Ein Windrad eines Windparks steht während des Sonnenaufgangs in einem Wald in Baden-Württemberg

Kläger am Dienstag vor VGH

Nach langem Streit: Bau des Hardheimer Windparks soll beginnen

Nach einem Streit um die Windräder am Kornberg in Hardheim soll der Bau nun starten. Vor dem Verwaltungsgerichtshof haben am Dienstag trotzdem wieder Windkraftgegner geklagt.

Die seit zehn Jahren geplanten Windräder am Kornberg zwischen den Gemeinden Hardheim und Höpfingen (Neckar-Odenwald-Kreis) sind vor rund einem Jahr endgültig genehmigt worden. Der Bau soll im Januar 2024 beginnen. Am Dienstag war der Windpark "Kornberg" trotzdem wieder Thema für den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg mit Sitz in Mannheim (VGH).

VGH-Sitzung in Hardheim unter anderem zu möglicher Lärmbelastung

Der VGH hatte seine Sitzung von Mannheim ins Hardheimer Rathaus verlegt, um hier über die jüngsten Klagen von Windkraftgegnern zu beraten. Die Richter besuchten auch einen Platz, auf dem eines der Windräder entstehen soll, um sich vor Ort ein Bild über die Lage machen zu können. Den Klägern geht es um geschützte Tier- und Pflanzenarten und um die Frage des Lärms, der von Windrädern ausgeht. Wann das Urteil gesprochen wird, ist noch unklar.

Der VGH tagt am Dienstag im Hardheimer Rathaus, um hier über die jüngsten Klagen von Windkraftgegnern zu beraten.
Der VGH tagt am Dienstag im Hardheimer Rathaus (Neckar-Odenwald-Kreis), um hier über die jüngsten Klagen von Windkraftgegnern zu beraten.

Bürgermeister Grimm: "Es gibt nur noch Verlierer"

Der Streit um den Windpark "Kornberg-Dreiäcker" ist eine fast endlose Geschichte. "Und jetzt gehen daraus nur noch Verlierer hervor", sagt der Hardheimer Bürgermeister Stefan Grimm (Freie Wähler). Als Grimm 2022 Rathauschef in Hardheim wurde, tobte der Kampf um die Windräder schon acht Jahre. "Während des Verfahrens hat sich mehrfach die Gesetzeslage geändert", erinnert sich Grimm, die Hürden rund um Tierschutz und Naturschutz seien immer kleiner geworden. So wurde es auch für die Gegner immer schwieriger, gegen die Pläne vorzugehen. Jetzt werden die Windräder gebaut, aber bei Technik und Erträgen, auch bei den Einnahmen für die Gemeinde, wird es erhebliche Einbußen geben, so Grimm weiter.

Der Windpark wird gebaut, aber es gibt nur noch Verlierer.

Windpark Hardheim: Veraltete Technik, schlechtere Erträge

Im Januar 2024 sollen die ersten Rodungen im Wald beginnen. Freuen kann sich darüber aber niemand mehr so recht. Denn: gebaut wird, was geplant und genehmigt worden ist. Im Fall "Kornberg" hat das zur Folge: Die Windräder, die dort entstehen sollen, entsprechen einem technischen Stand, der inzwischen als veraltet gilt. "Hätte sich das Verfahren noch um ein weiteres Jahr verzögert, wäre das Modell gar nicht mehr auf dem Markt verfügbar", sagt Bürgermeister Grimm.

Auch die Stromerträge seien damit bei einigen der Windräder auf dem Kornberg deutlich niedriger, als es nach aktuellem Stand der Technik möglich wäre, heißt es bei der ZEAG Energie AG, die die Anlage betreiben soll. Damit es sich überhaupt noch irgendwie rechnet, will die ZEAG Energie AG nur noch vier statt der geplanten fünf Windräder bauen - alles andere wäre wirtschaftlich nicht mehr darstellbar gewesen, so die Verantwortlichen. Weil der Pachtpreis für die gemeindeeigenen Windkraft-Flächen an den Stromertrag gekoppelt ist, fließe nun auch viel weniger Geld als erhofft in die kommunalen Kassen.

Betreiber der Windräder: "Beitrag für den Klimaschutz"

Harald Endreß vom Heilbronner Energieunternehmen ZEAG Energie AG betonte vor dem VGH-Prozess, dass der geplante Windpark in Hardheim einen Beitrag für den Klimaschutz leisten würde. "Wir können mit den Anlagen 39 Millionen Kilowattstunden im Jahr produzieren", so Endreß. Damit könnten 13.000 Haushalte mit Strom versorgt werden. Auch würde der neue Windpark nach ihren Berechnungen "wirtschaftlich funktionieren".

