Nach massivem Druck aus Partei und Fraktion wird Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl bei der anstehenden Wahl zum CDU-Landesvorsitzenden im November nicht mehr antreten. Das hat er am Montagmittag in einer Pressekonferenz in Stuttgart bestätigt: "Beim kommenden Landesparteitag in Reutlingen werde ich mich nicht erneut um das Amt des Landesvorsitzenden bewerben." Er ergänzte: "Ich trete beiseite und arbeite in der Mannschaft weiter."
Strobl gab am frühen Montagnachmittag eine Erklärung ab:
Strobl spricht von "souveräner Entscheidung"
Es sei eine "souveräne Entscheidung" gewesen. Er werde weiter als Minister und Vize-Regierungschef arbeiten. "Ich werde alles dafür tun, dass wir eine stabile Landesregierung haben." In den vergangenen Wochen habe er "liebevolle und intensive Gespräche" geführt, es habe ihn niemand unter Druck gesetzt, beteuerte er.
Nach SWR-Informationen ist Strobl allerdings seit Wochen von führenden Mitgliedern der Fraktion und der Partei gedrängt worden, für Hagel Platz zu machen. Ein anderes Führungsmitglied, das Strobl nahe steht, sprach sogar von "Mobbing". Strobl führt den Landesverband seit 12 Jahren.
Die CDU in Baden-Württemberg bekommt einen neuen Chef. Dazu der Bericht aus den SWR Aktuell Fernsehnachrichten vom 25. September:
Fraktionschef Hagel soll im November übernehmen
Offiziell lief allerdings alles im Einvernehmen. CDU-Generalsekretärin Isabell Huber verkündete, dass Strobl in den Gremien Fraktionschef Hagel als neuen Parteivorsitzenden vorgeschlagen habe. Hagel selbst lobte Strobl für seine langjährige Führungsarbeit in der Landes-CDU. Er sagte, er habe "Lust auf‘s Gestalten", zu einer Kandidatur äußerte er sich aber noch nicht. An diesem Mittwoch kämen der Landesvorstand und die Kreisvorsitzenden zu einer Sitzung zusammen - teilweise in Präsenz, teilweise online.
Es dürfte also demnächst bei der Landes-CDU zum Generationswechsel kommen. Der 35-jährige Hagel gilt vielen in Landtagsfraktion und Partei als Hoffnungsträger.
Henning Otte aus der SWR-Redaktion Landespolitik erklärt die Hintergründe zum Strobl-Rückzug:
Hagel von jetzt an unter genauer Beobachtung
Es gilt als wahrscheinlich, dass Hagel mit der Übernahme des Parteivorsitzes auch die Spitzenkandidatur bei der Landtagswahl im Frühjahr 2026 anstrebt. Allerdings gab es in der Partei auch skeptische Stimmen, ob es richtig ist, den Wechsel schon jetzt zu vollziehen. Denn somit steht Hagel zweieinhalb Jahre vor der nächsten Wahl stark unter Beobachtung.
Druck auf Strobl wegen Polizei-Affäre gestiegen
Allerdings war der Druck auf Strobl zuletzt enorm gestiegen. Schon vor zwei Jahren hatte er bei seiner Wiederwahl als Parteichef starke Stimmenverluste erlitten und nur 66,5 Prozent erhalten - und das, obwohl er die CDU nach der Wahlniederlage unter Spitzenkandidatin Susanne Eisenmann erneut in eine grün-schwarze Koalition geführt hatte.
Damals war er ohne Gegenkandidaten angetreten. Es gilt als mehr als zweifelhaft, dass er nochmal gewählt worden wäre, wenn er etwa gegen Hagel angetreten wäre. Grund dafür war auch die Affäre um den Inspekteur der Polizei, die einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss nach sich zog.
Porträt des langjährigen CDU-Landeschefs Trotz zahlreicher Tiefschläge: BW-Innenminister Strobl kämpfte sich immer zurück
Aus dem Bundestag kam Strobl zurück nach Stuttgart, wurde zum Stabilisator von Grün-Schwarz und Vertrauten Kretschmanns. Doch die eigenen Leute konnte er nie von sich begeistern.
Wechsel hat Folgen für die Zusammenarbeit von Grün-Schwarz
Für die Arbeit der Regierung unter Kretschmann dürfte der Wechsel Auswirkungen haben. Strobl gilt als Vertrauter des Ministerpräsidenten. Den beiden Politikern gelang es immer wieder, Streitigkeiten zwischen Grünen und CDU hinter den Kulissen zu lösen.
Zwar muss es für Hagel als Fraktionschef auch ein Anliegen sein, dass die Koalition funktioniert. Doch der junge CDU-Mann muss sich profilieren und bekannt machen. Zuletzt wurde das deutlich, als ein Papier mit Forderungen nach einer schärferen Flüchtlingspolitik vorlegte.
Hagel gilt als politischer Ziehsohn von Strobl. Der Innenminister machte den Landtagsabgeordneten 2016 zum Generalsekretär der Partei. Doch die Beziehung wird von vielen in der Partei als angespannt beschrieben.
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SPD: "CDU geht es nur um Machterhalt"
Der Fraktionsvorsitzende der FDP im Land, Hans-Ulrich Rülke, kritisierte im Gespräch mit dem SWR, dass die CDU durch Thomas Strobl in der aktuellen Landesregierung der reine Erfüllungsgehilfe der Grünen sei. Von Manuel Hagel erwartet Rülke, dass er sein eigenes Selbstbewusstsein entwickle und Themen vorantreibe, die den Grünen nicht gefallen. Rülke sieht die FDP aber noch nicht als Koalitionspartner für eine neue Landesregierung unter Führung der CDU. Dennoch könne er sich eine solche Regierung vorstellen, da die FDP der CDU inhaltlich näher stehe als den Grünen, so Rülke.
Die Landes-SPD warf der CDU vor, dass es ihr nur um den Machterhalt gehe. Generalsekretär Sascha Binder sagte, schon lange habe sich angedeutet, wie wenig Zeit in politisches Handeln und wie viel Zeit für Erbstreitigkeiten verwendet würde: "Wenn es Hagel um das Land gehen würde, hätte er endlich einen Wechsel im Innenministerium umgesetzt." Dafür fehle ihm der Mut, so Binder. Grüne und CDU hätten nicht die Bürgerinnen und Bürger, sondern nur die nächste Landtagswahl im Blick.