Laut einer Umfrage der Stiftung Familienunternehmen von Anfang dieser Woche planen 25 Prozent der Unternehmen in Deutschland Stellen zu streichen. Im April waren es noch 14 Prozent. Die Umfragen wurden vom ifo-Institut im Auftrag der Stiftung durchgeführt. Was das für die Unternehmen in Baden-Württemberg bedeutet, lässt sich davon aber offenbar nicht einfach ableiten.
Lobbycontrol sieht Aussagekraft der Umfrage kritisch
Für die Demokratie-Initiative Lobbycontrol ist der Herausgeber der Umfrage nicht transparent. "Die Stiftung Familienunternehmen ist keinesfalls die Stimme aller Familienunternehmen und schon gar nicht von kleineren Familienunternehmen", sagte Politikwissenschaftlerin Christina Deckwirth von Lobbycontrol dem SWR. Die Stiftung vertrete ausschließlich große Familienunternehmen und stehe damit für Personen mit großem Reichtum. "Die Stiftung fällt immer wieder als mächtiger Lobbyakteur gegen Besteuerung von Reichtum auf. Um die Aussagekraft der Umfrage bewerten zu können, ist es wichtig zu wissen, welche Unternehmen befragt wurden", so die Medien- und politische Sprecherin der Initiative.
Dem SWR liegt die Umfrage der Stiftung Familienunternehmen nicht vor, lediglich die Pressemitteilung darüber. Auch auf Nachfrage wurde diese von der Stiftung nicht übermittelt. Laut Stiftung wurden die Namen der Unternehmen nicht erfasst.
Kein Rückschluss auf Baden-Württemberg möglich
Laut Mittelstandsbericht des Landes ist jede zweite sozialversicherungspflichtig beschäftigte Person in BW bei einem mittelständischen Betrieb angestellt. Gerade Familienunternehmen sind demnach im Land ein wichtiger Wirtschaftsfaktor: Im Land gibt es knapp 500.000 kleine und mittlere Unternehmen. Der Online-Statistik-Plattform Statista zufolge gibt es davon in ganz Deutschland gut zwei Millionen.
Auf direkte Anfragen bei Betrieben im Land, wie sie die Arbeitsplatzsituation bewerten, antworteten einige nicht, andere wollten sich dazu nicht äußern. Der IG Metall Bezirk BW sind bisher keine Firmen bekannt, die aufgrund der Energiekrise Arbeitsplätze abbauen wollen. Das sagte eine Sprecherin der Gewerkschaft am Dienstag dem SWR.
Keine Kündigungen bei Textilunternehmen Trigema
Trigema-Chef und -Inhaber Wolfgang Grupp sieht offenbar keine Gefahr für die Arbeitsplätze in seinem Unternehmen. Auf eine Anfrage des SWR sagte er, in seinen 53 Jahren als Inhaber und alleiniger Geschäftsführer der Firma Trigema habe er in allen schwierigen Situationen Arbeitsplätze garantiert und "werde diese selbstverständlich auch in der jetzigen, wahrscheinlich schwierigsten Krise garantieren", so Grupp. Selbstverständlich erwarte er von der Politik, dass sie in dieser Situation ihre Entscheidungen so treffe, "dass die Wirtschaft auch weiterhin existieren kann".
Textilunternehmen muss Energie sparen Trigema-Chef aus Burladingen erwägt Arbeitszeitumstellung
Die Gaspreise haben sich für Trigema verzehnfacht, so Chef Wolfgang Grupp. Doch momentan habe er genügend Rücklagen. Trotzdem überlegt er, die Maschinen wochenends ruhen zu lassen.
Viele Unternehmen sehen keine Stellen in Gefahr
Ein Sprecher der Medizinproduktefirma Paul Hartmann AG in Heidenheim an der Brenz teilte auf SWR-Anfrage mit, aufgrund der Energiekrise seien keine Maßnahmen geplant. Auch die Robert Bosch GmbH in Gerlingen (Kreis Ludwigsburg) sieht seine Angestellten nicht durch die Energiekrise bedroht. Ein Sprecher sagte dem SWR, das Unternehmen beziehe zwar "Energieträger wie andere Unternehmen am Energiemarkt", daher könne man sich allgemeinen Markt- und Preisentwicklungen auch nicht entziehen - derzeit könne man die Fertigungs- und Betriebsstätten aber versorgen.
Jahresbilanz des Autozulieferers Steigende Kosten belasten Bosch-Ergebnis für 2022
Der Technologiekonzern Bosch steht unter hohem Kostendruck, das Renditeziel werde das Vorjahresniveau nicht erreichen. Eine Rolle spielten dabei der Ukraine-Krieg und die Corona-Pandemie.
Bei Würth in Künzelsau gibt es nach Angaben einer Sprecherin keinen Grund über einen Abbau von Arbeitsplätzen nachzudenken. Im Gegenteil: Bei der Würth-Gruppe Deutschland gebe es derzeit knapp 800 offene Stellen.