Der Ausbau von Solar- und Windkraft geht in Rheinland-Pfalz zu langsam (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Sina Schuldt)

Energiewende in Gefahr

Rheinland-Pfalz kommt bei Ausbau von Solar- und Windkraft nicht nach

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Christoph Mautes

Der Strom in Rheinland-Pfalz soll ab 2030 komplett aus regenerativen Energien erzeugt werden - so das Ziel der Landesregierung. Doch der Ausbau der erneuerbaren Energien kommt nur schleppend voran - wie Beispiele aus dem Land zeigen.

In Windhagen (Kreis Neuwied) könnte bald Strom geerntet werden - für hunderte Haushalte. Doch einige Anwohner haben etwas dagegen. Helmut Oberritter und Roland Kohler wohnen in der Nähe und sind Mitglieder des örtlichen Naturschutzvereins. Vier Hektar Solarfläche direkt am Ortsrand: für die beiden völlig indiskutabel. "Wir werden es nicht hinnehmen, und wir werden auf jeden Fall versuchen, gegen den Beschluss Widerstand zu erzeugen beziehungsweise möglicherweise zu klagen", sagt Kohler.

Gegen Solar an sich sei keiner von ihnen - das betonen beide. Beide haben auch eigene Solaranlagen auf ihren Dächern. Kohler ist gar Mitglied bei den Grünen. Aber: "Im Prinzip macht es doch keinen Sinn auf der einen Seite zu sagen, wir wollen das Klima schützen, und mit der anderen Hand dann quasi wieder die Natur damit zu schädigen", betont Oberritter.

Die Fläche werde landwirtschaftlich genutzt, biete Lebensraum für Tiere und Naherholungsraum für die Anwohner. Es müsse andere geben. Der Gemeinderat hier sei einstimmig gegen das Projekt.

Kein Verständnis in Unkel

Die Fläche gehört aber der Nachbargemeinde Unkel. Und für die spricht nichts gegen die Anlage. "Wir haben einen einstimmigen Beschluss unseres Stadtrates, dass dieses Anlage dort gebaut werden soll", sagt Wolfgang Plöger (Grüne), 1. Beigeordneter der Stadt Unkel. Alles stehe in den Startlöchern, bald solle es noch eine Infoveranstaltung für die Bürger geben.

Verständnis für die Ablehnung in der Nachbargemeinde hat man hier nicht. "In den Zeiten, in denen wir leben, können wir uns das meiner Ansicht nach nicht mehr leisten, dass eine Kommune dort oben plant, aber keine Planungssicherheit mehr für regenerative Energien bekommt", erklärt Plöger.

Bevölkerung oft gegen Energie-Projekte

Der Ausbau der Erneuerbaren scheitert oft an staatlichen und naturschutzrechtlichen Vorgaben. Nicht selten aber auch am Widerstand aus der Bevölkerung. Etwa in Dommershausen (Rhein-Hunsrück-Kreis), wo vor zwei Jahren eines der größten Solarprojekte in Rheinland-Pfalz unter anderem deshalb verworfen wurde. Erneuerbare: Ja! Aber bitte nicht vor der eigenen Haustür?!

Für das Land wird das zunehmend zum Problem. Denn den eigenen Ansprüchen hängt man massiv hinterher. 500 Megawatt Windenergie pro Jahr sollen eigentlich installiert werden. Letztes Jahr waren es 69, im laufenden Jahr bis Ende September 53.

Etwas besser sieht es bei Solaranlagen aus. Aber auch hier ist man weit vom selbst gesteckten Ziel, 500 Megawatt pro Jahr, entfernt. 269 Megawatt waren es im vergangenen Jahr. Bis zum Oktober dieses Jahres kamen 262 Megawatt dazu.

CDU kritisiert Landesregierung

Auch selbst tue das Land zu wenig, sagt die CDU-Opposition im Landtag. Landesgebäude könnten schneller mit Solar bestückt werden. Das Land solle voran gehen und Genehmigungsverfahren beschleunigen. Vor allem müsse aber der Bevölkerung klar vermittelt werden, wo es hingeht. "Es fehlt an der klaren Kommunikation", sagt der CDU-Landtagsabgeordnete Gerd Schreiner. Und es fehle an der Bereitschaft, der Bevölkerung zu sagen, "dass das jetzt sein muss und getan werden muss - und zwar denjenigen, die investieren müssen, denjenigen, die Flächen zur Verfügung stellen müssen, angefangen bei dem Land selber." Stattdessen scheitere man krachend an den eigenen Ansprüchen.

Aber warum kommt kein Tempo in den Ausbau? "Die gesetzlichen Regelungen zum Ausbau der Erneuerbaren Energien werden maßgeblich vom Bund bestimmt. Die Landesregierung begrüßt vor diesem Hintergrund die Fortschritte, die im Rahmen der EEG-Novelle erzielt wurden", heißt es auf SWR-Anfrage. "In diesem Rahmen prüft die Landesregierung fortlaufend die eigenen Spielräume für Regelungen, die den Ausbau der Erneuerbaren Energien voranbringen und nutzt diese."

Strenge Auflagen für schwimmende Solaranlagen

Doch auch der Bund hat bisher zu wenig getan, teilweise gar gebremst. Zum Beispiel bei schwimmenden Solaranlagen, wie am Kieswerk in Leimersheim in der Pfalz. Die Technik habe großes Zukunftspotenzial, sagt Boris Heller, der Leiter Projektentwicklung bei Erdgas Südwest. Es zu nutzen werde durch neue, strengere Auflagen vom Bund aber immer schwerer. "Wenn wir es schon hier nicht schaffen, bei einer eigentlich konkurrenzlosen Flächenkulisse, was eher einen Zusatznutzen mit sich bringt, eine Beschleunigung reinzubekommen, dann wird es uns umso schwerer fallen zu glauben, dass auch auf Freifläche oder Dach ein signifikanter Ausbau kurzfristig stattfinden kann."

Dabei bemerke er bei den Kreisen und Kommunen, dass der Wille da sei, mehr Bewegung in den Ausbau zu bringen. Was oft fehle seien aber klare Regeln vom Land und vom Bund.

Kampf in Windhagen geht weiter

In Windhagen geht der Kampf um die Freifläche gerade erst richtig los. Beide Seiten geben sich optimistisch - denn beide haben schon Erfahrung. Es ist nicht der erste Streit um genau dieses Feld. "Wir haben ein Gewerbegebiet letztlich dahin gebracht, dass es nicht entstanden ist. Und wir haben auch die Windräder verhindert", erläutert Kohler. "Also wir wissen schon, wie das geht". Das sei durchaus eine Kampfansage.

Bis 2030 sind es noch sieben Jahre. Dann will Rheinland-Pfalz nur noch Strom aus erneuerbaren Quellen produzieren. Mit Blick auf die Zahlen stellt sich die Frage, ob das überhaupt noch realistisch ist.

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