Verschärfte Sicherheitsvorgaben

Neue Regeln für Feste: Deidesheimer Kerwe auf der Kippe

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Ulrike Brandt

Das Land will mit einer Gesetzesänderung Feste sicherer machen – doch vor allem kleinere Kommunen ächzen unter den neuen Vorgaben. Auch in Deidesheim steht die Kerwe auf der Kippe.

Das Feiern von Weinfesten ist gar nicht mehr so einfach - auch in der Pfalz. (Foto: dpa Bildfunk, Picture Alliance)

Vor Corona hatte die Weinkerwe in Deidesheim (Kreis Bad Dürkheim) einen festen Platz im Feierkalender der Weinstraße. Das Fest lockte davor im August an zehn Tagen etwa 250.000 Besucher an. Jetzt, wo die Corona-Regeln sehr locker sind, soll auch wieder in Deidesheim richtig gefeiert werden. Doch so wie früher kann es dieses Jahr gar nicht werden, sagen die zuständige Kerwe-Kommission und der Bürgermeister.

Die Feier-Laune wird von neuen Bestimmungen und verschärften Sicherheitsregeln des Landes gebremst. "Nach den geänderten Regeln würden wir eventuell als Großveranstaltung mit mehr als 15.000 Besuchern täglich gelten und das hätte große Auswirkungen", sagt Manfred Dörr (CDU), Stadtbürgermeister von Deidesheim.

Mehr Sicherheit – höhere Kosten für die Kerwe-Besucher

Der Deidesheimer Bürgermeister wird konkreter: Die Veranstalter müssten dann ein Sicherheitskonzept vorlegen und von der Kreisverwaltung genehmigen lassen. Vor Ort müsste die Weinkerwe sichtbar abgegrenzt werden, es müssten mehr Security-Mitarbeiter eingesetzt werden. Dadurch würde die Kerwe teurer werden – und am Ende müssten Standbetreiber und Besucher mehr zahlen.

RLP

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In den letzten zwei Jahren gab es wegen der Corona-Regeln wenig bis keine Feste in Rheinland-Pfalz. Jetzt sind Veranstaltungen zwar wieder möglich, eine neue Gesetzesänderung bremst sie aber aus.

Feiern auf privaten Höfen als Alternative?

Deshalb hatte die Kerwe-Kommission eine Idee: Aus der Deidesheimer Weinkerwe sollte dieses Jahr der "Deidesheimer Weinsommer" werden. Das Fest hätte dann nicht auf öffentlichen Plätzen stattgefunden, sondern in privaten Höfen und Weingütern. Und die Regeln wären andere gewesen. Für Bürgermeister Dörr ein guter Kompromiss: "Damit hätten wir genug Zeit, um bis zum nächsten Jahr ein tragfähiges Sicherheits- und Finanzierungskonzept für die Kerwe aufzustellen."

Weingläser und eine Hand mit einer Flasche Wein in Abendsonne, Symbolbild zu Veranstaltungstipps (Foto: dpa Bildfunk, Ingo Wagner)

Doch diesen Weg wollen in Deidesheim nicht alle mitgehen. Der Stadtrat hat die Idee des Weinsommers abgelehnt. Nun sollen sich unter anderem Standbetreiber, Kerwe-Kommission und Ordnungsamt noch einmal zusammensetzen. Das Ziel: Die Weinkerwe auch in diesem Jahr durchzuziehen. 

Deidesheim (Foto: SWR, SWR -)
Deidesheim

Ur-Deidesheimer wollen Weinkerwe unbedingt

Der Sprecher der Deidesheimer Standbetreiber, Michael Krack, sagt: "Wir als Ur-Deidesheimer wollen die Tradition der Weinkerwe erhalten." Er wirft den Veranstaltern vor, sich nicht rechtzeitig mit den neuen Sicherheitsvorgaben des Landes auseinandergesetzt zu haben. Krack fordert: "Jetzt müssen wir alles dafür tun, um eine normale Weinkerwe zu haben, trotz der neuen Auflagen."

Abgesehen von der Frage, wer sich in Deidesheim wann zu spät um etwas gekümmert hat, erschwert das überarbeitete Polizei- und Ordnungsbehördengesetz auch die Festvorbereitungen in anderen Kommunen. Der Tourismusverein Südliche Weinstraße weiß bisher allerdings von keiner Weinfest-Absage. Sicher sei aber, dass noch Absagen kommen werden.

Rhodt unter Rietburg feiert das "Blütenfest" – aber mit Eintritt

In Rhodt unter Rietburg (Kreis Südliche Weinstraße) ist die Festplanung schon abgeschlossen. Das Heimat- und Blütenfest im Juni findet statt – aber anders als sonst. Früher, also vor Corona, feierten bis zu 10.000 Besucher täglich entlang der historischen Theresienstraße. Und nun? "Wir lassen nur 5.000 Menschen auf das Gelände, nehmen drei Euro Eintritt und brauchen das Doppelte an Sicherheitspersonal wie früher", sagt Kathrin Schilling, verantwortlich für den Tourismus in der Ortsgemeinde.

Ein Mann schenkt ein beim Rhodter Blütenfest (Foto: Quelle:Tourismus Rhodt, Foto: Timo Melk)

Das Sicherheitskonzept für das Rhodter Blütenfest musste, anders als bisher, vom Ordnungsamt der zuständigen Verbandsgemeinde genehmigt werden. Hätten die Rhodter mehr als 5.000 Besucher zugelassen, hätten sie Sicherheitsvorgaben wie bei einer Großveranstaltung beachten müssen. Zum Beispiel strengere Brandschutzbestimmungen, wie das Wegrücken der Essensstände von den Häuserwänden.

Am Beispiel Rhodt zeigt sich die Komplexität der neuen Landesbestimmungen: Während Großveranstaltungen ab 15.000 Besuchern auf jeden Fall den schärferen Regeln unterliegen, kann das auch bei Festen ab 5.000 Besuchern der Fall sein.

Und ein solcher Sonderfall wäre auch Rhodt: "Da wir einen großen Festplatz haben, sagt das Ordnungsamt: Hier ist so viel Action, das Risiko ist hoch, deshalb würden auch bei uns noch strengere Regeln greifen", erklärt die Tourismus-Beauftragte Kathrin Schilling.

Impression vom Rhodter Blütenfest (Foto: Quelle:Tourismus Rhodt, Foto: Timo Melk)

Ministerium verteidigt neue Sicherheitsvorgaben

Das rheinland-pfälzische Innenministerium erklärt auf SWR-Anfrage, durch die Gesetzesänderungen hätten sich für kleine Veranstaltungen keine neuen Anforderungen ergeben. Vielmehr gebe es "zusätzliche Handlungsoptionen" für die zuständigen Ordnungsbehörden, die zuvor nicht bestanden hätten - zum Beispiel die Möglichkeit, vom Veranstalter zu verlangen, ein Sicherheitskonzept vorzulegen.

Außerdem verteidigt das Ministerium die strengeren Vorgaben. Mit diesen seien Veranstalter rechtlich besser abgesichert. Außerdem hätten die Veranstalter auch selbst ein Interesse daran, ihre Feste sicher stattfinden zu lassen.

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