Im Kampf gegen den Fachkräftemangel setzen immer mehr südbadische Firmen auf Betriebs-Kitas. Ein bürokratischer Kraftakt, der sich für einige Unternehmen aber lohnt.
Mit Mamas Firmenschlüssel öffnet sich die Tür der Klaus-Grohe Kita - wie cool ist das denn! Der kleine Eyk rennt freudig in seine Gruppe. Seine Mutter erzählt, wie entspannt ihr Berufsleben geworden ist, seit die Betriebs-Kita im September 2023 eröffnet hat. Vorher habe sie ihren Sohn schon um 13 Uhr abholen müssen, da sei in der örtlichen Kita nämlich "Feierabend" gewesen. Auch Miriam Tschaar ist erleichtert, ihre beiden Kinder seien hier bis 17 Uhr betreut, bekämen in der Betriebs-Kita sogar drei frische Mahlzeiten. Nun könnten sie und ihr Mann endlich wieder in Vollzeit bei Hansgrohe arbeiten.
Die Investition lohnt sich für den Sanitärhersteller
Um junge Mütter früher in den Beruf zurückzuholen, hat das Schiltacher Unternehmen die Investition gewagt. Mitarbeiterbindung sei in Zeiten von Fachkräftemangel sehr wichtig, findet Personalvorständin Sandra Richter. Wenn junge Mütter für drei oder mehr Jahre in Elternzeit gingen, sei es für das Unternehmen sehr schwierig, für die kurze Zeit Ersatz auf dem Arbeitsmarkt zu finden. "Deswegen rechnen wir das gar nicht so sehr in Geld auf."
Im Kampf gegen Fachkräftemangel steht das Thema Betriebs-Kita bei vielen Unternehmen auf der Agenda. Auch um sich ein frauenfreundliches Image zu geben. Beschäftigte sprechen sich oft für die Gründung einer Betriebs-Kita aus. Denn das Problem fehlender Kita-Plätze verschärft sich. In Baden-Württemberg fehlen laut Bertelsmann-Stiftung etwa 60.000 Kita-Plätze. Das sind noch einmal 1.500 mehr als im letzten Jahr.
Kann die Wirtschaft verfehlte Familienpolitik ausgleichen?
Mindestens 500 Mitarbeitende sollte eine Firma haben, damit sich die Investition rechne, sagt Christoph Münzer, Geschäftsführer vom Wirtschaftsverband Industrieller Unternehmen Baden in Freiburg. Ein Unternehmen müsse zudem gut verdienen, in der derzeitigen Rezession gelte das nicht für viele. Verfehlte Familienpolitik könne die Wirtschaft nicht ausgleichen.
Eine Kita-Gründung ist ein enormer Kraftakt
Doch immer nur auf den Staat zu zeigen, helfe auch nicht weiter, entgegnet Personalvorständin Sandra Richter von Hansgrohe. Es sei allerdings ein enormer Kraftakt, eine Kita zu gründen. In Schiltach gelang das dank starker Partner. Betrieben wird die Kita von einem privaten Träger, die Kosten teilen sich die Stadt Schiltach und Hansgrohe.
Von der Idee bis zur Eröffnung vergingen nur vier Jahre - erstaunlich bei dem bürokratischen Aufwand. Mit 18 Behörden habe sie sich austauschen müssen, erzählt Sandra Richter, vom Bau- bis zum Gesundheitsamt. Doch ihre Mitarbeiterinnen könnten nun in Ruhe ihren Job machen. Das gute Gefühl langer und verlässlicher Kita-Öffnungszeiten sei jede Anstrengung wert.