Das Ankunftszentrum Ukraine in Meßstetten (Zollernalbkreis) hat seit Ende September geschlossen. Die letzten Geflüchteten sind ausgezogen. Für die Stadt Meßstetten geht damit eine Ära zu Ende - auch für Harald Fritz. Er hat über 250 geflüchteten Ukrainerinnen und Ukrainern Wohnungen vermittelt und einigen sogar einen Job beschafft.
Ukrainerin arbeitet als Näherin in Meßstetten
Valentyna Krasan sitzt an der Nähmaschine. Sie konzentriert sich auf eine Naht, die sie gerade versäubert. Die 33-Jährige arbeitet als Näherin in einer kleinen Polsterwerkstatt. Dass sie hier in Meßstetten einmal einen Beruf finden wird, hat die gelernte Programmiererin vor zweieinhalb Jahren nicht gedacht. Im Februar 2022 ist sie mit ihrem Mann und ihren drei kleinen Kindern aus der Ukraine geflohen und im Ankunftszentrum Meßstetten gelandet.
"Ich wusste, dass ich helfen muss"
Valentyna Krasan war sofort klar: Sie will mit ihrer Familie in Deutschland ankommen und so schnell wie möglich eine Wohnung und eine Arbeit finden. Das hat dann mithilfe von Harald Fritz, dem Beauftragten der Stadt Meßstetten für das Ankunftszentrum Ukraine, auch geklappt.
Den Mann haben im Ankunftszentrum Ukraine nahezu alle gekannt. Fritz selbst bezeichnet sich als "Bindeglied zwischen der Stadt und dem Ankunftszentrum." Der 63-Jährige hat überall da Hand angelegt, wo Hilfe nötig war. Er hat Dolmetscher organisiert, Spenden eingesammelt und Kinder zur Schule gebracht, später dann auch Wohnungen renoviert, eingerichtet und an die Ukrainerinnen und Ukrainer vermittelt. Zweieinhalb Jahre lang war er fast jeden Tag für die Geflüchteten unterwegs - alles ehrenamtlich.
Gleich im Frühjahr 2022 hat Fritz sich als Freiwilliger bei der Stadt gemeldet. Er war gerade frisch pensioniert. "Dann brach der Krieg aus und ich wusste, dass ich helfen muss", sagt er dem SWR. Als ehemaliger Polizist und eingefleischter Meßstetter kennt er sich im Zollernalbkreis aus. Er hat Kontakte zu Menschen und Behörden vor Ort.
Besonders Kinder liegen dem Helfer am Herzen
Mittlerweile ist Harald Fritz zu einem wichtigen Ansprechpartner für die Ukrainerinnen und Ukrainer geworden. In den vergangenen zweieinhalb Jahren hat er über 250 Menschen eine Wohnung besorgt. Vielen hat er auch Arbeit vermittelt. Es war intensiv für den 63-Jährigen und er ist froh, wenn es jetzt wieder ruhiger wird. Aber trotz aller Anstrengung: Er ist dankbar, dass er so vielen Menschen helfen konnte.
Flucht vor Bomben in Kiew
Auch Valentyna Krasan ist dankbar. Sie ist sich sicher: Ohne die Unterstützung von Harald Fritz hätte sie es in Deutschland schwerer gehabt. Sie ist mit ihrer Familie gleich im Februar 2022 aus der Ukraine geflohen. "Als die Bomben geflogen sind wussten wir, dass wir Kiew verlassen müssen", sagt sie dem SWR.
Damals konnte sie kaum Deutsch und hatte Schwierigkeiten, eine Wohnung zu finden. Eines Tages habe sie dann von Harald Fritz gehört. Der sei als Vermittler von Wohnungen unter den Geflüchteten bekannt gewesen. "Dann bin ich eines Tages zu seinem Büro und habe gefragt, ob er mir helfen kann."
Nach der Flucht: Neues Leben in Meßstetten
Und er konnte helfen. Erst hat er eine Wohnung für die Familie gefunden, dann eine Arbeit für Krasan und ihren Mann. Die Kinder sind in der Grundschule, die Eltern verdienen ihr eigenes Geld. Die Krasans sind in Meßstetten angekommen und können sich ein neues Leben auf der Alb aufbauen.
Das sei nicht selbstverständlich, sagt Valentyna Krasan. Sie habe viele Bekannte, die bis heute keinen Fuß in Deutschland fassen konnten. Es sei wertvoll, dass sich Ehrenamtliche wie Harald Fritz in Meßstetten so für sie einsetzen würden, sagt die Ukrainerin.
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Ehemalige Kaserne: Lange Geschichte mit Geflüchteten
Das Ankunftszentrum Ukraine war ein Gemeinschaftsprojekt zwischen dem Regierungspräsidium Tübingen und dem Zollernalbkreis. Über 20.000 Geflüchtete aus der Ukraine sind seit Kriegsbeginn im Februar 2022 in der ehemaligen Zollnernalb-Kaserne angekommen. Von dort wurden sie an verschiedene Orte in Baden-Württemberg geschickt.
Schon vor dem Krieg in der Ukraine haben auf dem einstigen Militärgelände Geflüchtete gelebt. Von 2014 bis 2017 war die Kaserne eine Landeserstaufnahmestelle für Asylbewerber (LEA). Zu Hochzeiten haben dort mehrere Tausend Menschen gelebt. Noch im Januar 2022 hatte das baden-württembergische Justizministerium eine mögliche Reaktivierung der LEA ausgeschlossen.
Industrie- und Gewerbepark geplant
Anfang des Jahres hat die Bundesregierung das Kasernengelände verkauft. In Zukunft soll hier der interkommunale Industrie- und Gewerbepark Zollernalb entstehen. Die letzten Geflüchteten sind im September ausgezogen. Bis Ende Dezember laufen noch Rückbauarbeiten.