Ein Lkw fährt auf der Bundestraße 3 durch Weingarten bei Karlsruhe

Mehr Klimaschutz oder Wirtschaft schonen?

CDU BW hält Lkw-Maut auf kleineren Straßen in Krise für schwer vermittelbar

Stand
AUTOR/IN
Henning Otte
SWR-Reporter und -Redakteur Henning Otte, SWR Landespolitik

Der grüne Verkehrsminister will bald ein Konzept für eine Lkw-Maut auch auf kleineren Straßen vorlegen. Doch die CDU warnt: Die Wirtschaft dürfe nicht weiter belastet werden.

Die CDU-Fraktion in Baden-Württemberg geht auf Distanz zu der mit den Grünen ursprünglich vereinbarten Lkw-Maut auf Landes- und kommunalen Straßen. Zwar gelte weiter der Koalitionsvertrag, aber die wirtschaftliche Lage habe sich nun mal massiv eingetrübt, sagte Thomas Dörflinger, CDU-Fraktionsvize und verkehrspolitischer Sprecher, dem SWR. "Wir müssen unsere Unternehmen unterstützen, indem wir sie zuallererst mal nicht mit neuen Abgaben belasten." Verbände und Praktiker seien sich einig, dass eine Lkw-Maut auf kleineren Straßen eine weitere Belastung wäre. "Deshalb ist unser Angebot an den grünen Partner, dass wir von der Einführung absehen können", sagte Dörflinger. Das gehe aber nur im gemeinsamen Einvernehmen. "Am Ende zahlen auch die Bürger die Zeche, da die Speditionen versuchen werden, Kostenteile direkt weiterzureichen. Das ist in Zeiten von hoher Inflation schwer zu vermitteln."

Hermann hat Konzept für neue Lkw-Maut in der Schublade

Eigentlich will der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann demnächst ein Konzept für eine Lkw-Maut für Landes- und kommunale Straßen vorlegen. Neulich sagte der Grüne, sein Ministerium sei dran an einem Gesetzentwurf. "Wir sind da gut vorbereitet." Im Koalitionsvertrag hatten Grüne und CDU 2021 vereinbart, dass Hermann in der ersten Hälfte der Legislaturperiode versuchen sollte, die anderen Länder mit ins Boot zu holen. Damit sei er "krachend" gescheitert, erklärte der Minister jüngst. Da nun Halbzeit der grün-schwarzen Koalition war, kann sich Hermann an den geplanten Alleingang in Baden-Württemberg machen.

Grünen-Fraktion will Abgabe auf kleineren Straßen "prüfen"

Doch selbst in der Grünen-Fraktion hört sich das schon etwas zurückhaltender an. Silke Gericke, Sprecherin für Verkehr, sagte dem SWR: "Wir prüfen, eine Lkw-Maut nach Schweizer Vorbild in Baden-Württemberg umzusetzen. Unser Ziel ist es, den Güterverkehr von der Straße auf klimafreundlichere Alternativen wie Schiene oder Wasser zu bringen. Die Lkw-Maut kann hier einen Anreiz geben." Das Lkw-Mautsystem in der Schweiz basiert auf der zurückgelegten Strecke und gilt für alle Fahrzeuge über 3,5 Tonnen. Bei der Berechnung der Maut im gesamten Straßennetz werden der Kilometerstand, das Gewicht und die Schadstoffklasse des Lkw berücksichtigt. Hermann rechnet nach früheren Angaben in Baden-Württemberg mit Einnahmen von rund 200 Millionen Euro im Jahr durch die Lkw-Maut auf kleineren Straßen.

Aufschlag bei Lkw-Maut auf Autobahnen und Bundesstraßen

In Deutschland wurde die Lkw-Maut 2005 auf den Bundesautobahnen eingeführt und später auf alle Bundesstraßen ausgeweitet. Sie gilt für Fahrzeuge ab einem zulässigen Gesamtgewicht von 7,5 Tonnen. Allerdings hat die Ampel-Bundesregierung in dieser Woche beschlossen, dass emissionsreiche Lastwagen künftig mehr Maut zahlen müssen. Es soll vom 1. Dezember an ein CO2-Aufschlag von 200 Euro pro Tonne eingeführt werden. Ab Juli 2024 sollen alle Nutzfahrzeuge mit mehr als 3,5 Tonnen mautpflichtig werden. Die Koalition aus SPD, Grünen und FDP will damit Anreize setzen, um den Umstieg auf Lkw mit klimafreundlichen Antrieben zu beschleunigen. Die Zusatzeinnahmen von bis zu 30 Milliarden Euro bis 2027 sollen zur Hälfte in die Schiene und zur anderen Hälfte in Autobahnen gesteckt werden.

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CDU zweifelt an klimapolitischer Lenkungswirkung

Der CDU-Verkehrsexperte Dörflinger hält die Beschlüsse der Ampel für einen Fehler. Sie bedeuteten für die Unternehmen und Bürgerinnen und Bürger "eine spürbare finanzielle Mehrbelastung in sowieso schon herausfordernden Zeiten". Er zweifelt zudem an, dass es zu der beabsichtigten Lenkungswirkung kommt. "Denn im Moment stehen schlicht keine leistungsfähigen batteriebetriebenen oder wasserstoffbetriebenen Lkw sowie die notwendige Ladeinfrastruktur zur Verfügung." Die Branche könne derzeit keinen "Spurwechsel" beim Antrieb machen und werde so nur stärker zur Kasse gebeten.

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Die Aufnahme der Lkw-Maut auf Land- und Kreisstraßen in den Koalitionsvertrag war 2021 ein Zugeständnis der CDU, die die Landtagswahl verloren hatte und unbedingt ein Bündnis mit den Grünen um Ministerpräsident Winfried Kretschmann eingehen wollte. CDU-Fraktionschef Manuel Hagel hatte schon vor über einem Jahr argumentiert, in Zeiten von Inflation und Wirtschaftskrise im Zuge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine sei eine zusätzliche Belastung durch eine Lkw-Maut keine gute Idee.

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