Windpark Hardheim: Jahrelanger juristischer Streit ging voraus

2014 gab es die ersten Planungen für seinerzeit fünf Windräder zwischen Hardheim und Höpfingen: Aus damaliger Sicht eines der ganz großen Windkraftprojekte in Baden-Württemberg. Bald gab es auch die ersten Proteste, Einwendungen und Klagen.

Die Hardheimer Bürgerinitiative für Gesundheit und Naturschutz, Hardheim (BGN) wollte die Windräder verhindern und argumentierte mit dem Arten- und Naturschutz. Sie kritisierte außerdem die Lärmbelastung, Zerstörung des Landschaftsbildes und Gefahren für den nahegelegenen Start- und Landeplatz eines Flugsportvereins.

Baden-Württemberg will massiven Windkraftausbau

"Seinerzeit hat es ja gereicht, wenn im Bereich geplanter Windräder ein einzelner Rotmilan gesichtet wurde", erinnert sich Stefan Grimm an die Proteste von Windkraftgegnern in Bezug auf die geschützten Vögel. "Heute reicht ein ganzer Schwarm der streng geschützten Rotmilane nicht mehr, um ein Windrad zu verhindern", so Grimm weiter.

Denn der Wind hat sich buchstäblich gedreht: Baden-Württemberg setzt mit aller Kraft auf Windenergie. Inzwischen sei nicht mehr die Frage, ob Windräder kommen, sondern nur noch wo und wie, betont auch der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Gegenargumente von Tier- und Umweltschützern haben längst nicht mehr die Schlagkraft wie noch vor zehn Jahren.

Archivbild: Winfried Kretschmann (Grüne) steht bei einer Besichtigung einer Baustelle einer Windkraftanlage vor einem schon gebauten Windrad. (Mai 2023)
Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) steht bei einer Besichtigung einer Baustelle einer Windkraftanlage vor einem gebauten Windrad. (Archivbild)

Ende 2021 hatte die Landesregierung eine sogenannte Task-Force eingerichtet, die dafür sorgen soll, dass der Ausbau der Erneuerbaren Energien deutlich schneller als bisher geht: Vor allem soll dabei die Windkraft massiv beschleunigt werden. Auch bürokratische Hürden sollen sinken. "Wir haben die Genehmigungsverfahren digitalisiert, das Widerspruchsverfahren abgeschafft. Landschaftsschutzgebiete und Grünzüge für Erneuerbare Energien geöffnet", so Kretschmann.

Deutliche Zunahme an Windparks auch im Neckar-Odenwald-Kreis

Auch im Neckar-Odenwald-Kreis zeigt sich die deutliche Zunahme von geplanten Windparks in den vergangenen Jahren: Aktuell drehen sich im Kreisgebiet 43 Windräder, 14 weitere sind im Genehmigungsverfahren. Für 20 Windkraftanlagen gibt es grobe Ideen, die verschiedene Betreiber bereits der Kreisverwaltung unverbindlich vorgestellt haben.

Die Kreisverwaltung verfolgt nach eigenen Angaben außerdem die Presseberichterstattung und die Verlautbarungen von Investoren oder Betreibern, die möglicherweise im Neckar-Odenwald tätig werden wollen. "Demnach kommen wir auf etwas über 120 Windräder, die hier in den kommenden Jahren geplant werden könnten", so ein Sprecher des Landratsamtes gegenüber dem SWR. Diese Zahlen seien allerdings wenig belastbar. Sie zeigen aber, wie viel Bewegung auf dem Windkraft-Markt aktuell ist.

Mehr Themen aus Hardheim

Litauen

Gefechtsübungen, Truppenküche, Kontakt nach Hause Hardheimer Soldaten in Litauen: Wie sieht der Alltag dort aus?

Seit Anfang August sind Teile des Hardheimer Panzerbataillons 363 der Bundeswehr in Litauen stationiert. Wie der Alltag dort aussieht, beschreibt der Kommandeur im SWR-Interview.

SWR4 BW aus dem Studio Mannheim SWR4 BW aus dem Studio Mannheim

Hardheim

Neues Projekt vorgestellt "Wilde Sau" soll Odenwälder Wildschwein-Fleisch beliebter machen

Jedes Jahr werden in Baden-Württemberg zehntausende Wildschweine von Jägern erlegt - aber die Vermarktung des Fleisches läuft eher schleppend. Das soll sich jetzt ändern.

SWR4 BW aus dem Studio Mannheim SWR4 BW aus dem Studio Mannheim

Hardheim

Hardheimer Bundeswehrsoldaten nach Litauen "Das ist ein sehr großer und wichtiger Auftrag"

Für hunderte Bundeswehr-Soldaten aus Hardheim (Neckar-Odenwald-Kreis) ist der Ukraine-Krieg plötzlich ganz nah: Am 1. Juli wird ein Teil des Panzerbataillons nach Litauen verlegt.

SWR4 BW aus dem Studio Mannheim SWR4 BW aus dem Studio Mannheim