Selbsthilfegruppe für Betroffenene und Angehörige von häuslicher Gewalt (Foto: SWR)

Schutz vor häuslicher Gewalt

Femizid: Selbsthilfegruppe für Angehörige in Ludwigshafen gegründet

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Leonie Fritz
Porträt Reporterin Leonie Fritz (Foto: SWR)

In Ludwigshafen gibt es eine neue Selbsthilfegruppe für Betroffene von häuslicher Gewalt und deren Angehörige – gegründet von Diana König, aus ganz persönlichen Motiven.

"Der ganze Kopf ist leer. Man denkt, man ist in einem Albtraum" - so ging es Diana König vor rund fünf Jahren, als ihre damals 66-jährige Tante Lydia von deren Ehemann erschossen wurde. "Wir haben noch auf sie gewartet, weil wir als Familie verabredet waren." Statt Lydia kam aber nur der Anruf ihres Bruders, der Diana und ihrer Familie die schreckliche Nachricht überbrachte.

Die Tante war 50 Jahre mit ihrem Mann zusammen. Es hätte gute, aber auch viele schlimme Zeiten gegeben, erzählt Diana König. Früher sei der Ehemann ihrer Tante körperlich gewalttätig geworden, zum Schluss sei es dann eher psychische Gewalt gewesen. Nur wenige Monate vor dem Mord hatte es ihre Tante dann geschafft, sich endgültig zu trennen. Als sie nach der Trennung noch einmal in die ehemals gemeinsame Wohnung ging, wurde sie von ihrem Ehemann erschossen. Eine extrem schwere Zeit für Diana König und ihre Familie.

Für von Femizid und Gewalt Betroffene: Selbsthilfegruppe "Lydia"

Die Ludwigshafenerin fing an, sich ehrenamtlich für den Schutz von Frauen vor Gewalt zu engagieren - damit andere Frauen nicht auch Opfer einer Gewalttat werden. Jetzt hat sie sogar ihre eigene Selbsthilfegruppe in Ludwigshafen gegründet – für Betroffene von häuslicher Gewalt und deren Angehörige. Die Gruppe heißt "Lydia" - das war der Vorname von Diana Königs Tante.

Wenn ich das schon mache, dann soll meine Tante dabei sein.

Diana König weiß noch genau, wie traurig, hilflos, aber vor allem auch wütend sie als Angehörige eines Femizid-Opfers war. Femizid nennt man die Tötung einer Frau, wenn sie mit ihrem Geschlecht zusammenhängt.

Die Gründerin der Selbsthilfegruppe erzählt, sie habe sich erst "richtig verstanden gefühlt", als sie mit anderen Betroffenen in Kontakt gekommen ist. So habe sie auch gemerkt, wie hoch der Bedarf an Unterstützung eigentlich ist. Und die will sie jetzt in ihrer Heimatstadt Ludwigshafen selbst anbieten.

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"Klar gibt es Trauergruppen und es ist auch gut, dass es die gibt. Aber wenn man jemanden durch häusliche Gewalt verloren hat, geht es um viel mehr." Diana König möchte einen Ort schaffen, an dem Betroffene einfach ihre Geschichten erzählen können und auch verstanden werden. Einen Ort, an dem Sätze wie: "Warum hat sie sich nicht einfach getrennt?" nicht fallen.

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So kann man Kontakt zur Selbsthilfegruppe aufnehmen

Als betroffene Person kann man sich per Mail bei Diana König melden und sich nach einem Vorgespräch für die Selbsthilfegruppe anmelden. Die findet alle zwei Wochen montags in den Räumlichkeiten des AWO Quartiersbüro in Ludwigshafen-Gartenstadt statt. Ein belebter Ort, an dem man keine Angst haben muss - das war Diana König wichtig: "Betroffenen sollen auf ihrem Weg zur Selbsthilfegruppe nicht durch Unterführungen oder ähnliches laufen müssen."

Selbsthilfegruppe für Betroffenene und Angehörige von häuslicher Gewalt (Foto: SWR)
Diana Königs Flyer zu ihrer Selbsthilfegruppe "Lydia" in Ludwigshafen

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