Nach der Ankündigung von Werkschließungen und des Abbaus von mehr als 1.500 Jobs drohen beim französischen Reifenhersteller Michelin betriebsbedingte Kündigungen. Die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) versucht nun möglichst viele der Arbeitsplätze zu retten.
Die Werke in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz sollen bis Ende 2024 geschlossen werden. Im saarländischen Homburg ist eine Teilschließeung bis Ende 2025 geplant. Am Standort Karlsruhe sind 600 Arbeitsplätze bedroht, in Trier 88 und in Homburg 843 - am saarländer Standort in Homburg arbeiten auch viele Menschen aus der Südwestpfalz und dem Kreis Kusel.
So äußerte sich die Gewerkschaft IG-BCE am 28.11. zu den Schließungsplänen:
Gewerkschaft: Produktivität steigern statt Stellen streichen
Man arbeite an Alternativkonzepten für die betroffenen Standorte Karlsruhe, Trier und Homburg sowie an Überlegungen, wie sich dort die Produktivität steigern lasse, sagte Matthias Hille, Leiter des IG-BCE-Bezirks Mainz der Deutschen Presse-Agentur (dpa)."Mitte oder Ende Januar wollen wir dem Konzern Ideen vorstellen." Man sei auch in Gesprächen mit der Politik.
Bei der Rettung von Jobs steht die IG BCE vor einer schwierigen Aufgabe. Er habe die Hoffnung, einzelne Beschäftigte am Standort Bad Kreuznach (Rheinland-Pfalz) unterzubringen, sagte Hille. "Da reden wir aber nicht über Hunderte." Denn auch Bad Kreuznach habe mit einer schwankenden Auftragslage zu kämpfen. Generell gebe es keine Klausel bei Michelin in Deutschland, die betriebsbedingte Kündigungen ausschließe.
Hille nahm den Konzern bei den anstehenden Gesprächen mit den Arbeitnehmervertreterinnen und -vertretern in die Pflicht.
Wenn man keine Alternativen für die Menschen finde, müsse über einen Sozialplan gesprochen werden. Michelin habe in der Vergangenheit angekündigt, für die Menschen da zu sein. Dem müssten nun Taten folgen, so Hille.
"Wir können betriebsbedingte Kündigungen nicht ausschließen", sagte eine Konzernsprecherin. Maria Röttger, Präsidentin der Michelin-Region Nordeuropa, erklärte: "Zum jetzigen Zeitpunkt ziehen wir verschiedene Maßnahmen, wie das Prüfen interner Beschäftigungsmöglichkeiten und die Dienste einer Transfergesellschaft in Betracht. Ich bin zuversichtlich, dass alle Mitarbeiter eine Perspektive haben." Man werde jeden einzelnen unterstützen.
Michelin beendet Lkw-Reifenproduktion in Deutschland
Der französische Reifenhersteller hatte am Dienstag verkündet, die Werke in Karlsruhe und Trier bis Ende 2025 zu schließen. Zudem will Michelin die Lkw-Neureifen- und Halbfabrikatfertigung in Homburg einstellen. Insgesamt sind 1.410 Beschäftigte in der Produktion von den Plänen betroffen. Mit der Umstrukturierung zieht sich Michelin aus der Herstellung von Lkw-Reifen in Deutschland zurück. Zudem will der Konzern ein Kundenkontaktzentrum von Karlsruhe nach Polen verlagern, was weitere 122 Menschen trifft.
Als Grund gab Michelin Konkurrenz durch Lkw-Billigreifen aus Niedriglohnländern, Überkapazitäten und steigende Produktionskosten an. Die Runderneuerung von Lkw-Reifen in Homburg und das Pkw-Reifenwerk in Bad Kreuznach seien nicht von der Umstrukturierung betroffen, für die der Konzern 425 Millionen Euro Kosten einplant.
Michelin, Goodyear, Continental: Reifenindustrie in der Krise
Die Reifenindustrie in Deutschland steckt in der Krise. Erst kürzlich hatte der US-Konzern Goodyear angekündigt, die Reifenproduktion in Fürstenwalde (Brandenburg) einzustellen und sein Werk in Fulda (Hessen) zu schließen. Davon sind rund 1.800 Arbeitsplätze betroffen. Bereits im Jahr 2020 hatte Continental das Aus für ein Werk in Aachen (Rheinland-Pfalz) angekündigt. In Deutschland gibt es laut IG BCE noch zwölf Reifenwerke, mit den Plänen von Goodyear und Michelin könne ein Drittel davon wegfallen.