Das Hochwasser habe ihn um den Schlaf gebracht, sagt der neue Ulmer OB Martin Ansbacher (SPD). Der 48-jährige Rechtsanwalt hatte im Dezember überraschend die Stichwahl gegen Amtsinhaber Czisch gewonnen. Seit 1. März ist er Chef im Ulmer Rathaus. Was ihn im neuen Amt herausfordert und was ihn freut, erzählt er im Interview mit dem SWR.
SWR Aktuell: Sie sitzen seit 100 Tagen auf dem Chefsessel im Ulmer Rathaus. Herr Ansbacher, wie geht es Ihnen?
Martin Ansbacher: Es ist genau so, wie ich es mir vorgestellt habe: Schnell, intensiv, anstrengend, aber sehr schön, weil man unglaublich viele Themen auf dem Tisch liegen hat, die man gestalten kann, weil ich auch jeden Tag etwas lerne. Es ist ja nicht so, dass man über alle Themen sofort Bescheid weiß. Und das Allerschönste ist die Begegnung mit den Menschen. Das macht mir am meisten Spaß, weil so viel positive Resonanz kommt, wenn man als Oberbürgermeister mit den Menschen in Kontakt tritt - eine große Verantwortung. Also: Mir geht es gut, auch wenn das letzte Wochenende tatsächlich mit dem Hochwasser sehr anstrengend war und man da wirklich auch mal eine schlaflose Nacht haben musste. Wir sind ja erfreulicherweise gut durchgekommen, aber ansonsten ist es wirklich ein wunderbares Amt.
SWR Aktuell: Das Hochwasser ist ein großes Thema, das Sie als Oberbürgermeister auf jeden Fall auf der Agenda haben werden.
Ansbacher: Das ist die logische Folge aus dieser großen Beeinträchtigung, die wir haben spüren müssen, dass man noch nachschärfen muss. Im Großen und Ganzen war es eine sehr gute Zusammenarbeit zwischen Ulm und Neu-Ulm, auch mit dem Alb-Donau-Kreis. Aber am Freitagabend habe ich sehr schlecht geschlafen. Fazit ist: Der Plan ist aufgegangen, es hat alles gehalten. Es gibt ein paar Schwachstellen, beispielsweise in Wiblingen und Unterweiler, aber insgesamt sind gut wir gut durchgekommen.
SWR Aktuell: Darüber hinaus haben Sie ja viele Antrittsbesuche gemacht in den letzten hundert Tagen. Haben Sie da die Stadt neu kennengelernt?
Ansbacher: Auf eine andere Weise, ja! Ich war ja vorher Stadtrat und SPD-Fraktionsvorsitzender, kannte also viele Personen. Und jetzt bin ich ja Chef der Verwaltung. Das heißt, man muss einen anderen Blick darauf haben, der auch sehr spannend ist. Vor allen Dingen habe ich auch festgestellt, dass wir ein unglaublich stark engagiertes Team in der Stadtverwaltung haben, das wirklich anpacken will für die Zukunft unserer Stadt.

SWR Aktuell: Die Leute sind auch zu Ihnen ins Rathaus gekommen, manchmal mit einer Unterschriftenliste unterm Arm. Das sind dann schon Themen, die vielleicht nicht ganz so angenehm sind. Wie waren die Treffen?
Ansbacher: Das gehört auch dazu. Das war aber trotzdem nicht feindselig, sondern es sind berechtigte Interessen. Es gab eine Willenserklärung an den Oberbürgermeister von 1.500 Menschen, die da unterschrieben haben, das war nicht unangenehm. Es war eine Meinungsäußerung, die man mir entgegengebracht hat, das nehme ich zur Kenntnis. Wir haben es auch abgewogen in unserer Entscheidung über die Unterbringung von Geflüchteten in Wiblingen. Schlussendlich muss ja der Gemeinderat entscheiden. Natürlich gibt es auch kritische Situationen, wo man auch mal gefordert ist, das war jetzt nicht so ein Fall. Und dass man bei der Unterbringung von Geflüchteten anderer Auffassung sein darf, ist auch völlig in Ordnung. Ich sehe das relativ entspannt, nehme es aber sehr ernst.
SWR Aktuell: Es war eines Ihrer Themen im Wahlkampf, dass man den Menschen die Politik besser erklären und mehr Bürgernähe zeigen muss. Konnten Sie das jetzt in den ersten hundert Tagen schon in irgendeiner Form umsetzen?
