In Pforzheim startet am Donnerstag der zweite Verhandlungstag des Prozesses gegen einen Prediger der "Baptistenkirche Zuverlässiges Wort". Die Staatsanwaltschaft Karlsruhe wirft ihm vor, in einer Predigt gegen Homosexuelle gehetzt zu haben. Darin habe der Mann das Existenzrecht Homosexueller als gleichwertige Menschen bestritten. Einzelne Aussagen seien als Aufruf zu verstehen, Homosexuelle zu töten. Die Predigt sei anschließend ins Internet gestellt und gestreamt worden.
Am zweiten Verhandlungstag soll unter anderem das Video der umstrittenen Predigt gezeigt werden. Offen ist, ob das Gericht einen Sachverständigen beauftragt, der bei der Auslegung der Predigt und bei Fragen der Religionsfreiheit helfen soll. Dies hatte der Anwalt des Angeklagten beim Prozessauftakt gefordert.
Urteil noch am selben Tag möglich
Der Angeklagte selbst war vor zwei Wochen nicht vor dem Pforzheimer Amtsgericht erschienen. Er ließ sich von seinem Verteidiger vertreten. Ob er am Fortsetzungstermin anwesend sein wird, konnte der Anwalt nicht sagen. Laut Staatsanwaltschaft Karlsruhe ist es durchaus denkbar, dass bereits diesen Donnerstag das Urteil gesprochen wird.
Anwalt des Baptisten-Predigers beantragte Einstellung des Verfahrens
Dies hänge auch davon ab, ob der Verteidiger weitere Anträge stellt. Beim Prozessauftakt hatte dieser gefordert, die Verhandlung einzustellen. Er machte zahlreiche Formfehler im Strafbefehl geltend. Grundsätzlich bezweifelt er, dass überhaupt eine Straftat vorliegt.
Für den Vorwurf der Volksverhetzung sei ein öffentliches Wirken Voraussetzung, argumentierte der Anwalt. Sein Mandant habe aber innerhalb einer geschlossenen Gruppe gepredigt; ob Gäste anwesend waren, sei nicht nachweisbar. Im Übrigen sei eine Predigt immer Auslegung von Glaubenssätzen - und diese sei von der Religionsfreiheit gedeckt. Die vorgehaltenen Zitate nannte er als aus dem Zusammenhang gerissen.
Zweifel an Zuständigkeit des Amtsgerichts Pforzheim
Auch ob die Predigt aus Pforzheim oder doch aus dem Ausland gestreamt worden sei, könne die Staatsanwaltschaft nicht beweisen. Insofern sei fraglich, ob das Amtsgericht überhaupt zuständig sei, so die Verteidigung. Den Antrag auf Einstellung des Prozesses lehnte das Gericht nach einer Beratungspause ab.
"Baptistenkirche Zuverlässiges Wort" im Visier der Verfassungsschützer
Seit 2023 wird die "Baptistenkirche Zuverlässiges Wort" vom baden-württembergischen Verfassungsschutz beobachtet. Sie gilt als deutscher Ableger einer radikalen Sekte mit Hauptsitz in Arizona/USA. Deren Gründer Anselm Urban wurde bereits in der Vergangenheit wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe verurteilt. Die Gruppierung gehört nicht dem Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden (Baptisten) in Deutschland an. Anfang des Jahres hatten Ermittler auch Räumlichkeiten der Sekte in Pforzheim durchsucht und dabei vor allem Speichermedien sichergestellt.
Über die Ermittlungen gegen die Baptistenkirche und den Prediger haben wir in folgenden Artikel berichtet:
Ermittlungen wegen Verdachts auf Volksverhetzung Polizei durchsucht Räumlichkeiten einer Baptistenkirche in Pforzheim
Die Polizei in Pforzheim hat die Räumlichkeiten der Baptistenkirche "Zuverlässiges Wort" durchsucht. Gegen die Gemeinde wird seit Monaten wegen des Verdachts auf Volksverhetzung ermittelt.