Auf einem Holzbrett in Herzform ist an einer Landstraße zwischen Kusel und Ulmet an einer Gedenkstätte für zwei getötete Polizisten die Aufschrift „Ihr fehlt! Alex Yasmin“ aufgebracht. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Uwe Anspach)

Psychologe aus Kaiserslautern zum Prozessende

Mutmaßliche Polizistenmorde bei Kusel: Das macht ein Urteil mit Angehörigen

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Sarah Korz
SWR-Reporterin Sarah Korz (Foto: SWR)

Zwei junge Polizisten wurden im Januar bei Kusel erschossen. Am 30. November soll im Prozess am Landgericht Kaiserslautern das Urteil gesprochen werden. Für Hinterbliebene ein wichtiger Moment.

Am 31.Januar 2022 gegen vier Uhr morgens setzen zwei junge Polizisten bei einer Verkehrskontrolle einen verzweifelten Funkspruch ab. Kurz darauf sind beide tot. Sie sterben durch mehrere Schüsse aus Jagdgewehren. Vermutlich soll ein heute 39-Jähriger aus dem Saarland die Polizei-Anwärterin und den Polizisten erschossen haben. Er steht seit Juni vor dem Landgericht Kaiserslautern. Die Staatsanwaltschaft fordert lebenslänglich, weil sie davon ausgeht, dass er die beiden jungen Polizisten getötet hat, um damit seine Jagdwilderei zu vertuschen.

"Für Hinterbliebene ist ein Gerichtsprozess eine Hochstresszeit!"

Deutschlandweit sorgt die Tat bis heute für Entsetzen. Doch für Angehörige ist es ein Trauma. Deshalb sei ein Gerichtsprozess für Hinterbliebene eine ganz schwierige Phase, sagt Alexander Jatzko. Er ist Facharzt für Psychotherapie am Westpfalz-Klinikum in Kaiserslautern.

Es gebe viele Angehörige, die erfahren wollen, was wirklich passiert ist. Aber gleichzeitig komme das Erlebte wieder hoch. "Viele sind deshalb in einer andauernden Spannung, sodass es ganz schwierig für sie ist, die Zeit zu überstehen.“

Denn während eines Gerichtsprozesses wird eine Tat komplett aufgerollt. Es wird über schreckliche Details gesprochen, teilweise werden Bilder gezeigt oder Ton-Aufnahmen abgespielt. Deshalb müssen Hinterbliebene selbst entscheiden, ob sie beim Prozess im Gerichtssaal dabei sind. Denn jeder Hinterbliebene gehe anders damit um, sagt Jatzko.

Die einen wollen möglichst viel erfahren, die anderen lieber möglichst wenig. Sie konsumieren in dieser Zeit auch keine Medien und wollen auch nicht im Gericht dabei sein. Manche lassen sich zum Beispiel die Details aus dem Prozess lieber von anderen erzählen. Damit sie alles selbst nicht direkt mitbekommen und im Gerichtssaal nicht so sehr leiden müssen.

Dr. med. Alexander Jatzko, Facharzt für Psychotherapie am Westpfalz-Klinikum Kaiserslautern (Foto: Pressestelle, Westpfalz-Klinikum Kaiserslautern)
Alexander Jatzko ist Facharzt für Psychotherapie am Westpfalz-Klinikum Kaiserslautern. Er hilft Menschen, die ein Trauma erlitten haben, dieses zu verarbeiten.

Hinterbliebene nicht alleine lassen

Wichtig sei grundsätzlich, Hinterbliebene in der stressigen Phase eines Gerichtsprozesses nicht alleine zu lassen. Experten können laut Alexander Jatzko dabei helfen, besonders schlimme Bilder im Kopf zu bearbeiten. Es sei auch in dieser Phase wichtig, dass Hinterbliebene über die Tat, über das Erlebte und ihre Gefühle sprechen. Auch wenn die Phase des Prozesses eine Ausnahmesituation sei.

"Richtig verarbeiten, in dem Sinne, geht nicht. Man kann lernen, damit umzugehen. Aber verarbeiten, dass es nur noch eine Erinnerung ist, wird nicht passieren."

Hochstresszeit für Angehörige endet erst mit Urteil

Eine Urteilsverkündung sei für Angehörige extrem wichtig, erklärt Alexander Jatzko. Dabei passieren bei den Hinterbliebenen mehrere Sachen. Die stressige Phase, in der alles aufgerollt wird, sei vorbei. Und dann sei da eben noch das Urteil, eine Strafe, die jemand für seine Tat bekommt. "Das wird nicht alles ändern, weil derjenige nicht zurückkommt und die Bilder, das Gehörte bleiben trotzdem. Aber es ist ein Abschluss."

Urteil im Kusel-Prozess Ende November erwartet

Im Prozess um die mutmaßlichen Polizistenmorde in der Nähe von Kusel soll am 30. November am Landgericht Kaiserslautern das Urteil gesprochen werden. Die Staatsanwaltschaft fordert eine lebenslange Haftstrafe für den Hauptangeklagten. Sie geht davon aus, dass er Ende Januar an einer Landstraße bei Ulmet (Kreis Kusel) bei einer Polizeikontrolle erst eine 24-jährige Polizeianwärterin und dann einen 29-jährigen Polizeioberkommissar ermordet hat. Der Staatsanwalt sprach in seinem Plädoyer von einer Hinrichtung. Er habe mit der Tat seine Wilderei vertuschen wollen.

Für die Wilderei fordert die Staatsanwaltschaft zusätzlich ein Jahr und sechs Monate Haft. Gleichzeitig geht sie von einer besonderen Schwere der Schuld aus. Das würde eine vorzeitige Haftentlassung praktisch ausschließen. Der Mitangeklagte ist laut Plädoyer der Staatsanwaltschaft der Wilderei schuldig. Allerdings forderte sie keine Strafe, weil in seinem Fall eine "Kronzeugenregelung" Anwendung finden könne. Er habe durch seine umfangreichen Aussagen zur Aufklärung schwerer Straftaten beigetragen.

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