Ansbacher: Mein Zeitbudget ist ja begrenzt, aber ich werde in meinem Kalender eine Bürgersprechstunde an einem festen Tag einrichten. Um zu sagen: Da könnt ihr kommen und mit mir sprechen. Ihr müsst dann keinen Termin machen. Was ich angekündigt habe, will ich auch umsetzen.
SWR Aktuell: Der Ausbau des Donaustadions ist eine Riesenaufgabe, die jetzt in ihre Amtszeit gefallen ist. Die Freude über den Aufstieg des SSV Ulm 1846 Fußball war groß, jetzt fängt die Arbeit an. Die Bagger sind für die Rasenheizung schon angerückt, aber da haben Sie noch viel Arbeit vor sich, oder?
Ansbacher: Ja, das ist sehr erfreulich, dass Ulm jetzt einen Verein hat, der in der zweiten Bundesliga ist. Ich war auch auf öfters im Stadion. Es liegt auch im Interesse der Stadt, dass die Zweitligatauglichkeit des Donaustadions hergestellt wird. Die Baumaßnahmen laufen schon. Wir gehen da auch in Vorleistung, die Stadt Ulm hilft mit. Und wir hoffen natürlich, dass sich der SSV Ulm Fußball in der zweiten Liga etabliert und weiter dranbleibt. Das ist aber teuer, wir gehen von zehn Millionen in einer gewissen Zeitspanne aus. Wir wollen auch, dass der der SSV Ulm Fußball im Donaustadion spielt.
SWR Aktuell: Wirklich an dem Standort? Das kann ja bei den Spielen für Anwohner wirklich laut werden!
Wenn das Stadion voll ist, sind ja auch 17.000 Menschen da. Es ist auch wichtig für die Stadt, dass man solch ein Renommée vom Fußball her hat. Wir haben natürlich auch den Basketball, der in Ulm sehr stark ist. Also das gehört zu einer Sportstadt dazu.

SWR Aktuell: Schlechte Nachrichten wird es auch mal geben. Da sind der Ulmer Bahnhof und die Zugverbindungen an Schwörmontag noch das kleinere Thema.
Ansbacher: Es ist nicht nur alles rosarot, aber das bringt das Amt mit sich. Man trägt Verantwortung im Guten wie im Schlechten. Dass die Bahnverbindung massiv eingeschränkt wird an Schwörmontag, ist natürlich eine Hiobsbotschaft. Das geht überhaupt nicht, den Bahnhof zuzumachen, das habe ich auch so artikuliert. Wir sind im Gespräch mit der Bahn, ob sie etwas ändern kann, aber ich bin da nicht sehr optimistisch. Es wird versucht, Schienenersatzverkehr anzubieten, aber es soll wohl auch nicht so schlimm werden, wie zunächst mal befürchtet.
SWR Aktuell: Was liegt Ihnen als OB aktuell noch am Herzen?
Ansbacher: Also was als Nächstes kommt, ist die Vorbereitung auf den Schwörmontag. Das ist für mich ganz spannend, weil es mein erster Schwörmontag ist. Und ich habe mich auch mit Ivo Gönner getroffen und ihn gefragt, wie das ist, wenn man zum ersten Mal auf diesen Schwörbalkon tritt. Denn diese Schwörrede ist ja etwas Besonderes, weil es sie seit 75 Jahren in der jetzigen Form gibt. Wir haben auch 75 Jahre Grundgesetz. Also das ist für mich eine große Herausforderung, die Schwörrede gerade jetzt gut auszutarieren. Das ist ein ganz spannender Prozess, ich freue mich darauf.
SWR Aktuell: Kurz nach Ihrem Amtsantritt tauchten plötzlich kleine Plastikentchen im Rathaus auf. Haben Sie den Enten-Verteiler eigentlich gefunden?
Ansbacher: (Herzhaftes Lachen) Ich habe ihn leider nicht ausfindig machen können, aber das fand ich eine sehr, sehr nette Geste. Auf meinem Bildschirm standen auch zwei kleine Entchen. Wie überall im im Rathaus. Eine wirklich witzige Idee. Die hat, wenn man ins Rathaus gekommen ist, einfach ein Lächeln ins Gesicht gezaubert.