In Offenburg findet am 2. und 3. März ein Branchentreffen rund um Geothermie statt. Sie wird von einigen als wichtige Technologie für die Energiewende gesehen. Andere bleiben skeptisch - denn Bohrungen für Tiefen-Geothermieprojekte haben schon Erdbeben ausgelöst, so geschehen im Raum Straßburg. Klar ist wohl: Tiefen-Geothermie wird sich am Oberrhein weiter entwickeln: Wo könnte die Technologie schon bald genutzt werden? Und wo erzeugt sie bereits Strom und Wärme? Ein Überblick.

Raum Freiburg: Badenova will im Herbst mögliche Standorte benennen
Im Gebiet rund um Breisach, Merdingen, Freiburg-Munzingen, Schallstadt, Ehrenkirchen, Bad Krozingen und Hartheim (alle Kreis Breisgau-Hochschwarzwald) hat das Unternehmen "Badenova Wärmeplus" die nötige Konzession, um nach heißem Thermalwasser zu suchen. Anfang vergangenen Jahres wurden seismische Messungen durchgeführt. Ähnlich einem Ultraschall liefern sie ein Bild der geologischen Struktur des Untergrunds - bis in 3.000 Meter Tiefe. So kann man sehen, wo heißes Thermalwasser erreichbar ist.
Die Datenmenge, die Badenova gesammelt hat, ist sehr groß. Die Auswertung zieht sich hin. Das Unternehmen hat dem SWR aber mitgeteilt, dass es verschiedene vielversprechende potenzielle Zielgebiete gebe. "Wir gehen davon aus, im Spätjahr Klarheit in Sachen Zielgebiete und Standorte zu haben", so Badenova-Pressesprecher Manuel Zimmermann.
Raum Straßburg: Neuer "Player", alter Stand
Im Großraum Straßburg hat die Nachricht vor Kurzem für viel Aufsehen gesorgt: Die französische Firma Geoven (ehemals Fornroche), die mit einem Geothermie-Projekt bei Straßburg Erdbeben ausgelöst und viele Gebäudeschäden verursacht hatte, ist aufgekauft worden. Ein Unternehmen aus dem Südwesten Frankreichs, die Averne Group, hat die Firma Geoven/Fonroche, übernommen - samt ihrer Genehmigungen.
Geoven/Fonroche hatte bis zur Übernahme Aufsuchungserlaubnisse für mehrere Gebiete rund um Straßburg inne, zum Beispiel in den Kommunen Eckbolsheim und Hurtigheim. Gebohrt werden durfte dort aber nicht. Nach den Erdbeben hatte die zuständige Präfektur die Projekte im Jahr 2019 gestoppt. Die Präsidentin der Eurometropole, Pia Imbs, rechnet nicht damit, dass es dort bald weitergehen kann. Die Präfektin, die die Entscheidungshoheit hat, habe zuletzt erneut erklärt, dass in den kommenden Jahren keine Geothermie-Projekte realisiert werden.
Neben dem neuen "Player" Averne Group mischt im Großraum Straßburg auch das Unternehmen "Électricité de Strasbourg" (És) mit. És hatte 2017 ein Tiefen-Geothermieprojekt auf dem Gebiet der Kommune Illkirch begonnen. Bohrungen für einen 3.000 Meter tiefen Brunnen hatte És nach den Erdbeben freiwillig gestoppt. Seitdem ruht auch das Projekt.
Nördliches Elsass: Erdwärme liefert seit Jahren Strom und Wärme
Nördlich von Hagenau tut sich mehr: Dort hat Élecricité de Strasbourg seit Langem zwei Geothermiekraftwerke in Betrieb: Auf dem Gebiet der Kommune Rittershoffen läuft seit 2016 ein Geothermieheizkraftwerk. Das Unternehmen hat dort bis in eine Tiefe von 2.700 Metern gebohrt, um 170 Grad heißes Thermalwasser nutzen zu können. Ein zweites Kraftwerk in Soultz-sous-Fôrets betreibt És gemeinsam mit Energie Baden-Württemberg (EnBW). In Soultz-sous-Fôret wird Thermalwasser aus 5.000 Metern Tiefe angezapft. Kommerziell genutzt wird das Kraftwerk seit 2016. Erzeugt werden 12.000 Megawattstunden Strom pro Jahr, was laut És dem Verbrauch von 2.500 Haushalten entspricht.
Der Norden des Elsass zieht aktuell weitere Geothermie-Firmen an. Dazu zählen die Averne Group, aber auch das Karlsruher Unternehmen Vulcan Energie. Die Firma hat Ende Oktober die Aufsuchungsrechte für ein Gebiet östlich von Hagenau beantragt. Die Entscheidung darüber sei noch nicht gefallen, so das Unternehmen. Üblicherweise dauere die Bearbeitung sechs bis zwölf Monaten, hieß es.
Nördliche Ortenau: Konzessionen vergeben, Widerstand groß
In der Ortenau hat Vulcan Energie bereits die Aufsuchungserlaubnis für ein größeres Gebiet inne. Laut der Firma sind dort aktuell aber keine konkreten Geothermie-Projekte geplant. Man führe in der Ortenau weiterhin Gespräche und sei dabei, die Städte, Gemeinden und deren Verantwortliche über das Potential, die Technologie und die Möglichkeiten der regionalen Wärmeversorgung aus erneuerbarer Energiequelle zu informieren, heißt es aus dem Unternehmen. In der Region hatten sich mehrere Gemeinden gegen die Geothermie-Projekte gestellt und seismische Messungen auf ihrem Gebiet per Ratsbeschluss verboten.
Die Gemeinde Neuried im Ortenaukreis hatte von einer Firma aus Bayern ein Grundstück zurückgekauft, auf dem eine Tiefengeothermie-Anlage geplant war. Damit hat sich dieses Projekt endgültig erledigt.
Kanton Basel Stadt: Wärmeverbund Riehen will ausbauen
Im schweizerischen Riehen wird seit 1994 Thermalwasser aus rund 1.600 Metern Tiefe zur Wärmegewinnung genutzt. Der Wärmeverbund Riehen (WVR) will seine bestehende Geothermie-Anlage in den kommenden Jahren aber durch eine zweite Anlage ergänzen: mit dem Projekt Geo2Riehen. Anfang 2022 hat der WVR dazu neue Daten zur Beschaffenheit des Untergrunds gesammelt - in Birsfelden, Münchenstein und Muttenz. "Derzeit läuft noch die Auswertung der Daten", teilte Unternehmenssprecher Erik Rummer mit. "Weitere Informationen erwarten wir auf Ende März 2023."
Auch auf deutscher Seite der Grenze hat sich der Wärmeverbund Aufsuchungsrechte gesichert, nämlich in Grenzach (Kreis Lörrach). Laut dem Leiter der Landesbergdirektion, Axel Brasse, ist das vorsorglich geschehen. Es gebe hier keine Pläne für ein eigenes Projekt.
Das wenige Kilometer entfernt gelegene Basel gilt nach einem Erdbeben der Stärke 3,4 im Dezember 2008 als ungeeignet für tiefe Geothermie. Dort war für das Geothermie-Projekt Deep Heat Mining 5.000 Meter in den Untergrund gebohrt worden. Wie auch in Vendenheim bei Straßburg reichte das Bohrloch bis in das sogenannte Kristallin. In Deutschland wäre das nicht genehmigungsfähig, sagt Axel Brasse von der Landesbergdirektion.