Die Ampelkoalition dürfte als Regierung der Streithähne in die Geschichte eingehen. Dabei leistet sie auch Gutes. Ihr gilt mein Respekt dafür, dass sie aktiv Gesellschaftspolitik macht, indem sie das Kiffen erlaubt hat. Demnächst wird sie die Vorschläge einer Kommission zu Themen wie Schwangerschaftsabbruch, Eizellspende und Leihmutterschaft diskutieren. Was auch immer dabei herauskommt – der Wille, gesellschaftliche Entwicklungen anzunehmen und in Gesetze zu gießen, scheint echt.
Wie geht es jetzt weiter? Abtreibung, Leihmutterschaft, Eizellspende: Diese Änderungen empfiehlt eine Expertenkommission
Eine von der Bundesregierung eingesetzte Kommission empfiehlt, die Regeln für Schwangerschaftsabbrüche zu lockern. Es geht auch um Leihmutterschaft und Eizellspende.
Die Geschichte der Bundesrepublik ist die ihrer gesellschaftlichen Selbstbefreiung. Zuerst fiel der Kuppelei- und viel später der Schwulenparagraf. Das Schuldprinzip verschwand aus dem Scheidungsrecht. Die Gleichstellung von Frau und Mann nahm ihren Weg. Das Abtreibungsverbot wurde gelockert, die „Ehe für alle“ beschlossen. Meist angespornt vom Bundesverfassungsgericht, nimmt die deutsche Gesellschaft seit 50 Jahren Abschied von katholischen Ordnungsvorstellungen.
Größere Freiheits-, kleinere Verbotsräume
Ich kann darin keinen Verfall von Werten sehen oder ein Anbiedern an den jeweiligen Zeitgeist, sondern das gesunde Reifen eines säkularen, multikulturellen Staates. Ich werde nicht mit dem Kiffen anfangen, nachdem ich es jetzt darf. Aber ich finde es richtig, dass die Politik Freiheitsräume kontrolliert erweitert, wie es die Ampelkoalition beim Cannabis getan hat. Und Verbotsräume nach ethischen Maßstäben kleiner macht wie hoffentlich beim Schwangerschaftsabbruch. Da muss der Sündencharakter weg.
Fast immer gingen solch mutige Schritte von einer SPD-geführten Bundesregierung aus. In einer großen Koalition ebenfalls von Sozialdemokraten. Für mich zählt die Gesellschaftspolitik der „Ampel“ schon heute zu ihren historischen Verdiensten.