Die Universitätsklinik Ulm. An der Universität kommen rund 850 Virologen zusammen. Sie sprechen unter anderem über die Lehren aus der Corona-Pandemie. (Foto: SWR)

850 Virologen und Virologinnen in Ulm

Was wir aus der Corona-Pandemie lernen können

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Jürgen Klotz
Jürgen Klotz (Foto: SWR)
Volker Wüst
Volker Wüst (Foto: SWR, SWR - Alexander Kluge)

Was lernen wir aus der Coronapandemie? Darüber sprechen in Ulm derzeit Virologen aus aller Welt. Der Ulmer Tagungspräsident ist sich sicher: Die nächste Pandemie kommt bestimmt.

In Ulm geht es gerade um spannende Fragen wie: Welche Schlüsse ziehen wir aus der Corona-Pandemie? Und was können wir künftig besser machen? 850 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind dort zur Jahrestagung der Gesellschaft für Virologie zusammengekommen. Sie wollen die Pandemie als Blaupause nehmen - für künftige, ähnliche Szenarien.

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Warum sich Erreger heutzutage schnell verbreiten

Nach der Pandemie ist vor der Pandemie? "Das ist leider nicht unwahrscheinlich", erklärt Professor Thomas Stamminger. Er ist Tagungspräsident und Ärztlicher Direktor am Institut für Virologie an der Uniklinik Ulm. Der Ursprung von Pandemien seien immer häufiger Infektionserreger aus dem Tierreich, die dem Menschen gefährlich würden.

Dann nehme das Übel seinen Lauf, begünstigt durch die dicht besiedelte Welt. Infektionserreger könnten sich immer leichter ausbreiten. Als Katalysator wirke die Mobilität der Bevölkerung, zum Beispiel das Fliegen von Kontinent zu Kontinent. Der Mensch als Taxi für Infektionen. In etwa so müsse man sich das vorstellen.

Der Ulmer Virologe Professor Thomas Stamminger. In Ulm kommen rund 850 Virologen zusammen. Sie sprechen unter anderem über die Lehren aus der Corona-Pandemie. (Foto: SWR)
Nach der Pandemie ist vor der Pandemie. "Das ist leider nicht unwahrscheinlich", erklärt Professor Thomas Stamminger.

Was künftig tun gegen Pandemien?

Was also tun? Stamminger hat Vorschläge, die er auf der Tagung diskutieren will. Ein weltweites Frühwarnsystem etwa. Denn: "Je früher wir Bescheid wissen, desto schneller können Maßnahmen ergriffen werden." Maßnahmen wie lokale Isolation, damit sich Viren erst gar nicht verbreiten.

Wenn das nicht gelinge, spiele der Faktor Zeit auch in einem nächsten Schritt eine wichtige Rolle: möglichst schnell möglichst viele Menschen immunisieren. Es sei nicht gut, wenn auch in Zukunft erst Fabriken gebaut werden müssten, in denen man Impfstoffe herstellen kann.

Das ist bei der Corona-Bekämpfung schlecht gelaufen

Soweit der Blick in die Zukunft. Stamminger zieht auch Schlüsse aus der Corona-Pandemie. Was ist nicht gut gelaufen? Auf Anhieb fällt ihm ein: Ein hochansteckender Erreger, der über Aerosole übertragen werden kann, lasse sich nicht durch Lockdowns eliminieren. Gleichzeitig bremst der Virologe alle strikten Lockdown-Gegner ein, denn: Kontaktbeschränkungen seien notwendig gewesen, da ohne sie das Gesundheitssystem zusammengebrochen wäre.

Und ja, das System: "Die Pandemie hat gnadenlos Schwächen in unserem Gesundheitssystem offengelegt." Zu wenig Pflegepersonal, zu wenig Digitalisierung - womit einem die guten alten Faxe wieder einfallen, die Nostalgikern Tränen in die Augen getrieben haben, ansonsten aber eher zum Heulen waren. Manchmal unleserlich, oft umständlich fand die Kommunikation zwischen Kliniken und Gesundheitsämtern während der Pandemie in Deutschland oft nicht digital, sondern per ausgedruckten Faxen statt.

Diese Rolle spielen die neuartigen Impfstoffe

Eine wesentliche Rolle dürfe nach Einschätzung Stammingers bei künftigen Pandemien den neuartigen Impfstoffen zukommen. "Die mRNA-Impfung wurde als ein neues Werkzeug zur Pandemiebekämpfung etabliert. Die Wissenschaftler sind sich einig, dass dadurch die Zahl der schweren Infektionen deutlich reduziert werden konnte."

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