Foto von einem Bahnsteig voller Menschen am Hauptbahnhof Koblenz. Gerade fährt ein Zug ein. Wegen des 9-Euro-Tickets nutzen besonders viele Menschen die Bahn. (Foto: SWR)

Bilanz und Ausblick

9-Euro-Ticket: Erfolgsgeschichte mit Schönheitsfehlern?

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Die Züge sind voll in Rheinland-Pfalz. Das liegt auch am 9-Euro-Ticket. Viele nutzen es, manche sind genervt. Von der Eisenbahngewerkschaft heißt es: Das Ticket darf nicht bleiben.

Samstagvormittag am Koblenzer Hauptbahnhof: Dicht gedrängt und in mehreren Reihen stehen die Menschen am Gleis und warten auf die Einfahrt eines Regionalzugs. Ein typischer Anblick in Zeiten des 9-Euro-Tickets. Denn der Preis ist verlockend.

Statt teurem Auto voller Zug

"Normalerweise fahre ich immer mit dem Auto. Ich habe gedacht, aufgrund des 9-Euro Tickets kann man mal mit der Bahn fahren", erzählt Dennis Adamski, der gerade in Koblenz ausgestiegen ist. Doch er hat auch die Kehrseite kennengelernt. Viel zu voll, lange Verspätungszeiten beklagt der Passagier.

Diese gemischten Gefühle gegenüber dem 9-Euro-Ticket bestätigen auch andere Fahrgäste in Koblenz. Besonders schwer haben es die, die auch noch ein Fahrrad im Zug unterbekommen wollen. "Wir sind an der Mosel schon in zwei Zügen hintereinander nicht mitgenommen worden", beschwert sich Fahrradtourist Siegfried Riess.

Gewerkschaft: 9-Euro-Ticket macht krank

Doch nicht nur bei den Passagieren kann das 9-Euro-Ticket in Stress ausarten, auch das Personal komme deutlich an seine Belastungsgrenzen. Darauf weist Marcel Labonte, Landesvorsitzender der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) in Rheinland-Pfalz hin. Das Ticket mache die Beschäftigten krank.

"Aus unserer Sicht kann ein 9-Euro-Ticket in der jetzigen Form definitiv nicht weiter fortgeführt werden", so Labontes Fazit. Zwar müssten grundsätzlich neue Verkehrskonzepte für die Zukunft entwickelt werden. Dazu brauche es aber zunächst weitere Investitionen in die Schiene.

Stephan Pauly vom Verkehrsverbund Rhein-Mosel ist nach zwei Monaten 9-Euro-Ticket zwiegespalten. Einerseits seien viele Neukunden gewonnen worden. Andererseits habe man aufgrund der übervollen Züge auch Stammkunden verloren.

Ende August läuft das Angebot, das als temporäre Entlastung gedacht war, offiziell aus. Pauly kann sich einen Nachfolger vorstellen - allerdings nicht für 9 Euro sondern für 30 Euro im Monat.

Uneinigkeit in der Politik über Zukunft des 9-Euro-Tickets

Den Staatshaushalt - und damit die Steuerzahler - hat das 9-Euro-Ticket 2,5 Milliarden Euro gekostet. Geld, das nicht in sauberere Züge, eine höhere Taktung oder mehr Personal gesteckt werden konnte. SPD und Grüne im Bund werben für eine Anschlusslösung.

Finanzminister Christian Lindner (FDP) hingegen spricht von einer einmaligen Aktion. Parteikollege und Verkehrsminister Volker Wissing sieht sich nicht zuständig: Es sei Aufgabe der Länder, den ÖPNV zu organisieren. Die wiederum verweisen an den Bund als Geldgeber.

Es gibt also noch viel Klärungsbedarf. Ginge es nach den Passagieren, wäre der künftige Fahrplan hingegen klar. Trotz voller Züge wünscht sich eine große Mehrheit der Bundesbürger auch nach dem Ende des 9-Euro-Tickets ein günstiges Angebot im Nah- und Regionalverkehr. In einer Umfrage des Instituts Kantar im Auftrag des Nachrichtenmagazins "Focus" befürworten 79 Prozent ein ähnliches Ticket, das vom Staat unterstützt wird. Nur 16 Prozent sind dagegen. Am größten ist die Zustimmung mit 90 Prozent bei den unter 30-Jährigen.

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