Von einzelnen Scheiben bis zu großen alten Stämmen - Holz aus Baden-Württembergs Wäldern wird in der Energiekrise mehr und mehr zum begehrten Diebesgut.
Höherer Schaden als in den Vorjahren
Die Fallzahlen von Januar bis September 2022 zeigen laut Landeskriminalamt Baden-Württemberg einen steigenden Trend, der sich gegenwärtig auf ein Fünfjahreshoch zubewegt. Auch bei den Schadenssummen zeichne sich ein Anstieg im Vergleich zu den Vorjahren ab, heißt es in einer Mitteilung.
Im Jahr 2021 zählte die Behörde 479 Fälle mit einem Schaden von knapp 294.500 Euro. Im Jahr 2020 waren es 457 Fälle, 2019 waren es 423 Fälle.
Holz, Pilze, Beeren Was und wieviel darf ich aus dem Wald mitnehmen?
Der Wald als Quelle für Kochtopf und Heizung: darf man sich dort so einfach bedienen? Wir fragen Holger Schütz, Leiter des Forstbezirks mittleres Rheintal.
Holz für den Eigenbedarf oder zum Wiederverkauf
Holz wird aber nicht nur geklaut, sondern auch gehortet. "Holz ist das neue Toilettenpapier", meint Tobias Knupfer, Landesvizechef des Bundes deutscher Forstleute. Die Kunden bunkerten das Holz für ihre Öfen, weil sie Engpässe voraussähen. "Wenn die Leute sich früher für den Winter mit 20 bis 25 Festmetern eindeckten, ordern sie jetzt das Doppelte - aus Angst, bald leer auszugehen." Andere bedienten sich im Wald für den Eigenbedarf oder zum lukrativen Wiederverkauf. Folge in beiden Fällen: Die Preise steigen und weniger Brennholz ist verfügbar.
Ganze Wagenladungen im Verkaufswert von 1.500 bis 2.000 Euro würden mittels Motorsägen und Kränen gestohlen, sagt Knupfer. "Mittlerweile schießen Holzhändler wie Pilze aus dem Boden und versuchen, auch online und teils mit gestohlener Ware ihren Reibach zu machen". Ein Raummeter Holz kostete im vergangenen Jahr je nach Region noch zwischen 100 und 120 Euro, jetzt seien es schon 200 bis 240 Euro.
Region Aalen mit den meisten Holz-Diebstählen
Laut Landeskriminalamt finden die meisten Diebstähle in ländlichen Gebieten mit viel Wald statt. Im vergangenen Jahr zählte der Raum Aalen zu den regionalen Schwerpunkten mit 50 Diebstählen - dahinter folgten Reutlingen mit 47 Fällen und Freiburg mit 42 Fällen. In städtischen Regionen wie Mannheim mit 15 Fällen und Stuttgart mit fünf Fällen kam das Delikt deutlich seltener vor.
Geringe Aufklärungschancen
Nach Angaben des Landeskriminalamts liegt die Aufklärungsquote seit Jahren bei rund 30 Prozent. "Die Waldbesitzer können damit nicht zufrieden sein", sagt Ulrich Potell, Sprecher des Landeswaldverbandes. Allerdings sei der Wald mit rund 40 Prozent der Landesfläche riesig und damit nicht zu bewachen. Viele Geschädigte sähen wegen der geringen Aufklärungschancen von einer Anzeige ab. Waldbesitzer sollten Diebstähle jedoch in jedem Fall anzeigen, meint Potell. "Dadurch werden die Zahlen sichtbar und ein politisches Handeln sehr viel wahrscheinlicher."
In Zeiten von Energiekrise und steigenden Heizkosten nehmen immer mehr Leute einfach Holz aus dem Wald mit. Im Schönbuch südwestlich von Stuttgart wurden bereits ganze Holzstämme geklaut, wie der Videobeitrag vom 28.9. zeigt:
Gestohlenes Holz nicht unbedingt zum Heizen geeignet
Je höher der Verarbeitungsgrad, desto diebstahlsgefährdeter ist das Holz. Beliebt sind nach Angaben des Landeswaldverbandes schon gespaltene und gestapelte Hölzer von Laubbäumen mit hohem Brennwert. Laut Potell muss allerdings das jetzt entwendete Holz erst einmal zwei Jahre trocknen, bis damit geheizt werden kann. Potell empfiehlt Waldbesitzern, ihr Holz an abgelegenen Plätzen lagern. "Bei vielen Spaziergängern kommt dann doch mal einer auf dumme Ideen." Äste unter sieben Zentimeter Durchmesser würden aus ökologischen Gründen bewusst nicht "aufgeräumt", da der Wald sie für seine Nährstoffversorgung brauche.
Holz-Tracking zum Auffinden der Diebe
Waldbesitzer setzen im Kampf gegen den Holzklau inzwischen auf sogenannte Tracker. Das sind ins Holz eingebohrte oder im Stapel versteckte Ortungsgeräte, die bei Bewegung Alarm schlagen. So können die Holzbesitzer der Polizei die GPS-Daten zum Tatort zuschicken. "Es ist ganz entscheidend, die Diebe auf frischer Tat zu ertappen, denn sobald Markierungen der Besitzer entfernt werden und die Diebe den Wald verlassen haben, ist das Holz nicht mehr zuzuordnen, ein Diebstahl nicht mehr nachzuweisen", erläutert Potell.