Landgericht Stuttgart: Die Angeklagte verdeckt ihr gesicht zum Prozessauftakt. (Mann auf Auto mitgeschleift) (Foto: SWR, Katja Trautwein)

Mann auf Motorhaube mitgeschleift

Prozess gestartet: Frau aus Reichenbach/Fils soll Partner überfahren haben

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Katja Trautwein
Katja Trautwein (Foto: SWR)
Deborah Kölz
Porträt Reporterin Deborah Kölz (Foto: SWR)

Ein Streit in Reichenbach an der Fils endete im Mai tödlich. Deshalb muss sich eine 34-jährige Frau seit Montag vor dem Landgericht Stuttgart verantworten.

Nach einem Angriff mit dem Auto auf ihren ehemaligen Lebensgefährten muss sich eine 34-Jährige seit Montag wegen Totschlags vor Gericht verantworten. Sie soll den Mann Ende Mai nach einem Streit zunächst angefahren, über fast zwei Kilometer hinweg auf der Motorhaube ihres Autos mitgetragen und mitgeschleift haben, bis er auf einer Landstraße zu Boden stürzte. Der Mann erlag später seinen schweren Kopfverletzungen.

Rückblick: Frau hat Mann nach Streit angefahren

Die Ereignisse haben sich laut Anklage der Staatsanwaltschaft in der Nacht des 30. Mai 2023 abgespielt. Die angeklagte Frau soll sich nach einem Streit mit ihrem ehemaligen Lebensgefährten bedroht gefühlt haben. Deshalb habe sie sich ins Auto gesetzt, um wegzufahren. Der Mann habe sich ihr dann in den Weg gestellt. Danach soll die Angeklagte ihn absichtlich mit ihrem Auto angefahren haben. Er klammerte sich aber offenbar an das Fahrzeug. Trotzdem fuhr die Frau mit bis zu 50 Kilometern pro Stunde aus dem Ort hinaus.

Auf der Straße zwischen Reichenbach/Fils Richtung Plochingen soll der 32-Jährige dann von der Motorhaube gerutscht sein und die Angeklagte soll ihn überfahren haben. Der Mann wurde von Passanten schwer verletzt am Ortsrand von Reichenbach gefunden und erlag später seinen Verletzungen. Die Angeklagte soll zuerst weitergefahren sein, nachdem sie den Mann überfahren hatte, kam dann aber in Begleitung zum Unfallort zurück und stellte sich der Polizei.

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Angeklagte hat Erinnerungslücken - Richter erstaunt

Scheinbar konnte sich die Angeklagte vor Gericht nicht mehr genau erklären, was in der Nacht passierte. Weshalb selbst der Richter noch einmal nachfragte: "Der hing unter Ihrem Auto und wurde mitgeschleift. Und das haben Sie nicht gemerkt?" Unter Tränen sagte die Frau aus, dass der Mann doch hätte loslassen sollen. Sie räumte aber auch ein, dass sie hätte stehen blieben sollen. "Ich würde alles tun, dass er noch lebt. Ich wollte ihm nie etwas tun", so die Angeklagte vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft wirft ihr vor, den Tod ihres ehemaligen Lebensgefährten "billigend in Kauf genommen" zu haben.

Landgericht Stuttgart: Die Angeklagte verdeckt ihr gesicht zum Prozessauftakt. (Mann auf Auto mitgeschleift) (Foto: SWR, Katja Trautwein)
Die Angeklagte gilt als vernehmungsfähig. Das hat ein Experte extra bestätigt.

Verhältnis von Opfer und Angeklagter war offenbar schwierig

Die Schwester des Verstorbenen ist in dem Prozess als Nebenklägerin und Zeugin dabei. Der Presse gegenüber sprach sie von einer "On-Off-Beziehung" zwischen ihrem Bruder und der Angeklagten. Laut einem Sprecher der Staatsanwaltschaft Stuttgart konnte bei den Ermittlungen nicht festgestellt werden, ob die beiden Personen zum Tatzeitpunkt liiert waren oder nicht.

Die Angeklagte selbst sagte aus, dass die Beziehung konfliktreich war, sie sich aber häufig sahen. Sie hätten beide Drogen konsumiert. Und obwohl er nicht gewalttätig geworden sei, habe sich die Frau von ihm bedroht gefühlt.

Angeklagte für verhandlungsfähig erklärt

Die 34-jährige Angeklagte wurde zum Prozessauftakt als verhandlungsfähig eingestuft. Das wurde von einem Sachverständigen vor Gericht bestätigt. Auch die Angeklagte selbst wolle, dass der Prozess nun beginne, teilte ihr Verteidiger mit. Die Frau war anfangs zur Untersuchungshaft in einem Gefängnis untergebracht. Zuletzt wurde sie in das Justizvollzugskrankenhaus Hohenasperg (Kreis Ludwigsburg) verlegt.

Die Anklage der Staatsanwaltschaft lautet: Verdacht auf Totschlag und einen vorsätzlichen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart erwartet daher eine Strafe von mindestens fünf Jahren.

Nach der Verlesung der Anklage kam es am ersten Prozesstag zu einer einstündigen Unterbrechung der Verhandlung. Grund: Der Verteidiger hat nach eigenen Angaben erst zehn Minuten vor Prozessbeginn ein erwartetes Gutachten erhalten. Das wolle er mit der Angeklagten erst noch einmal anschauen.

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