angenommen." Insofern sei es wichtig, diese erfolgreiche Versorgung auch in Zukunft zu gewährleisten.

Wir wollen das bewahren, was seit Jahren gut funktioniert. Und wir wollen einen möglichen Kahlschlag durch Finanzinvestoren verhindern.

Übernahme des MVZ für Gemeinden nicht ohne Risiko

Ganz ohne Risiko ist das für die Gemeinden natürlich nicht. Sollte das Medizinische Versorgungszentrum nämlich in Zukunft rote Zahlen schreiben, müssten die Gemeinden das finanziell ausgleichen. "Das MVZ Gensingen hat aber in den letzten fünf Jahren im Durchschnitt immer ein Plus gemacht", entgegnet Ortsbürgermeister Armin Brendel. Und sollte es am Ende doch schief gehen, hätten sie immer noch die Möglichkeit, innerhalb eines Jahres die Reißleine zu ziehen und das Unternehmen weiterzuverkaufen. "Das wollen wir aber natürlich nicht."

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