Haben Sie auch die Australierin Lalzawmi „Zomi“ Frankcom gegoogelt oder Damian Sobol aus Polen? Sie gehören zu den sieben Frauen und Männern der Hilfsorganisation „World Central Kitchen“, die im Gazastreifen von israelischen Soldaten getötet wurden. Versehentlich. Im Internet kommen Sie dem tragischen Unglück ziemlich nah. Lalzawmi Zom Frankcom hat vor ihrem Tod ein Selfie an ihren Bruder geschickt. Damian Sobol wirkt fröhlich auf einem Selfie mit einer anderen Helferin. Sie finden auch Bilder vom riesigen Loch im Autodach oder vom ausgebrannten Innenraum.
Mich beschlich beim Stöbern im Netz ein schlechtes Gewissen. Neugierig, wie Gaffer bei einem Autounfall, betrachte ich Filme und Fotos mir unbekannter Menschen. Von den anderen Toten in diesem Krieg mache ich mir ganz wörtlich kein Bild. Andererseits muss meine Betroffenheit über die Nachricht irgendwo hin. Sie erinnert mich an die Schrecklichkeit dieses Krieges, an den ich mich gewöhnt habe. Viel mehr als die stereotype Nachricht, dass mal wieder eine Außenministerin, ein US-Präsident den Schutz der Zivilbevölkerung gefordert hat.
Ein Selfie für den Bruder kurz vor dem Tod
Was es heißt, einen Menschen mitten aus dem Leben zu reißen – die Bilder rund um das „World Central Kitchen“-Unglück führen es vor. Vielleicht müssen erst Bilder wie diese entstehen, um Politiker unter Zugzwang zu setzen. Der zynische Satz von Israels Premierminister Benjamin Netanjahu hinterher, „Das passiert im Krieg“, wendet sich plötzlich gegen ihn selbst. Hinter diese Bilder kann die israelische Regierung nicht mehr zurück. Lalzawmi „Zomi“ Frankcom, Damian Sobol und die anderen waren Helfende im Leben und sind es im Tod.