"Der Letzte, der mich herausgefordert hat, hat`s nicht überlebt." Das sagte Andreas S. am zwölften Prozesstag vor dem Landgericht in Kaiserslautern. Und das soll er auch zu einem Mithäftling gesagt haben, der ihn angefeindet haben soll. Nach diesen Worten drehte er sich zu den anwesenden Pressevertretern um und sagte weiter: "Schöne Grüße an die Presse".
Warum hat Andreas S. das gesagt? Rechnet er mit einer langen Haftstrafe und will sich vielleicht schon vorab einen entsprechenden Ruf aneignen, der ihm im Gefängnis helfen könnte? Diese Frage hat SWR Aktuell Winfried Conrad gestellt. Er ist der Leiter des Bundes der Strafvollzugsbediensteten Landesverband Rheinland-Pfalz (BSDB).
Die Hierarchie im Gefängnis ist klar strukturiert, erklärt Winfried Conrad. Wer zum Beispiel Kinder oder Frauen vergewaltigt oder sogar getötet habe, der rangiere in der Hierarchie ganz unten. Das heiße nicht, dass diese Person aufgrund ihrer Straftat von Mithäftlingen einfach angegriffen werde. Aber wenn es zu einer Auseinandersetzung komme, dann seien diese Häftlinge besonders oft Opfer von Angriffen.
Mutmaßlicher Mörder der Polizisten aus Kusel dürfte es schwer haben
Ein Urteil im Polizistenmordprozess wird frühestens im November erwartet. Falls Andreas S. verurteilt wird, könnte er es schwer haben im Gefängnis. Das ist die Einschätzung von Winfried Conrad.
Prozess am Landgericht Kaiserslautern geht weiter Tödliche Schüsse auf Polizisten im Kreis Kusel - Hauptangeklagter soll hochverschuldet sein
Im Prozess um den mutmaßlichen Polizistenmord im Kreis Kusel hat ein Sachverständiger von den Schulden des Hauptangeklagten gesprochen: 2,4 Millionen Euro.
Es gebe sicherlich den ein oder anderen Insassen im Gefängnis, der einen Polizistenmörder für seine Taten respektiere. 99 Prozent der Insassen aber verurteilten ein solches Verhalten eher. Zum einen, weil in diesem Fall eine wehrlose Frau arglos von hinten erschossen wurde, zum anderen, weil es im Gefängnis immer noch so etwas wie einen Verbrecherkodex gebe. Angriffe gegen Polizei- oder Jusitzvollzugsbeamte seien auch im Gefängnis nicht gerne gesehen, erklärt Winfried Conrad.
Ein impulsiver Verbrecher könnte für Unruhe sorgen
Dieser Einschätzung schließt sich auch Gundi Bäßler an. Sie ist die Leiterin der Justizvollzugsanstalt in Frankenthal, in der Andreas S. aktuell in Untersuchungshaft sitzt. Zum laufenden Verfahren darf sie sich nicht äußern. Aber aus ihrer langjährigen Erfahrung im Vollzugsdienst weiß sie, dass impulsive Verbrecher für Unruhe sorgen können. Die anderen Insassen würden wahrscheinlich einen großen Bogen um einen solchen Häftling machen. Unruhen möchte im Gefängnis niemand, erklärt Gundi Bäßler. Käme es nämlich zu Angriffen, beispielsweise gegen Wärter, würden gegebenenfalls Kontrollen verstärkt.
Bekommt mutmaßlicher Mörder der Polizisten von Kusel geringere Strafe?
Gundi Bäßler kann sich noch einen anderen Grund vorstellen, wie es zu solch einer Aussage kommen könnte. Ihrer Erfahrung nach berücksichtigt ein Gericht die Umstände, unter denen ein Angeklagter seine Zeit in Untersuchungshaft verbracht hat. Wenn sich ein Angeklagter nachweislich als Opfer präsentiert, weil er gegebenenfalls von Mithäftlingen angefeindet oder schikaniert wird, könnte sich das in speziellen Fällen sogar strafmildernd auswirken.
Ob das der Beweggrund für die Aussage von Andreas S. im Polizistenmordprozess war, ist reine Spekulation.
Polizistenmörder auch bei Vollzugsbeamten nicht beliebt
Die Justizvollzugsbeamten sind speziell geschult und dürfen sich nicht von ihren Gefühlen Gefängnisinsassen gegenüber leiten lassen, erklärt Winfried Conrad. Trotzdem seien einem manche Insassen lieber als andere. Das sei ein normales, menschliches Gefühl, sagt Conrad. Einem gefährlichen Insassen gegenüber verhalte sich der zuständige Wärter extrem korrekt. Das heißt: Er bekommt das, was ihm laut Gesetz zusteht. Aber eben auch nicht mehr. Bei anderen Häftlingen, die sich kooperativ und freundlich verhalten, könne es hingegen auch schon einmal ein kleineres Entgegenkommen geben.