"Lasst den Toten ihre Blumen!" mahnt die Stadt Heilbronn am Eingang des Hauptfriedhofs in einem Schaukasten. Auch wenn es dieses Jahr etwas weniger war, in der Summe werde mehr geklaut, sagt Chris Männicke von der Friedhofsgärtnerei Wintterle. Vor allem während der Gedenktage und wenn die Gräber für die Jahreszeiten umgepflanzt werden. Im Herbst seien es beispielsweise Erika oder Silberdraht, die häufig gestohlen würden. Manchmal kämen auch Buketts oder Messingbuchstaben abhanden.
Bei der Friedhofsverwaltung kennt man das Problem. Hier tauchen die aufgewühlten Angehörigen auf und berichten von dem, was sie am Grab vorgefunden haben. Martin Heier vom Grünflächenamt sieht allerdings keine Zunahme an Diebstählen. Die letzten Wochen sei es sogar sehr ruhig gewesen.
Traurig und respektlos
Es sei traurig und respektlos gegenüber den Toten und den Angehörigen, kritisiert der Gärtner Männicke. Mit der Inflation habe das nichts zu tun, gestohlen worden sei auch davor schon. Dieses Verhalten sei Teil eines allgemeinen Werteverfalls in der Gesellschaft, meint Männicke.
Diebstähle oder Verwüstungen von Gräbern seien gefühlskalt, das 7. Gebot der Bibel gelte auch auf dem Friedhof, so Martin Heier. Wenn Angehörige bei ihm auftauchen, schicke er sie zur Polizei, damit sie dort Anzeige erstatten.
Videoüberwachung und Strafverfolgung
Die Polizei verfolge die Taten so gut wie nie, klagt Gärtner Männicke. Einen Vorwurf, den Polizeisprecherin Annika Grundbrecher gegenüber dem SWR zurückweist. Anzeigen würden aufgenommen, Hinweisen nachgegangen, sagt sie. Allerdings sei die Beweislage oft schwierig, Zeugen gebe es nur selten. Heier und die Mitarbeiter versuchen ebenfalls aufzupassen - doch woher sollen diese wissen, ob das Gesteck, das jemand trägt, gestohlen wurde oder nicht.
In Crailsheim (Kreis Schwäbisch Hall) will die Fraktion der Allgemeinen Wählervereinigung Kameras auf dem Friedhof installieren, nachdem dort vermehrt Müll entsorgt wurde. Im Ortsteil Jagstheim wurden im November Gräber bestohlen.
Keine Vorfälle mehr seit Kameras installiert wurden
In Ittlingen (Kreis Heilbronn) gibt es seit einigen Jahren eine Videoüberwachung des Friedhofs. Trotz anfänglicher Bedenken wegen des Datenschutzes.
Auf dem Heilbronner Hauptfriedhof sei eine solche Überwachung kaum denkbar, bei 55.000 Grabplätzen und den zahllosen Bäumen, sagt Martin Heier. Zudem gebe es auf einem Friedhof auch sehr viel Privatsphäre. Er hofft, dass in Heilbronn das Problem der Diebstähle nie so groß wird, das ein solcher Schritt diskutiert werden muss.