Die Universitätsklinik Ulm befasst sich mit einem Problem, das bundesweit immer größer wird: Laut dem Robert-Koch-Institut leiden mehr als 15 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland an Übergewicht, rund sechs Prozent sogar an Fettleibigkeit. Ein neues Medikament könnte krankhaft Übergewichtigen helfen.
Starke Gewichtszunahme in der Pubertät
Die 18-jährige Studentin Anna-Lena aus Ulm ist schon seit ihrer Kindheit schwer übergewichtig. In der Pubertät, sagt sie, sei es dann extrem geworden. Sie wog zwischenzeitlich mehr als 100 Kilogramm und versuchte alles Mögliche, um abzunehmen. Aber nichts wirkte auf Dauer.
Aktuell ist sie bei einem Gewicht von rund 80 Kilogramm. Das liegt vor allem an einem neuen Medikament. Es wird auch am Universitätsklinikum Ulm zur Behandlung von starkem Übergewicht eingesetzt. Anna-Lena hat im März vergangenen Jahres mit der Behandlung angefangen. Seit sie das Medikament einnimmt, hat sie mehr als 20 Kilogramm abgenommen.
Medikament bei Adipositas - Gehirn täuscht Sättigungsgefühl vor
Das Medikament hilft nach Darstellung von Melanie Schirmer Patientinnen und Patienten, zunächst tatsächlich Sättigung zu empfinden. Schirmer ist Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin am Universitätsklinkum Ulm.
Es sei bislang das einzige wirksame Medikament, dass Betroffenen zur Unterstützung für die Gewichtsregulation angeboten werden könne, sagt die Medizinerin. Und bislang sei es auch das einzige zugelassene Medikament. Die Krankenkassen übernehmen die Behandlung mit dem Medikament allerdings nicht in allen Fällen.
Eigentlich wurde es für Diabetes-Patientinnen und -Patienten eingesetzt. Dabei hat man herausgefunden, dass es dem Gehirn ein Sättigungsgefühl vortäuscht.
Zusätzlich zur medizinischen Behandlung gibt es Vorgaben für Ernährung und Bewegung, um Gewicht zu reduzieren. Wer sich gesättigt fühle, könne diese Vorgaben auch eher umsetzen, ergänzt die Medizinerin.
Viele Faktoren für Übergewicht
Im Allgemeinen wird Übergewicht oft nicht als Krankheit gesehen, sondern als Schuld, die bei den Betroffenen liegt. Nicht selten werden sie deswegen stigmatisiert.
Aus medizinischer Sicht ist dieses Herangehen häufig falsch, so Melanie Schirmer: "Tatsächlich ist es so, dass schon die Grundkonstitution in den Genen hinterlegt ist." Die Gene spielen beispielsweise auch eine Rolle in Bezug darauf, wie groß wir werden, welche Haarfarbe wir haben.
So sei auch hinterlegt, welcher Typ wir sind. Andererseits spielt auch der Lebensstil eine große Rolle. Und je älter man wird, desto mehr kann man mit einem positiven Lebensstil Gewicht abnehmen, wenn auch nur in einem gewissen Maß.
Für die Ulmer Studentin Anna-Lena hat der Gewichtsverlust jedenfalls nicht nur körperliche, sondern auch seelische Effekte - sie fühlt sich seither deutlich wohler.