Projekte in Vorbereitung

Geothermie am Oberrhein: An diesen Stellen könnte einmal gebohrt werden

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Christine Veenstra

Die Grünen in BW fordern einen schnelleren Ausbau der Geothermie. Das Unternehmen Badenova untersucht zwischen Basel und Offenburg neue Gebiete auf ihr Erdwärme-Potential. Was tut sich aktuell?

"Wir wollen Baden-Württemberg zu einem Tiefengeothermie-Land machen." Dieses Ziel haben die Südwest-Grünen in einem Positionspapier festgeschrieben und auch erste Ideen, wie die Technologie vorangebracht werden könnte, gibt es schon.

Das Land soll Potentialkarten erstellen, damit mögliche Bohr-Standorte schneller identifiziert werden können. Genehmigungsverfahren sollen beschleunigt werden. Und vor allem der Oberrheingraben mit seinem zerklüfteten Untergrund soll dabei im Fokus stehen. Klar ist wohl: Tiefen-Geothermie wird sich am Oberrhein weiter entwickeln. Doch Projekte, die jetzt anlaufen, werden noch Jahre bis zur Realisierung brauchen.

Wo könnte die Technologie schon bald genutzt werden? Und wo erzeugt sie bereits Strom und Wärme? Ein Überblick.

Im Elsass und der Schweiz sind bereits Tiefen-Geothermiekraftwerke in Betrieb. In Südbaden wird noch geprüft, welche Standorte sich eignen könnten. (Foto: SWR)
Im Elsass und der Schweiz sind bereits Tiefen-Geothermiekraftwerke in Betrieb. In Südbaden wird noch geprüft, welche Standorte sich eignen könnten. Bild in Detailansicht öffnen
Geothermie: Die Suche nach heißem Wasser (Foto: SWR)
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Risse in der Kirchenwand (Foto: SWR)
Lange Risse durchziehen die Wand der Friedenskirche in Kehl: In der Grenzstadt haben viele Menschen zu spüren bekommen, dass Tiefen-Geothermie auch Risiken birgt. Ein Projekt der Firma Geoven/Fonroche hatte 2019 und 2020 im Raum Straßburg Erdbeben ausgelöst und viele Gebäudeschäden verursacht. Bild in Detailansicht öffnen

Rund um Lahr und Lörrach: Erlaubnis für Untersuchungen beantragt

Im Raum Lahr und im Raum Lörrach will der Energieversorger Badenova mit seiner Tochter badenovaWÄRMEPLUS nach Potential für die Nutzung von Erdwärme suchen. Badenova hat dafür in diesem Frühjahr eine sogenannte "Aufsuchungserlaubnis" beim Regierungspräsidium Freiburg beantragt. Laut Voruntersuchung ist in den betroffenen Gebieten in einer Tiefe bis 1.400 Metern mit einer Wärme von rund 60 Grad zu rechnen.

Bei Lahr ist das Erlaubnisfeld rund 200 km² groß und beinhaltet die Kommunen Ettenheim, Friesenheim, Kappel-Grafenhausen, Kippenheim, Lahr, Mahlberg, Meißenheim, Rhinau (Frankreich), Ringsheim, Rust und Schwanau. Das Feld um Lörrach ist 160 km² groß und umfasst die Kommunen Binzen, Efringen-Kirchen, Eimeldingen, Fischingen, Grenzach-Whylen, Inzlingen, Kandern, Lörrach, Rheinfelden (Baden) Rümmingen, Schallbach, Steinen, Weil am Rhein und Wittlingen. Badenova rechnet damit, dass die Erlaubnis zu weiteren Vorstudien nach der Sommerpause erteilt wird.

Raum Freiburg: Badenova will im Herbst mögliche Standorte benennen

Im Gebiet rund um Breisach, Merdingen, Freiburg-Munzingen, Schallstadt, Ehrenkirchen, Bad Krozingen und Hartheim (alle Kreis Breisgau-Hochschwarzwald) hat badenovaWÄRMEPLUS bereits die nötige Konzession, um nach heißem Thermalwasser zu suchen. Anfang vergangenen Jahres wurden seismische Messungen durchgeführt. Ähnlich einem Ultraschall liefern sie ein Bild der geologischen Struktur des Untergrunds - bis in 3.000 Meter Tiefe. So kann man sehen, wo heißes Thermalwasser erreichbar ist.

Die Datenmenge, die Badenova gesammelt hat, ist sehr groß. Die Auswertung zieht sich hin. Das Unternehmen hat dem SWR aber mitgeteilt, dass es verschiedene vielversprechende potentielle Zielgebiete gebe. "Wir gehen davon aus, im Spätjahr Klarheit in Sachen Zielgebiete und Standorte zu haben", so Badenova-Pressesprecher Manuel Zimmermann.

Raum Straßburg: Neuer "Player", alter Stand

Im Großraum Straßburg hat die Nachricht vor einiger Zeit für viel Aufsehen gesorgt: Die französische Firma Geoven (ehemals Fornroche), die mit einem Geothermie-Projekt bei Straßburg Erdbeben ausgelöst und viele Gebäudeschäden verursacht hatte, ist aufgekauft worden. Ein Unternehmen aus dem Südwesten Frankreichs, die Averne Group, hat die Firma Geoven/Fonroche, übernommen - samt ihrer Genehmigungen.

