Die Uniklinik Tübingen wirbt mit einem witzigen Video um Personal. Der Screenshot zeigt Ärzte im OP. Sie operieren gerade. Es spritzt Blut. (Foto: SWR)

Weil Blut spritzt und Witze über Klinikarbeit gemacht werden

Werbevideo der Uniklinik Tübingen: Begeisterung und Entsetzen

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Sandra Müller
Sandra Müller ist Redaktionsleiterin beim SWR im Studio Tübingen. (Foto: SWR, Jochen Krumpe)
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Michael Hotzel

Die Tübinger Uniklinik sucht Personal über ein YouTube-Video mit Selbstironie und drastischem Humor. Doch was die einen amüsiert, sorgt bei manchen der Beschäftigten für Kritik.

Das Video spart nicht mit Ironie und makabrem Witz: Es spritzt Blut. Im OP macht ein Arzt Selfies. Und mittendrin singt Schlagerstar Dieter Thomas Kuhn. Es zeigt den Arbeitsalltag an der Uniklinik maximal überspitzt und doch ganz nah an der Wirklichkeit. Denn in Hauptrollen sind bekannte Ärzte zu sehen - echte Ärzte - und am Ende sogar der frühere Chef des Klinikums, Michael Bamberg.

Video soll Bewerbern Lust machen auf die Uniklinik

Das Video soll zeigen, dass es am Arbeitsplatz locker zugeht und der Job Spaß macht. So zumindest die Idee. Die Verantwortlichen der Uniklinik wollen neue Wege, um Bewerber anzulocken. Die üblichen Stellenanzeigen würden nicht mehr so viel bringen, sagt Pressesprecherin Bianca Hermle.

Klassische Stellenanzeigen haben schon seit längerer Zeit ausgedient. Doch die offenen Stellen nehmen einfach Überhand. Deswegen haben wir uns dazu entschlossen, ein Video zu machen.

Dass das Video "durchaus polarisierend" sein würde, war der Uniklinik klar und der Titel von Anfang an ironisch: "Kaff mit den Weltstars der Medizin." In drei Minuten wird im Schnelldurchlauf die Uniklinik gezeigt: von der Pathologie, über die Reinigungskräfte, bis hin zur Chefetage - alles überspitzt, alles mit Augenzwinkern.

Klaps auf den Hintern sorgt für Kritik

Manchen Beschäftigten sind die Witze zu derb und der Humor zu schwarz. Eine Szene stößt auf besondere Kritik. Zu sehen sind ein Pfleger und ein Arzt. Der Pfleger gibt dem Arzt einen Klaps auf den Hintern und wirft ihm lustvolle Blicke zu, bevor sie später in einer Besenkammer verschwinden. "Das ist ein No-Go", sagt eine Klinik-Mitarbeiterin, die anonym bleiben möchte, dem SWR. Die Szene würde sexuelle Übergriffe und Machtmissbrauch verharmlosen.

Pressesprecherin Hermle erklärte, die Szene solle nur zeigen, dass dem Universitätsklinikum gleichgestellte Liebe wichtig ist. Eine weitere Pflegerin, Elke Epperlein, sagt im Gespräch mit dem SWR, das sei zynisch. Es sei zwar schön, dass sich nicht "das dumme Blondchen an den Oberarzt ranmache". Dennoch werde die Szene dem Alltag am Tübinger Uniklinikum nicht gerecht. Dass man so etwas überspitzt darstelle, ist für sie "Humor der Verzweifelten."

Wie kann es sein, dass in Spanien der Fußballtrainer der Frauenmannschaft wegen eines sexuellen Übergriffs zurücktreten muss, und die Uniklinik Tübingen baut das in einen ironischen Werbefilm ein?

Viel Diskussion, Erfolg noch offen

Das Video hat an der Uniklinik für viel Interesse gesorgt und wird dort heiß diskutiert. Auch viele Medien haben über das Video berichtet. Auf YouTube hatte es schnell über 100.000 Klicks. Und die Internetseite mit Stellenangeboten der Uniklinik habe seit Veröffentlichung des Videos ein Drittel mehr Aufrufe als üblich, sagt Pressesprecherin Hermle. Eine konkrete Bewerbung sei aber noch nicht eingegangen.

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