Ein Reh im Wald (Foto: picture-alliance / Reportdienste, Picture Alliance)

Rehe als Gefahr für einen klimastabilen Wald

Steigende Population: Rehe profitieren vom Klimawandel und bedrohen den Waldumbau

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AUTOR/IN
Christoph Regli

Spätestens seit dem Disney-Film Bambi haben Rehe und Hirsche bei vielen Menschen einen besonderen Platz im Herzen. Leider hat Bambi aber auch eine dunkle Seite.

Milde Winter, Trockenheit im Sommer, Stürme: Die Wälder in Südbaden waren in den letzten Jahren teils extremem Wetter ausgesetzt. Davon profitieren vor allem die Rehe, wie eine aktuelle Pressemitteilung aus dem Forstbezirk Hochschwarzwald zeigt. Das kann zum Problem für den heimischen Wald werden.

Milde Winter und Sturmschäden optimal für Rehe

Nach der Ausrottung von Luchs und Wolf haben die Rehe kaum natürliche Feinde mehr. Auch die milden Winter mit wenig Schnee erhöhen die Überlebenschance der Tiere deutlich. Katastrophenflächen, beispielsweise nach einem Sturm, sind mit der danach wachsenden sogenannten Schlagflora eine hervorragende Nahrungsquelle für die Tiere.

Man kann sich ein Sturmloch im Prinzip wie einen Garten vorstellen. Es gibt alles, der Tisch ist gedeckt, man kann sich rundum sattessen.

Die Rehpopulation steigt und das schafft Probleme für den Wald. Wegen ihrem besonderen Magen brauchen Rehe viel und energiereiche Nahrung. Diese finden sie im Winter vor allem in Form von Baumknospen, wie der Leiter des Forstamtes Villingen-Schwenningen, Tobias Kühn, erklärt. Mit den abgefressenen Knospen könne der Baum nicht mehr gerade nach oben wachsen und hätte keine Chance, sich gegen die Nachbarbäume durchzusetzen.

Weißtannen stehen ganz oben auf dem Reh-Speiseplan

Gerade die Weißtanne ist ein wahrer Gaumenschmaus für die Rehe. Im Gegensatz zur Fichte ist der Nadelbaum weniger harzhaltig und schmeckt damit süßer. Genau diese Weißtannen braucht es aber in Zukunft immer mehr. Mit ihren tiefen Wurzeln sind sie weniger anfällig für Stürme und Trockenheit - Wetterextreme, die mit dem Klimawandel in Zukunft häufiger erwartet werden.

Eine gesunde Weißannenterminalknospe, ohne Verbissspuren. (Foto: Forstamt Villingen-Schwenningen)
Eine gesunde Weißannenterminalknospe, ohne Verbissspuren. Bild in Detailansicht öffnen
Eine von Rehen verbissene Weißtannenterminalknospe. (Foto: Forstamt Villingen-Schwenningen)
Eine von Rehen verbissene Weißtannenterminalknospe. Bild in Detailansicht öffnen

Ohne Jagd keine Chance auf ein Wald-Wild-Gleichgewicht

Für Tobias Kühn steht außer Frage, dass die Jagd ein wichtiges Teil im Puzzle eines gesunden Waldes ist. Zwar würden inzwischen mit dem Wolf, dem Luchs und dem Goldschakal wieder einzelne natürliche Feinde der Rehe im Schwarzwald-Baar-Kreis unterwegs sein, gerade mit Blick auf das Schadpotential der Wölfe in der Landwirtschaft werde dies das Problem aber nicht lösen. Ein Einzelschutz von jungen Bäumen, beispielsweise mit Wuchsschutzhüllen, sei teuer und pflegeintensiv.

Einen Waldbau ohne konsequente Bejagung kann man sich direkt sparen. Die Rehe sind clever und haben einen breiten Speiseplan, sodass sie alle waldbaulichen Bemühungen torpedieren, wenn es zu viele davon gibt.

Zusammenarbeit von Forst und Jagd unverzichtbar

Dunja Zimmermann ist die Kreisjägermeisterin der Jägervereinigung Schwarzwald-Baar-Kreis. Sie setzt sich vor allem für eine waidgerechte Jagd ein. Eine Verkürzung der Schonzeit für Rehe, wie sie gerade diskutiert wird, lehnt sie persönlich ab. Wichtig sei die ständige Kommunikation und eine gute Zusammenarbeit zwischen Forstamt und den Jägern, so Zimmermann. Nur so könne man auch in der Zukunft einen gesunden Wald- und Wildbestand sichern.

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