Der Auto-Zulieferkonzern ZF Friedrichshafen AG beschreitet ungewöhnliche Pfade auf der Suche nach Software-Ingenieuren, die für die Entwicklung der Elektromobilität dringend gebraucht werden: Im westrumänischen Temeswar ließ der Konzern das künftige Formel-E-Rennauto des indischen Rennstalls Mahindra auffahren – mit dem ehemaligen Formel-1-Piloten Nick Heidfeld am Steuer. Zahlreiche Komponenten von ZF sind in dem Rennwagen verbaut.
SWR-Reporter Thomas Wagner über ZFs ungewöhnliche Suche nach jungen Ingenieuren:
Knallrot, wie eine Rakete auf Rädern, so sieht das Rennauto aus. Oder eben wie ein Formel-1-Cockpit. Nur: Statt dem ohrenbetäubenden Dröhnen des Motors dringt ein Geräusch ans Ohr der vielen Zuschauerinnen und Zuschauer, das eher an eine Kreissäge als an einen Rennwagen erinnert. Die Erklärung: Das Rennauto fährt elektrisch, hat aber dennoch - oder gerade deswegen - ordentlich Wumms. Beschleunigen, bremsen, auf der Stelle treten, quietschende Reifen - am Schluss klatscht das Publikum auf dem Campus der technischen Universität der westrumänischen Großstadt Temeswar ordentlich Applaus.
ZF stellt sein Können unter Beweis
Ein Mann steigt aus dem Fahrzeug, den viele kennen: Nick Heidfeld, Ex-Formel-1-Pilot und nun Fahrer im elektrischen Formel-E-Auto des indischen Rennstalls Mahindra. "Beim ersten Mal war’s total ungewohnt", sagt der Rennprofi. Statt Motorengeräusche "habe ich erst mal nur die Windgeräusche gehört." Doch nun, in der Formel E, fehle ihm das Dröhnen des Motors nicht mehr wirklich - im Gegenteil:
ZF Friedrichshafen wirbt um die klugen High-Tech-Köpfe
Der derzeit zweitgrößte Auto-Zulieferkonzern Deutschlands, ZF aus Friedrichshafen, unterhält in Temeswar schon seit Jahren ein großes Werk und seit geraumer Zeit auch ein modernes Entwicklungszentrum. Bei der Vorstellung des E-Rennwagens auf dem Uni-Campus in Temeswar finden ZF-Faltblätter über Karrierechancen im Unternehmen reißenden Absatz, auch wenn die Studierenden bislang den Namen Friedrichshafen kaum über die Lippen bringen.
Dirk Walliser, Leiter der ZF-Konzernforschung, legt nach: Man wolle junge High-Tech-Experten mit dem Elektro-Flitzer auf den Geschmack bringen, bei der Entwicklung "neuer Technologien an vorderster technologischer Front" mit dabei zu sein. So sei in dem Mahindra-Renner einiges an High-Tech aus dem Hause ZF verbaut.
Viele Niederlassungen deutscher Unternehmen in Temeswar
Junge, motivierte High-Tech-Experten zu finden, ist schon in Deutschland nicht einfach – und in Westrumänien mittlerweile auch nicht mehr: Continental, Bosch, Mahle, Hella, viele deutsche High-Tech-Konzerne unterhalten im Großraum Temeswar Niederlassungen. Waren sie früher so etwas wie eine verlängerte Werkbank mit niedrigen Löhnen, so betreiben die Unternehmen heute in Rumänien auch moderne Entwicklungszentren.
Hoher Ingenieur-Bedarf für die Elektromobilität
In dem Maße, wie die Elektromobilität an Fahrt aufnimmt, wächst auch der Bedarf nach talentiertem High-Tech-Nachwuchs: "Im kommenden Jahr brauchen wir mindestens 500 zusätzliche Software-Ingenieure alleine für die Elektromobilität," so ZF-Manager Otmar Scharrer. Autonomes Fahren und Digitalisierung der Fahrzeuge sei da noch gar nicht einberechnet. Am Standort Temeswar tüfteln derzeit 400 Fachleute an der E-Mobilität. In den kommenden fünf Jahren soll sich diese Zahl auf 800 verdoppeln. Aber dafür braucht das Unternehmen die Aufmerksamkeit der jungen Studierenden - und darum lässt ZF schon mal ein rotes E-Rennauto vorfahren.