Eine Lehrerin schreibt in einer Grundschule Wörter mit "Sp" am Anfang an eine Tafel. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/Sebastian Gollnow/dpa)

Fachkräftemangel an Schulen

Grüne in BW wollen bessere Bezahlung von Grundschullehrkräften

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Wegen des Fachkräftemangels wollen die Grünen in Baden-Württemberg den Beruf für Grundschullehrinnen und -lehrer attraktiver machen. Sie sollen mehr Geld verdienen.

Weil es an Nachwuchs mangelt und Jahr für Jahr Tausende Stellen an den Schulen unbesetzt bleiben, wollen die Grünen in Baden-Württemberg Grundschullehrer besser bezahlen. Künftig sollen diese Lehrerinnen und Lehrer in der Besoldung nach und nach eine Stufe hochrutschen und damit etwa 500 Euro im Monat mehr bekommen. Dies habe der Landesvorstand der Grünen beschlossen und damit die Position der Partei formuliert, wie der SWR erfuhr. "Das Fundament für Bildungsgerechtigkeit wird an den Grundschulen gelegt. Der politische Fokus muss deshalb auf die Stärkung von Grundschulen gerichtet sein", so der Landesvorsitzende der Grünen, Pascal Haggenmüller.

Grundschüler können schlechter Lesen, Rechnen und Schreiben

Mit dem Beschluss reagieren die Grünen unter anderem auf die enttäuschenden Ergebnisse der jüngsten Bildungsstudien. Bei einer bundesweiten Erhebung waren Schülerinnen und Schüler in Baden-Württemberg im vergangenen Jahr unter anderem beim Thema Lesen abgehängt worden. Fast jedes fünfte Kind (19,1 Prozent) erreichte in dem Bereich nicht den Mindeststandard. Eine bessere Bezahlung könnte den Beruf attraktiver machen und verhindern, dass angehende Lehrkräfte aus finanziellen Gründen etwa nach Bayern abwandern.

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Neben der besseren Bezahlung fordern die Grünen systematische Sprachtests und eine verbindliche und kostenlose Sprachförderung. Zudem könnte aus Sicht der Partei eine gemeinsame Schulleitung die Verwaltungsaufgaben für mehrere kleinere Grundschulen bündeln.

Grünen-Bildungsministerin: Keine Haushaltsmittel

Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) erteilte der Forderung, die auch von Gewerkschaften erhoben wird, erneut aus finanziellen Gründen eine Absage. "Die Einschätzung ist unverändert, dass im aktuellen Haushalt keine Mittel dafür zur Verfügung stehen", sagte ein Sprecher dem SWR.

Nach Angaben des baden-württembergischen Kultusministeriums würde es um ungefähr 19.000 Stellen an Grundschulen und Grund- und Hauptschulen gehen, die angehoben werden müssten. Die Kosten für die Maßnahme schätzt das Ministerium auf etwa 185 Millionen Euro pro Jahr. 

GEW begrüßt Initiative der Grünen

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) zeigte sich erfreut darüber, dass die Grünen Druck auf die Landesregierung mache. Man begrüße die Initiative des grünen Landesverbandes für eine bessere Bezahlung der gut 30.000 Lehrkräfte an Grund- und Haupt-/Werkrealschulen. "Durch das grün-schwarze Abwarten wird der Lehrkräftemangel nicht weniger", sagte GEW-Landeschefin Monika Stein dem SWR.

BW: Nachbarländer zahlen mehr

Demnächst zahlten fast alle Nachbarländer Baden-Württembergs zurecht deutlich mehr für Grundschullehrkräfte. "Warum soll eine Grundschullehrerin in Ulm unterrichten, wenn sie dafür in Neu-Ulm bis zu 500 Euro pro Monat mehr bekommt? Dass erfahrene Haupt-/Werkrealschul-Lehrer:innen für die gleiche Arbeit weniger Geld bekommen als neu eingestellte Kolleg*innen, ist völlig absurd", sagte Stein. Die Grünen hätten seit Jahren Wahlkampf mit dem Slogan "Auf den Anfang kommt es an" gemacht, so die GEW-Landeschefin weiter. Ausgerechnet in dem Bundesland, das die einzige grüne Kultusministerin in Deutschland stelle, werde eine gerechte Bezahlung verweigert, sagte sie am Dienstag in Stuttgart.

Baden-Württemberg zählt zu den drei Bundesländern, die bisher den Grundschullehrkräften und einem Teil der Haupt-/Werkrealschul-Lehrkräfte eine Bezahlung nach der Gehaltsgruppe A13/E13 verweigern. In allen anderen Schulformen erhalten Lehrkräfte nach Studium und Referendariat diese Eingruppierung - auch neu eingestellte Lehrkräfte in Haupt-/Werkrealschulen.

Höhere Anforderungen an pädagogische Arbeit

Die GEW-Landeschefin betonte, dass der Grundstein für gute Bildung bei den Kleinsten gelegt werde. Nicht zuletzt mit der Inklusion und der Integration der geflüchteten Kinder sind die Anforderungen an die pädagogische Arbeit laut Stein gerade an den Grundschulen kontinuierlich angestiegen.

"Eltern werden sich auf weiter zunehmenden Unterrichtsausfall einstellen müssen, denn Lehrkräfte werden nach Bayern und Hessen wechseln, wenn sie dort für die gleiche Arbeit besser bezahlt werden."

Es sei nicht einzusehen, warum ausgerechnet Baden-Württemberg als eines von drei Bundesländern bei der Besoldung den Lehrkräften an Grundschulen eine Hochstufung auf A13 verweigere, betonte Stein. Daneben hielten nur noch Rheinland-Pfalz und das Saarland an A12 fest. Im Beschluss des Landesvorstands heißt es, die Anhebung auf A13, also die nächst höhere Besoldungsstufe, solle stufenweise erfolgen.

Verbeamtete Grundschullehrkräfte werden nach A12 besoldet. Als Angestellte sind sie in der Entgeltgruppe (E)11 des Tarifvertrages der Länder (TVL) eingruppiert. Im Schnitt verdienen diese Pädagoginnen und Pädagogen rund 400 bis 500 Euro im Monat weniger als die Lehrkräfte mit A13/E13.

Kretschmann will in Schulen investieren

Allerdings könnte der Wunsch der Partei an den finanzpolitischen Realitäten im Land scheitern. Fraglich bleibt nämlich, ob die grün-schwarze Landesregierung den Beschluss umsetzt. Erst am Montag hatte die Steuerschätzung ergeben, dass Grüne und CDU künftig mit weniger Geld auskommen müssen. Hintergrund ist das Ergebnis der Mai-Steuerschätzung. Nach dieser muss das Land damit rechnen, im Jahr 2023 knapp 350 Millionen Euro weniger Steuern einzunehmen als noch im vergangenen Herbst geplant.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) betonte am Dienstag in Stuttgart, seine Regierung müsse sich angesichts der negativen Steuerschätzung noch stärker als bisher auf die "Kernaufgaben" des Landes konzentrieren. "Es steht bei mir nichts vor der Klammer", sagte der Grünen-Politiker. Allerdings gebe es unabweisbare Investitionsbedarfe. Dazu gehörten die Innere Sicherheit und die Schulpolitik. "Diese haben hohe Priorität, das ist ja logisch", sagte Kretschmann.

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