Geoven/Fonroche hatte bis zur Übernahme Aufsuchungserlaubnisse für mehrere Gebiete rund um Straßburg inne, zum Beispiel in den Kommunen Eckbolsheim und Hurtigheim. Gebohrt werden durfte dort aber nicht. Nach den Erdbeben hatte die zuständige Präfektur die Projekte im Jahr 2019 gestoppt. Die Präsidentin der Eurometropole, Pia Imbs, rechnet nicht damit, dass es dort bald weitergehen kann. Die Präfektin, die die Entscheidungshoheit hat, habe zuletzt erneut erklärt, dass in den kommenden Jahren keine Geothermie-Projekte realisiert würden.

Neben dem neuen "Player" Averne Group mischt im Großraum Straßburg auch das Unternehmen Électricité de Strasbourg (És) mit. És hatte 2017 ein Tiefen-Geothermieprojekt auf dem Gebiet der Kommune Illkirch begonnen. Bohrungen für einen 3.000 Meter tiefen Brunnen hatte És nach den Erdbeben freiwillig gestoppt. Seitdem ruht auch das Projekt.

Nördliches Elsass: Erdwärme liefert seit Jahren Strom und Wärme

Nördlich von Hagenau tut sich mehr: Dort hat Élecricité de Strasbourg seit Langem zwei Geothermiekraftwerke in Betrieb: Auf dem Gebiet der Kommune Rittershoffen läuft seit 2016 ein Geothermieheizkraftwerk. Das Unternehmen hat dort bis in eine Tiefe von 2.700 Metern gebohrt, um 170 Grad heißes Thermalwasser nutzen zu können. Ein zweites Kraftwerk in Soultz-sous-Fôrets betreibt És gemeinsam mit Energie Baden-Württemberg (EnBW). In Soultz-sous-Fôret wird Thermalwasser aus 5.000 Metern Tiefe angezapft. Kommerziell genutzt wird das Kraftwerk seit 2016. Erzeugt werden 12.000 Megawattstunden Strom pro Jahr, was laut És dem Verbrauch von 2.500 Haushalten entspricht.

Der Norden des Elsass zieht aktuell weitere Geothermie-Firmen an. Dazu zählen die Averne Group, aber auch das Karlsruher Unternehmen Vulcan Energie. Die Firma hat Ende Oktober die Aufsuchungsrechte für ein Gebiet östlich von Hagenau beantragt. Die Entscheidung darüber sei noch nicht gefallen, so das Unternehmen. Üblicherweise dauere die Bearbeitung sechs bis zwölf Monaten, hieß es.

Nördliche Ortenau: Lithium-Firma darf weiter erkunden

In der Ortenau hat Vulcan Energy die Aufsuchungserlaubnis für ein größeres Gebiet inne. Im Sommer wurde sie um zweieinhalb Jahre verlängert. Das heißt, die Firma darf die Böden bis Ende 2025 nach Erdwärme, Sole und Lithium erkunden. Betroffene Gemeinden hatten zwischenzeitlich kritisiert, dass das Unternehmen vor Ort nicht ausreichend informiert habe. Mehrere Gemeinden in der Region haben sich grundsätzlich gegen Geothermie-Projekte positioniert und seismische Messungen auf ihrem Gebiet per Ratsbeschluss verboten.

Die Gemeinde Neuried im Ortenaukreis hatte von einer Firma aus Bayern ein Grundstück zurückgekauft, auf dem eine Tiefengeothermie-Anlage geplant war. Damit hat sich dieses Projekt endgültig erledigt.

Kanton Basel Stadt: Wärmeverbund Riehen will ausbauen

Im schweizerischen Riehen wird seit 1994 Thermalwasser aus rund 1.600 Metern Tiefe zur Wärmegewinnung genutzt. Der Wärmeverbund Riehen (WVR) will seine bestehende Geothermie-Anlage in den kommenden Jahren aber durch eine zweite Anlage ergänzen: mit dem Projekt Geo2Riehen. Anfang 2022 hat der WVR dazu neue Daten zur Beschaffenheit des Untergrunds gesammelt - in Birsfelden, Münchenstein und Muttenz.

Die positiven Resultate zeigten, dass der Untergrund sehr gute Voraussetzungen für eine zweite Geothermieanlage böte, erklärte Matthias Meier, WVR-Geschäftsführer nach Abschluss der Messungen im März. Bis zum Sommer soll nun ein 3D-Modell des Untergrunds finalisiert werden.

Auch auf deutscher Seite der Grenze hat sich der Wärmeverbund Aufsuchungsrechte gesichert, nämlich in Grenzach (Kreis Lörrach). Laut dem Leiter der Landesbergdirektion, Axel Brasse, ist das vorsorglich geschehen. Es gebe hier keine Pläne für ein eigenes Projekt.

Wenige Kilometer entfernt hatte es 2008 infolge von Geothermie-Aktivitäten ein Erdbeben der Stärke 3,4 gegeben. Dort war für das Geothermie-Projekt Deep Heat Mining 5.000 Meter in den Untergrund gebohrt worden. Wie auch in Vendenheim bei Straßburg reichte das Bohrloch bis in das sogenannte Kristallin. In Deutschland wäre das nicht genehmigungsfähig, sagt Axel Brasse von der Landesbergdirektion.

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