Polizei (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Marijan Murat)

Befragung zu Motivation und Einstellung

Bundesweite Polizeistudie: BW nimmt nicht teil

Stand

Baden-Württemberg macht bei einer bundesweiten Polizeistudie nicht mit - gegen den Willen der Landesregierung. Die Personalvertretung der Polizei ließ sich nicht überzeugen.

Die Polizei in Baden-Württemberg nimmt nicht an der umstrittenen Studie zu "Motivation, Einstellung und Gewalt im Alltag" von Polizistinnen und Polizisten teil. Die Versuche der Polizeiführung im Landesinnenministerium, die Personalvertretung der Polizei doch noch zu überzeugen, seien erfolglos beendet worden, teilte eine Sprecherin am Dienstagabend mit. Auch nach Gesprächen mit den Studienverantwortlichen lehnt das Gremium die Teilnahme weiter ab. Eine Mitarbeit der Polizei Baden-Württemberg an den Erhebungen sei deshalb "auch im Hinblick auf die Zeitläufe der Studie nicht mehr möglich". Stattdessen werde nun mit dem Personalrat abgestimmt, inwieweit eine bereits laufende landesweite Studie ausgeweitet werden kann. Ihre Ergebnisse sollen bis 2026 vorliegen.

"Rechtliche Bedenken" des Personalrats

Die Gründe für die ablehnende Haltung des Personalrats sind unklar. Der Hauptpersonalratsvorsitzende Ralf Kusterer deutete im Gespräch mit dem SWR "rechtliche Bedenken" an. Was darunter konkret zu verstehen ist, könne er aus Verschwiegenheitsgründen nicht erläutern.

Die Zustimmung des Personalrats wäre allerdings nicht zwingend erforderlich gewesen, denn die Teilnahme an der Onlineumfrage wäre für alle Beamtinnen und Beamten freiwillig gewesen. Ein echtes Mitbestimmungsrecht habe der Hauptpersonalrat nicht. Polizeipräsidentin Stefanie Hinz wollte früheren Angaben zufolge den Personalrat allerdings unbedingt einbinden, um die Akzeptanz unter den Beschäftigten zu erhöhen.

Boykott bereits im Sommer angekündigt

Die baden-württembergische Polizei war bereits im Sommer ausgeschert und hatte einen Boykott der Studie angekündigt. Innenminister Thomas Strobl (CDU) und Polizeipräsidentin Hinz hatten stark für eine Teilnahme geworben, Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hatte zunächst erklärt, das Veto der Polizei nicht hinnehmen zu wollen.

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Nach Angaben des Innenministeriums hat es bereits Mitte August ein direktes Gespräch mit der zuständigen Deutschen Hochschule der Polizei, dem Hauptpersonalrat der Polizei und örtlichen Polizei-Personalräten gegeben. Die maßgeblichen Bedenken des Hauptpersonalrats hätten aber "nicht gänzlich ausgeräumt werden können", sagte die Ministeriumssprecherin.

SPD-Landtagsfraktion unterstellt Innenminister mangelnde Autorität

Für das Scheitern der Gespräche sei der Innenminister verantwortlich, so die Ansicht des parlamentarischen Geschäftsführers und Innenexperten der SPD-Landtagsfraktion, Sascha Binder. "Innenminister Strobl gelingt es in seinem Amt nicht mehr, notwendige Projekte umzusetzen und die Landespolizei hinter sich zu versammeln", sagte er. Das "Nein" zur Polizeistudie sei auch ein Misstrauensvotum gegenüber Strobl und zeige, dass das Innenministerium "führungslos" sei.

Der Innenpolitische Sprecher der Grünen im Landtag, Oliver Hildebrand, kritisierte den Hauptpersonalrat. Dessen Blockadehatung sei "kurzsichtig und irrational" und erwecke den Eindruck, dass die Polizei etwas zu verbergen hätte. Das Ansehen von Polizistinnen Polizisten würde dadurch "völlig unnötig beschädigt". Dass Baden-Württemberg als einziges großes Bundesland nicht an der Studie teilnimmt, sei ein Rückschlag auf dem Weg zu einer modernen Polizei.

Mehrheit der Bundesländer macht mit

Die Studie geht auf den früheren Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) zurück. Dieser reagierte damit auf Forderungen, möglichen Rassismus und Rechtslastigkeit in der Polizei zu untersuchen. Die Untersuchung wurde dann aber deutlich breiter angelegt.

Eine überwiegende Mehrheit der Bundesländer nimmt am Forschungsprojekt zu "Motivation, Einstellung und Gewalt im Alltag" von Polizisten teil. In fast allen Bundesländern ist die vom Bund initiierte Befragung schon abgeschlossen. Neben Baden-Württemberg nimmt nur der Stadtstaat Hamburg nicht daran teil.

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