Mehrere Dutzend Menschen haben in Südbaden gegen den Bau neuer Gleise für schnelle ICE-Züge auf der Rheintalbahn demonstriert. Es gab Aktionen an den Bahnhöfen in Schallstadt (Kreis Breisgau-Hochschwarzwald) und in Ringsheim (Ortenaukreis). In Ringsheim entzündeten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ein Mahnfeuer. Weitere Kundgebungen gegen Bahnprojekte gab es am Samstag unter dem Motto "Bürgerbahn statt Größenwahn" in ganz Deutschland.
Pläne der Bahn zwischen Lahr und Kenzingen
In Südbaden ging es um die geplanten zwei zusätzlichen Gleise neben den bestehenden Gleisen der Rheintalbahn auf der Strecke südlich von Lahr (Ortenaukreis) bis Kenzingen (Kreis Emmendingen). Hier sollen ICE dann 250 Stundenkilometer schnell fahren können.
Zwischen Lahr und Kenzingen sollen die bestehenden Gleise im Zuge der Bauarbeiten für den Nahverkehr fünf Jahre lang gesperrt werden – von 2036 bis 2041. Es sollen dann nur Busse fahren. In einem anderen Projekt werden an der Autobahn A5 in der Region ebenfalls zwei neue Gleise verlegt. Sie sollen aber vor allem für den Güterverkehr genutzt werden.
Pläne der Bahn im Raum Freiburg
Im Freiburger Süden ist für den Ausbau der bestehenden Rheintalbahn ein neuer Tunnel unter dem Batzenberg bei Schallstadt geplant, ebenfalls für schnelle ICE. Denn die Strecke verläuft in dem Bereich recht kurvig. Das zwinge die Züge, langsamer zu fahren, heißt es von der Deutschen Bahn. Ein Tunnel soll die Streckenführung verbessern - der sogenannte Batzenbergtunnel ist nach aktuellen Planungen der Bahn die Variante der Wahl.
Die Pläne für neue Hochgeschwindigkeitstrassen sorgen für Kritik in der Region. Die Interessengemeinschaft Bahnprotest an Ober- und Hoch-Rhein (IG BOHR) hält das Vorhaben für überteuert und wenig sinnvoll. "Wir sind gegen Rennstrecken, denn die kosten viel Geld und machen bei uns keinen Sinn", sagte Roland Diehl von der IG Bohr dem SWR am Samstag. Hohes Tempo sorge unter anderem für mehr Lärm und einen schnelleren Verschleiß der Strecken. Die Zeitersparnis sei dagegen viel zu gering.
"Der Kunde will mehr Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit und Komfort." Die Bahn solle stattdessen lieber Bahnhöfe ausbauen und den Nahverkehr verbessern. Gegen die Neubaustrecke der Rheintalbahn sei man ausdrücklich nicht, betonte Diehl, denn da gehe es in erster Linie um den Güterverkehr. Die Kritik richte sich gegen den Ausbau der Strecke.
So berichtete SWR Aktuell Baden-Württemberg im Januar über den Stand der Bauarbeiten auf der Rheintalstrecke:
Bahn: Projekte zum "Wohl der Allgemeinheit"
Ein Bahnsprecher betonte in einer Stellungnahme, dass die Planungen für den Bahnausbau bei Freiburg noch in einer frühen Phase seien. Voraussichtlich im vierten Quartal werde die Bevölkerung bei "Info-Märkten" über die genauen Pläne informiert. Solche Veranstaltungen hatte es vergangenes Jahr auch in Kenzingen und Lahr gegeben.
Grundsätzlich dienten "große Infrastrukturvorhaben wie das unsere (...) dem Wohl der Allgemeinheit", hieß es von dem Sprecher. Weil davon aber auch immer Menschen individuell betroffen seien, gebe es die Planfeststellungsverfahren: Dabei gelte es "alle von dem Bauvorhaben betroffenen öffentlichen und privaten Belange und widerstrebende Interessen" abzuwägen. Dazu gehöre, dass Betroffene beteiligt und angehört würden, um Lösungen zu finden, mit denen alle leben können.
Landesverkehrsministerium sieht Entlastung
Das Verkehrsministerium Baden-Württemberg erklärt in einer schriftlichen Stellungnahme, dass durch das Projekt eine Entlastung der bestehende Strecke durch zwei neue Gleise für den Güterverkehr geschaffen werde. Außerdem schaffe es so nutzbare Kapazitäten für den Schienenpersonennahverkehr, gleichzeitig würde die Bestandsstrecke abschnittsweise für Geschwindigkeit von bis zu 250 km/h ertüchtigt werden. Wörtlich heißt es weiter, "...dem Ministerium für Verkehr sind die Argumente der Bürgerinitiativen bekannt, nicht zuletzt aus der regelmäßigen Teilnahme von Vertreterinnen und Vertreter der Bürgerinitiativen in den Gremien, die das Projekt ABS/NBS Karlsruhe/Basel begleiten. Das Ministerium für Verkehr begrüßt das gesellschaftliche Engagement der Bürgerinitiativen."
Protest auch gegen andere Bahnprojekte in Deutschland
Der Ausbau der Rheintalbahn zwischen Karlsruhe und Basel ist ein milliardenschweres Mammutprojekt. Es hat eine lange Geschichte - und eine internationale Dimension: Die Bundesrepublik hatte sich 1996 gegenüber der Schweiz dazu verpflichtet, die Rheintalbahn als Zulaufstrecke zu den Alpen-Eisenbahntunneln am Lötschberg und am Gotthard viergleisig zu erweitern.
Als Teil der Verkehrswende plant die Bahn bundesweit den Ausbau von Hochgeschwindigkeitstrassen, etwa zwischen Frankfurt und Mannheim oder für das Jahrhundertprojekt Brennertunnel, der Deutschland, Österreich und Italien besser vernetzen soll. Immer wieder verzögern Bürgerinitiativen mit Einsprüchen und Protesten die Projekte.