"Ich weiß gar nicht so genau, wofür die Linke steht", gibt einer der Teilnehmer zu, der sich auf den Stühlen im alten Feuerwehrhaus in Stuttgart niedergelassen hat. Sein Freund hat ihn mitgebracht, der ist seit November Mitglied bei der Linken.
Überhaupt sind an diesem Abend viele Anwesende noch gar nicht so lange Mitglieder der Partei. Die Moderatorinnen und Moderatoren des Abends testen das, indem sie die neuen Mitglieder bitten, aufzustehen. Es sind viele Studierende und Azubis sowie Rentnerinnen und Rentner im Publikum.
Die Linke wirbt mit Frieden und sozialer Gerechtigkeit
Wofür die Linke steht, das musste die Partei in den vergangenen Monaten und Jahren ein Stück weit neu ausloten. Sahra Wagenknecht, die einstige Galionsfigur der Linken, hat sich getrennt und ihr eigenes Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) gegründet. Darüber sind viele Neumitglieder in Stuttgart erleichtert. Ihre Ausländerfeindlichkeit habe nicht zur Linken gepasst, erzählen einige.
Und die weiteren Positionen der Linken im Ukraine-Krieg? Die Partei hat dazu ein FAQ online: Keine Panzerlieferungen in die Ukraine, der Krieg nutze der Rüstungsindustrie, es brauche diplomatische Vermittlungen. Eine Aufrüstung in Deutschland sei falsch. Die Linke habe Putins Aggression unterschätzt, heißt es darin.
Fragen und Antworten Bundestagswahl 2025: Aktuelle Umfragen, TV-Duelle, Wahl-O-Mat und mehr
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Auf den Plakaten und auch beim Wahlkampfauftakt in Stuttgart überwiegen allerdings andere Themen: Die Partei sieht sich als "sozial, ökologisch, feministisch", wirbt für eine Deckelung der Mieten und höhere Renten. Wenn der Einkauf zu teuer sei, dann mache ein "Konzern Kasse".
Mehr Neueintritte in die Linke seit Gründung des BSW
Tatsächlich hat es seit der Gründung des BSW Anfang 2024 mehr Eintritte (17.558) in die Linke gegeben als Austritte (8.036). Aktuell liegt sie bundesweit bei 59.390 Mitgliedern. In Baden-Württemberg gab es 2022 und 2023 mehr Austritte als Eintritte in die Linkspartei. Dieser Trend scheint sich 2024 umzukehren. Noch liegen die Zahlen für das letzte Vierteljahr aber noch nicht vor. Es geht aufwärts - zumindest bei den Mitgliederzahlen. Doch ob das bei der nächsten Wahl ausreicht, um noch einmal in den Bundestag einzuziehen?
Aktuell liegt die Linke in Vorwahlumfragen bei drei bis vier Prozent. Luigi Pantisano, Kandidat für die Bundestagswahl im Wahlkreis Stuttgart I, schöpft Hoffnung aus den steigenden Mitgliederzahlen: "Spätestens seit der Spaltung von Wagenknecht und seit wir diesen Konflikt geklärt haben, stehen wir als Linke für Gerechtigkeit, Klimagerechtigkeit und Frieden. Da mache ich mir gute Hoffnungen auf ein gutes Ergebnis am 23. Februar."
Parteitag in Leinfelden-Echterdingen Bundestagswahl: Die Linke wählt Sahra Mirow an Spitze der Landesliste in BW
Die Linke in Baden-Württemberg hat in Leinfelden-Echterdingen ihre Liste für die Bundestagswahl gewählt. Für BW steht die Landesprecherin Sahra Mirow auf Platz eins der Landesliste.
Die Partei versucht außerdem, mit der Aktion "Silberlocke" ausreichend Direktmandate im Bundestag zu erringen. Die sogenannten Silberlocken, das sind Gregor Gysi, Bodo Ramelow und Dietmar Bartsch. Alle über 60 und 70 Jahre alt und damit deutlich älter als die meisten Anwesenden an diesem Wahlkampfauftakt im alten Feuerwehrhaus in Stuttgart. Mit ihnen hat die Linke Pantisano zufolge "gute Aussichten", über die Direktmandate in den Bundestag einzuziehen.
Die Linke will sich gegen einen "Rechtsruck" stellen
Einen Bundestag, "in dem es keine Linke gibt, die sich der AfD und der CDU und allen weiteren, die immer weiter nach rechts rücken, entgegenstellen", könne sich Pantisano nicht vorstellen. An diesem Abend in Stuttgart werden dann von anderen Anwesenden auch Friedrich Merz (CDU), Alice Weidel (AfD) und Björn Höcke (AfD) in einem Atemzug als "Faschisten" tituliert.
Pantisano erklärt, er halte es für falsch, dass Olaf Scholz (SPD) und Merz gegen Geflüchtete, Migranten und arme Menschen treten würden. "Wir akzeptieren diesen Rechtsruck nicht."
Der Wahlkampf geht für die Linke wie auch für alle weiteren Parteien in eine kurze, heiße Phase. Es gilt für die Wahlkämpferinnen und Wahlkämpfer, Inhalte an die Wählerinnen und Wähler zu bringen - damit die Anwesenden im Feuerwehrhaus in Stuttgart sich nicht mehr fragen, wofür die Linke eigentlich steht.