Mehr als jede zweite Lehrkraft will die baden-württembergischen Gemeinschaftsschulen verlassen - das ist das Ergebnis einer Umfrage des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg unter 734 Lehrerinnen und Lehrern der Gemeinschaftsschulen. Wenn es nicht gelinge, den Job wieder leistbar zu machen, drohe der Schulart eine massive Abwanderung von Fachkräften, so der VBE-Landesvorsitzender Gerhard Brand. Die Umfrage ist nicht repräsentativ.
Fast 60 Prozent der Befragten befänden trotz allem die pädagogischen Grundideen für gut. Die Gemeinschaftsschulen würden aber durch veraltete Rahmenbedingungen und eine krasse Überlastung der Kollegien massiv ausgebremst, erklärte Brand. Nur fünf Prozent der Befragten sagten, dass sich die Arbeitsbelastung an der eigenen Schule innerhalb des erwartbaren Rahmens halte. Dagegen berichten 77 Prozent von einer sehr hohen Arbeitsbelastung.
Lehrkräfte arbeiten während ihrer Freizeit
Das Land sei in der Pflicht, die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Laut Brand benötigen die Lehrkräfte mehr Zeit für die Unterrichtsvorbereitung, da die Pädagoginnen und Pädagogen ihren Unterricht auf drei verschiedenen Lern-Niveaus vorbereiten müssten. Darüber hinaus würden Gemeinschaftsschulen Integrationsarbeit für Kinder mit speziellem Förderbedarf leisten. Dafür müssten viele Lehrkräfte nach eigenen Aussagen ihre Freizeit aufwenden, um die Vorbereitung zu schaffen.
Kritik an der Gemeinschaftsschule
Der Philologenverband BW übte erneut Kritik an der Gemeinschaftsschule. Landeschef Ralf Scholl erklärte, nach dieser Umfrage helfe kein Schönreden seitens des Kultusministeriums mehr, hier müsse endlich die Konzeption der Gemeinschaftsschule auf den Prüfstand. Die SPD-Abgeordnete Katrin Steinhülb-Joos sagte dagegen, die Schulform habe sich im baden-württembergischen Schulsystem längst etabliert. "Das pädagogische Konzept wird von den Lehrkräften unterstützt und leistet einen wichtigen Beitrag zur Bildungsgerechtigkeit."
Der FDP-Politiker Timm Kern sprach mit Verweis auf die Umfrage von einem "bildungspolitischen Scherbenhaufen". Die AfD forderte die Abschaffung der Gemeinschaftsschule und eine Rückkehr zum dreigliedrigen Schulsystem.