"Der ganze Kopf ist leer. Man denkt, man ist in einem Albtraum" - so ging es Diana König vor rund fünf Jahren, als ihre damals 66-jährige Tante Lydia von deren Ehemann erschossen wurde. "Wir haben noch auf sie gewartet, weil wir als Familie verabredet waren." Statt Lydia kam aber nur der Anruf ihres Bruders, der Diana und ihrer Familie die schreckliche Nachricht überbrachte.
Die Tante war 50 Jahre mit ihrem Mann zusammen. Es hätte gute, aber auch viele schlimme Zeiten gegeben, erzählt Diana König. Früher sei der Ehemann ihrer Tante körperlich gewalttätig geworden, zum Schluss sei es dann eher psychische Gewalt gewesen. Nur wenige Monate vor dem Mord hatte es ihre Tante dann geschafft, sich endgültig zu trennen. Als sie nach der Trennung noch einmal in die ehemals gemeinsame Wohnung ging, wurde sie von ihrem Ehemann erschossen. Eine extrem schwere Zeit für Diana König und ihre Familie.
Für von Femizid und Gewalt Betroffene: Selbsthilfegruppe "Lydia"
Die Ludwigshafenerin fing an, sich ehrenamtlich für den Schutz von Frauen vor Gewalt zu engagieren - damit andere Frauen nicht auch Opfer einer Gewalttat werden. Jetzt hat sie sogar ihre eigene Selbsthilfegruppe in Ludwigshafen gegründet – für Betroffene von häuslicher Gewalt und deren Angehörige. Die Gruppe heißt "Lydia" - das war der Vorname von Diana Königs Tante.
Diana König weiß noch genau, wie traurig, hilflos, aber vor allem auch wütend sie als Angehörige eines Femizid-Opfers war. Femizid nennt man die Tötung einer Frau, wenn sie mit ihrem Geschlecht zusammenhängt.
Die Gründerin der Selbsthilfegruppe erzählt, sie habe sich erst "richtig verstanden gefühlt", als sie mit anderen Betroffenen in Kontakt gekommen ist. So habe sie auch gemerkt, wie hoch der Bedarf an Unterstützung eigentlich ist. Und die will sie jetzt in ihrer Heimatstadt Ludwigshafen selbst anbieten.
Frauenhaus Ludwigshafen - Zuflucht für Opfer Häusliche Gewalt in der Pfalz: "Jede dritte Frau ist betroffen"
In der Pfalz gab es 2022 rund 2.460 Fälle von häuslicher Gewalt. Viele der Frauen wollen ins Frauenhaus flüchten. Aber im Frauenhaus Ludwigshafen gibts nur 13 Plätze. Ein Dilemma, sagen die Mitarbeiterinnen.
"Klar gibt es Trauergruppen und es ist auch gut, dass es die gibt. Aber wenn man jemanden durch häusliche Gewalt verloren hat, geht es um viel mehr." Diana König möchte einen Ort schaffen, an dem Betroffene einfach ihre Geschichten erzählen können und auch verstanden werden. Einen Ort, an dem Sätze wie: "Warum hat sie sich nicht einfach getrennt?" nicht fallen.
Gesellschaft Hass auf Frauen – Von Hate Speech bis Femizid
Patriarchale Denkweisen sind der Nährboden für mehr oder weniger offene Abneigung gegenüber Frauen bis hin zu unverhohlenem Hass und Gewalt, meinen viele Forscher*innen.
So kann man Kontakt zur Selbsthilfegruppe aufnehmen
Als betroffene Person kann man sich per Mail bei Diana König melden und sich nach einem Vorgespräch für die Selbsthilfegruppe anmelden. Die findet alle zwei Wochen montags in den Räumlichkeiten des AWO Quartiersbüro in Ludwigshafen-Gartenstadt statt. Ein belebter Ort, an dem man keine Angst haben muss - das war Diana König wichtig: "Betroffenen sollen auf ihrem Weg zur Selbsthilfegruppe nicht durch Unterführungen oder ähnliches laufen müssen."
Weitere Anlaufstellen für Betroffene
- Selbsthilfegruppe "Lydia" in LU: dianakoenig0603@web.de
- Frauenhaus Speyer: 06232 288 35
- Frauenhaus Ludwigshafen: 0621 52 19 69
- Frauenhaus Landau: 06341 89626 (werktags), 0170 8341889 (nachts, Wochenende, Feiertage)
- Frauenhaus Neustadt: 06321 2603
- KISS Pfalz: 06323 989924
- Hilfetelefon "Gewalt gegen Frauen": 116 016
- Opferschutzverein Weißer Ring: 116 006