"Es hätte nicht besser laufen können." So bewertete die Spitze der AfD in Baden-Württemberg die Bundeswahlversammlung an diesem Wochenende. Die Veranstaltung lief diszipliniert ab. Es gab keine Diskussionen und keine chaotischen Szenen - anders als in der Vergangenheit.
Bei ihrem zweiten Parteitag in Ulm stellte die AfD am Wochenende ihre Liste für die Bundestagswahl im kommenden Jahr zusammen. Wie erwartet, ging am Samstagabend der erste Listenplatz an Alice Weidel, Co-Bundesvorsitzende der AfD. Sie ist damit Spitzenkandidatin für Baden-Württemberg. Weidel äußerte sich erleichtert: "Es ist ein sehr, sehr starkes Signal, mit den sehr guten Ergebnissen nach Berlin zu gehen."
Ursprünglich hatte die AfD insgesamt drei Wochenenden für die Aufstellung der Liste vorgesehen. Nach ihrem letzten chaotischen Parteitag in Rottweil zeigte sich die Partei in Ulm aber organisierter, so dass die Liste mit den 25 Kandidatinnen und Kandidaten nun schon fertig wurde. Nach Angaben der AfD nahmen am Sonntag 672 Mitglieder am Parteitag teil. Davon sei etwa ein Drittel neu in der Partei.
Erster Tag auf dem AfD-Parteitag verläuft reibungslos
Der erste Tag verlief streng nach Plan. Weidel wurde für den ersten Listenplatz vorgeschlagen und setzte sich mit 87,7 Prozent der Stimmen durch. Wegen der starken Umfragewerte der Partei wäre Weidel damit Stand jetzt ein Platz im Bundestag sicher. Platz zwei der Liste ging an den Co-Landesvorsitzenden Markus Frohnmaier, der für den Wahlkreis Böblingen im Bundestag sitzt. Ihm folgen die Bundestagsabgeordneten Martin Hess aus dem Wahlkreis Ludwigsburg und Marc Bernhard aus dem Wahlkreis Karlsruhe-Stadt. Bernhard fiel mit scharfen Worten auf: Wenn die AfD regiere, kämen Robert Habeck (Grüne), Annalena Baerbock (Grüne) und Olaf Scholz (SPD) auf den "Misthaufen der Geschichte".
Spaniel kündigt Austritt aus AfD an
Aktuell sitzen zehn Abgeordnete der AfD Baden-Württemberg im Deutschen Bundestag. Eine Kampfkandidatur um Platz fünf ging zugunsten des Landtagsabgeordneten Ruben Rupp (Schwäbisch Gmünd) aus. Der Bundestagsabgeordnete, frühere Landesvorsitzende und Weidel-Gegner Dirk Spaniel hatte sich ebenfalls um den fünften Listenplatz beworben. Spaniel teilte dem SWR am Sonntag mit, er werde aus der AfD austreten. "Heute jedenfalls nicht, irgendwann schon", schrieb er.
SWR-Reporter Christian Susanka berichtete am Samstag live vom AfD-Parteitag in Ulm:
All-inclusive für AfD-Mitglieder auf dem Parteitag
Vor dem Parteitag sollten Rundum-sorglos-Pakete mit Vesper, Busfahrt, Hotel und Taschengeld die Mitglieder der AfD auf den Parteitag nach Ulm locken. In einer Mail, die dem SWR vorliegt, heißt es: "Um Ihnen die Teilnahme am Parteitag zu erleichtern, haben wir bereits Zimmer reserviert und organisieren Fahrgemeinschaften."
Zusätzlich gab es für jeden, der zum Parteitag ging und wählte, einen finanziellen Anreiz, beide Parteitage durchzuhalten. So steht in der Mail: "Darüber hinaus hat der Kreisvorstand beschlossen, allen Mitgliedern einen Reisekostenzuschuss in Höhe von 50 Euro pro Parteitag in Ulm, zur Verfügung zu stellen. Sollten Sie ein Hotelzimmer benötigen, können Sie sich ebenfalls an uns wenden."
Frohnmaier wies die Vorwürfe der Einflussnahme am Sonntag zurück: Busfahrten zu organisieren, das gehöre zur Aufgabe der Kreisverbände, Geld für die Teilnahme am Parteitag gebe es bei der AfD Baden-Württemberg nicht.
Mails mit Wahlempfehlungen sorgen für Kritik
Die Mails dienten jedoch nicht nur der Gewinnung hoher Teilnehmerzahlen. In ihnen versteckten sich dezente oder sogar direkte Wahlhinweise. Neben Wahlempfehlungen für Alice Weidel wurde auch darum gebeten, für die Kandidaten aus dem Kreisverband zu stimmen, die ebenfalls als Weidel-treu gelten.
Weidels Gegnerinnen und Gegner reagierten auf die Mails unter anderem mit der Aussage "Stimmvieh!". Es sei ein fragwürdiger Versuch, Mehrheiten zu beeinflussen. Ob diese Strategie tatsächlich aufgehe, sei ungewiss, spekulierte ein anderes langjähriges Parteimitglied aus dem Lager der Weidel-Gegner. Es gebe zudem Zweifel, ob solche Wahlergebnisse rechtlich belastbar seien.
Demonstrationen gegen Politik der AfD
Am Rande des Parteitags kamen am Samstagmorgen rund 700 Demonstrantinnen und Demonstranten in Ulm zusammen, um gegen die Politik der AfD und für Vielfalt und Menschenrechte zu demonstrieren. Der Demo folgte eine Kundgebung, zu der sich laut Schätzung der Polizei rund 2.000 Menschen versammelten. Der Veranstalter gab die Teilnehmerzahl mit 4.000 an. Bei einer abschließenden Kundgebung sollen laut Veranstalter 5.000 Menschen gewesen sein. Die Polizei ging dagegen auch hier von 2.000 aus.
Tausende Menschen bei Protesten in Ulm Demo gegen AfD-Parteitag: "Wir brauchen keine Alternative zur Demokratie"
Tausende Menschen haben am Samstag gegen den Parteitag der AfD in Ulm demonstriert. Im Vorfeld hatten zahlreiche Initiativen, Vereine sowie die Stadt selbst zu Protesten aufgerufen.
Das Gebiet rund um den Veranstaltungsort hatte die Polizei für Demonstrationen gesperrt. Am Samstagmittag gab es eine weitere Kundgebung in der Ulmer Innenstadt. Für Sonntag war außerdem ein stiller Protest geplant. Teilnehmende sollten dabei eine symbolische rote Karte gegen Hass und Hetze in ihre Fenster, Autos oder an weitere, sichtbare Orte hängen.