Künstliche Intelligenz wird immer besser: Wie schlau können Roboter werden?

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Andreas Böhnisch

Künstliche Intelligenz breitet sich mehr und mehr aus- auch in der deutschen Wirtschaft. Zwölf Prozent der Unternehmen nutzen schon KI, sagt das Statistische Bundesamt. In großen Unternehmen mit mindestens 250 Beschäftigen kommt Künstliche Intelligenz demnach weit häufiger zum Einsatz als in kleinen und mittleren Betrieben.
Roboter sind schon seit längerer Zeit im Einsatz: beim Zusammenbau von Autos an den Montagebändern - aber auch in der Landwirtschaft und sogar in der Medizin. Wie weit die Robotik schon ist, und welche Rolle KI dabei spielt, das ist in Tokio auf der Internationalen Roboter-Ausstellung IREX zu sehen. Über Chancen und Risiken der Entwicklung von Robotern und Künstlicher Intelligenz hat SWR-Aktuell-Moderator Andreas Böhnisch mit Professor Karsten Berns gesprochen, er leitet den Lehrstuhl Roboter-Systeme an der TU Kaiserslautern

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SWR Aktuell: Wie schlau sind denn Roboter schon?

Karsten Berns: In den letzten Jahren hat die „Intelligenz“ der Roboter tatsächlich zugenommen. Und das ist natürlich bedingt durch die neuen Errungenschaften, die wir aus der KI auch in die Robotik einfließen lassen. Roboter können mittlerweile besser „sehen“. Das heißt, die Umweltwahrnehmung, die Perzeptionen, das ist deutlich gesteigert worden. Und damit ergeben sich auch neue Aufgabenfelder.

SWR Aktuell: Welche Aufgabenfelder sind das?

Karsten Berns: Beispielsweise denken wir an die mobile Robotik, auch Servicerobotik genannt. Hier möchte man Transportaufgaben erledigen oder bestimmte Reinigungsaufgaben in Krankenhäusern, in Flughäfen autonom von Fahrzeugen erledigen lassen. Und hier ist es extrem wichtig, dass das Fahrzeug die Umwelt erkennt, dass es sicher navigieren kann. Und das wird natürlich heutzutage unterstützt durch KI-Methoden.

SWR Aktuell: Wie ist das bei diesen Robotern im Transport - machen die tatsächlich nur das, was ihnen die Menschen vorher per Programm gesagt haben? Oder lernen die beim Arbeiten wirklich dazu?

Karsten Berns: Meistens lernen sie nicht beim Arbeiten dazu. Aber im Vorfeld lernen sie. Die KI muss man sich so vorstellen, dass ein Großteil der Methodik tatsächlich über Beispiele trainiert wird. Das heißt, ich gebe bestimmte Szenen vor. Ich gebe bestimmte Fahr-Strategie vor, und das lernt der Roboter. Er lernt noch mehr im Vorfeld: Er lernt auch im Prinzip, auf unbekannte Situationen entsprechend dem zu reagieren, was er vorher gesehen hat, aus diesen Trainingsbeispielen.

SWR Aktuell:  Künstliche Intelligenz spielt auch schon im Medizinbereich eine Rolle, zum Beispiel bei komplizierten Operationen in der Chirurgie, in den Krankenhäusern. Nun ist immer noch der Mensch der entscheidende Faktor. Wann könnte es soweit sein, dass tatsächlich der Roboter eigenständig entscheidet? Ist das reine Zukunftsmusik? Oder werden wir das in absehbarer Zeit erleben?

Karsten Berns: Entscheiden kann er heute schon. Aber die Frage ist: Ist die Entscheidung immer richtig? Und bei so kritischen Anwendungen wie in der Medizin, der Chirurgie ist die Frage, wer übernimmt das Risiko, wenn etwas schiefgeht? Da, denke ich, werden wir auch in absehbarer Zeit - ich gehe mal mindestens von 10, 15 20 Jahren aus - Menschen haben, die die Robotersysteme überwachen und vielleicht parametrisieren, aber auf jeden Fall nicht ganz alleine beispielsweise operieren lassen.

SWR Aktuell: Das ist nun eine ethische Frage, die Sie da ansprechen. Sie sind Professor an einer Technischen Universität. Trotzdem: Wie könnte denn so ein Ethikkodex für KI, für künstliche Intelligenz aussehen?

Karsten Berns: Das ist eine breite Diskussion, die Sie jetzt hier ansprechen, das ist wirklich was ganz Aktuelles. Die Frage ist im Prinzip. Wie kann ich beschreiben, was ein sicheres, zuverlässiges und ethisches System ist – und das nicht nur im Risikobereich, sondern auch in der Interaktion zwischen Roboter und Menschen. Das heißt, ich will auch nicht den Menschen beleidigen oder was auch immer. Und es gibt ja auch immer mehr Anwendungen in dieser Richtung, weil man einfach sagt: Der Roboter muss natürlich auf die Person eingehen können. Natürliche Sprache, Gestik, Mimiken. Er muss die Person verstehen. Und jetzt können auch in so einer Interaktion Fehler gemacht werden, wie man das von der Mensch-Mensch-Interaktion kennen. Das kann natürlich auch dazu führen, dass Leute verärgert sind. Und auch das will man umgehen. Jetzt stellt sich die Frage: Wie kriege ich das hin? Wie kriege ich ethische Regeln? Wie kann ich diese überprüfen? Das ist nicht trivial, weil natürlich das System extrem komplex ist.

KI ist noch deutlich weg von der Leistungsfähigkeit des Menschen

SWR Aktuell: Die Frage, die sich viele stellen, vielleicht auch die mit künstlicher Intelligenz, mit Robotern zusammenarbeiten: Wann werden diese Dinger mal schlauer als ich?

Karsten Berns: Das ist wiederum eine Frage der Sichtweise. Sie können heute schon sagen: Sie sind schlauer als die Menschheit - denn wir haben ja viele Systeme, die sich im Internet bedienen. Das heißt, wenn wir eine Frage stellen, wird das Internet durchsucht. Und dann wird eine Antwort gegeben. Dass das in Windeseile, im Millisekundenbereich passiert, das ist etwas, das wir überhaupt nicht können. Von dieser Dimension her sind diese Systeme natürlich teilweise schon besser als wir. Ich meine nicht ChatGPT, wo wir eine Antwort kriegen, die teilweise aber nicht korrekt ist- Wir haben auch andere Systeme. Da werden die richtigen Antworten gegeben. Also von der Dimension her sind sie sicher schlauer. Wenn wir diese normale „Interaktion“, die der Mensch mit der Umwelt durchführt, ob er Auto fährt, ob er mit anderen Personen spricht, da gibt es noch massive Defizite. Das heißt, da sind wir noch deutlich weg von der Leistungsfähigkeit des Menschen.

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