Die Staatsanwaltschaft Koblenz ermittelt gegen insgesamt mehr als 50 Beschuldigte wegen des Anfangsverdachts strafbarer Chatinhalte im Internet. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Silas Stein)

"Vermeintliche Spaßaktionen"

Hitler-Chats bei BW-Polizei: CDU wirft Gewerkschaft Verharmlosung vor

Stand

Waren Nazi-Symbole in Chatgruppen der Polizei nur "Spaßaktionen"? Die CDU-Generalsekretärin in BW kritisiert Aussagen einer Gewerkschaft und warnt davor, den Fall zu verharmlosen.

Die Generalsekretärin der CDU in Baden-Württemberg, Isabell Huber, kritisiert den Landeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Ralf Kusterer, wegen dessen Aussagen zu Hakenkreuzen und Hitler-Bildern in Chatgruppen der Polizei. Kusterer hatte die Fälle als "vermeintliche Spaßaktionen" bezeichnet.

Huber: Aussagen zu Chats "Bärendienst" für Polizei

Das Wort "Spaßaktion" gehe in diesem Kontext gar nicht, sagte Huber. Kusterer erweise "der Polizei mit seiner verharmlosenden Wortwahl einen Bärendienst". Hass, Hetze, Fremdenfeindlichkeit und nationalsozialistische Inhalte hätten bei der Polizei im Land keinen Platz, so die CDU-Politikerin. Die Polizei in Baden-Württemberg stehe für Recht und Gesetz.

Hintergrund sind Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Ulm und des Landeskriminalamts gegen sechs Polizeibeamte aus Baden-Württemberg. Sie sollen Bilder von Hitler und Hakenkreuzen in verschiedenen Chatgruppen mit Kollegen ausgetauscht haben. Als Teilnehmer in den Chats wurden bisher 70 Polizistinnen und Polizisten identifiziert. Ihnen drohen jetzt dienstrechtliche Konsequenzen.

Polizei-Gewerkschaft sieht kein strukturelles Problem

Der Landeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Ralf Kusterer, hatte die Ermittlungen begrüßt. Diese gelte es abzuwarten. Er gehe allerdings von "vermeintlichen Spaßaktionen" aus. Es deute nichts auf eine "hohe kriminelle Energie" hin. In ähnlichen Fällen in Baden-Württemberg seien die Verfahren alle eingestellt worden, weil der Straftatbestand nicht erfüllt worden sei, so Kusterer. Dem SWR sagte er, es gebe kein strukturelles Problem bei der Polizei in Baden-Württemberg.

GdP: Bei Rassismus kann man nicht von Spaß reden

Kritik an Kusterers Aussage kommt auch von der Gewerkschaft der Polizei (GdP). "Bei Rassismus und nationalsozialistischem Gedankengut kann man nicht von Spaß reden", sagte deren stellvertretender Landesvorsitzender Thomas Mohr dem SWR. Zwar gelte die Unschultsvermutung, dennoch müsse sich jeder innerhalb der Polizei im Klaren darüber sein, was er in Chats poste.

"Wir haben zwar kein generelles rassistisches Problem bei der Polizei. Aber wenn es tatsächlich Beanstandungen gibt, sagen wir klipp und klar: Die haben bei der Polizei nichts verloren."

Teilten Polizeianwärter Nazi-Symbole?

Der Landeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Ralf Kusterer, mutmaßt angesichts der zehn betroffenen Präsidien und Einrichtungen, dass es sich bei den Chat-Teilnehmern um eine ehemalige Ausbildungsklasse handelt. Er verwies auf einen ähnlichen Fall 2020 an der Polizeihochschule in Lahr im Ortenaukreis. Dort hatten junge Polizeianwärter rechtsextremes Gedankengut in einer geschlossenen WhatsApp-Gruppe ausgetauscht. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen die sieben Polizeianwärter wurden eingestellt. Es sei aber zu Entlassungen gekommen, so Kusterer. Es habe bei den Männern "Zweifel an der charakterlichen Geeignetheit" gegeben.

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