Kritik an Verteilung der Steuereinnahmen

Städte- und Gemeindebund: Leistungsgrenze ist erreicht!

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Uli Hauck

Der neue Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds André Berghegger sieht die Kommunen finanziell an ihrer Leistungsgrenze angekommen. Es geht ihm dabei um die Verteilung der Steuereinnahmen zwischen Bund, Ländern und Kommunen. Angesichts von Megathemen wie Migration, Klimaschutz und Wärmewende sollte das Geld den Aufgaben entsprechend anders verteilt werden.

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Städte und Gemeinden beklagen sich, dass ihnen Bund und Länder in den vergangenen Jahren immer mehr Aufgaben übertragen haben, ohne dafür allerdings ausreichend Geld zur Verfügung zu stellen. Nach Angaben des Städte- und Gemeindebundes sind allein die kommunalen Ausgaben für Sozialleistungen auf über 70 Milliarden Euro pro Jahr angewachsen – Tendenz steigend. Allerdings sind die kommunalen Einnahmen nicht entsprechend gestiegen.

Und angesichts vieler Pflichtaufgaben fehlt vielen Kommunen das Geld, um vor Ort in ihre Infrastruktur zu investieren. "Jeden Tag fehlen bundesweit 13 Millionen Euro für den Unterhalt von Brücken, Straßen, Kitas, Schulen oder Sportanlagen", rechnet der neue Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindesbundes, André Berghegger vor. Er fordert einen "Vorrang für Investitionen". Denn insgesamt beläuft sich der kommunale Investitionsbedarf laut Kreditanstalt für Wiederaufbau mittlerweile auf 166 Milliarden Euro.

Diskussion um Steuerverteilung

Wenn der Bund über die Länder den Kommunen Aufgaben vorgibt, müsse es die entsprechende Finanzausstattung geben, sagt Berghegger. Denn schließlich müssen die Kommunen die Gesetze ausführen und könnten die Rahmenbedingungen häufig nicht mitbestimmen. Der frühere CDU-Bundestagsabgeordnete fordert dafür keine neuen Steuern, da sich die gesamtstaatlichen Einnahmen der Summe von rund einer Billion Euro annähern. Aber man müsse über die Einnahmeverteilung zwischen Bund, Ländern und Kommunen reden, beispielsweise bei der Umsatzsteuer.

Auch bei Migration ist die Belastungsgrenze erreicht

Sechshunderttausend Asylanträge in den letzten zwei Jahren, das sei eine Dimension, die man nicht so leicht verkraften kann, sagt Kommunalvertreter Berghegger. Schließlich wolle man sich vor Ort um jeden kümmern, der Hilfe benötigt. Er fordert für Haupt- und Ehrenamtler eine Ruhepause. Die Migrationszahlen müssten abgesenkt werden, dass sei eine gesamtstaatliche Aufgabe.

Die von Bund und Ländern geplante Bezahlkarte ist dabei ein weiteres Mosaiksteinchen, um die Migration zu steuern. Denn es sollten keine falschen Anreize gesetzt werden, sagt André Berghegger im SWR-Interview der Woche. Bislang habe es Modellprojekte in Hannover und Hamburg gegeben, aktuell arbeite man an einer Ausschreibung. Wann die Bezahlkarte kommt, ist aber noch offen. Aus kommunaler Sicht sollte die Bezahlkarte bald eingeführt werden. Mittelfristig müsste sie zudem um weitere Funktionen erweitert werden. So dass beispielsweise der Stand des Asylverfahrens gespeichert werden könnte.

Uli Hauck und André Berghegger stehen nebeneinander in der Halle des ARD-Hauptstadtstudios (Foto: SWR)
ARD-Korrespondent Uli Hauck und André Berghegger in der Halle des ARD-Hauptstadtstudios

Kommunalwahlen in neun Bundesländern

In diesem Jahr stehen nicht nur die Europawahl und die drei Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg an, sondern es finden auch bundesweit zahlreiche Kommunalwahlen statt. Allein in Rheinland-Pfalz sind in diesem Jahr 30.000 Ratsmandate zu vergeben, in Baden-Württemberg sind es über 20.000 entsprechende Mandate. Vor Ort treten die Bürgerinnen und Bürger als erstes mit dem Staat in Kontakt. Dort sieht man die Auswirkungen von Politik, sagt Kommunalexperte Berghegger. "Auf komplexe Fragestellungen sind selten einfache Lösungen angezeigt", sagt Berghegger angesichts von populistischen Entwicklungen. Auch nicht in der Kommunalpolitik.

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Uli Hauck