Ein Flugzeug hebt hinter einem Zaun mit Natodraht ab.

Nach Messerangriff in Stuttgart

Fragen und Antworten: Darum ist eine Abschiebung trotz Strafakte schwierig

Stand

Nach dem Messerangriff in Stuttgart vor einer Woche ist klar: Der syrische Tatverdächtige hat schon ein langes Strafregister. Eine Abschiebung ist trotzdem ein Problem.

Bei der Auseinandersetzung in der Stuttgarter Königstraße vergangenen Dienstag wurden drei Männer verletzt, einer von ihnen lebensgefährlich. Kurz nach der Tat wurde ein 17-jähriger Syrer festgenommen, der bereits polizeibekannt ist - auch für Gewaltdelikte. Der Fall heizt die Debatte über Abschiebungen nach Syrien und Afghanistan weiter an. Ebenso wie zuvor die Messerattacke auf den Polizisten Rouven Laur in Mannheim, der Ende Mai von einem afghanischen Geflüchteten tödlich verletzt wurde.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte nach dem Angriff in Mannheim erklärt, dass Schwerstkriminelle auch nach Afghanistan und Syrien abgeschoben werden sollten. So sieht es offenbar auch Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU): "Selbstverständlich sind auch Abschiebungen nach Syrien und Afghanistan möglich." Doch ganz so einfach ist es nicht.

In welche Länder kann abgeschoben werden?

Eine wichtige Frage ist, ob dem Abgeschobenen in seinem Herkunftsland Folter, Tod oder andere unmenschliche Behandlung droht. Dann darf nicht abgeschoben werden. Das war bei Syrien aufgrund des Bürgerkriegs und in Afghanistan, vor allem seit der Machtübernahme der Taliban, der Fall.

Sind Syrien und Afghanistan von Abschiebungen ausgeschlossen?

Sowohl für Syrien als auch für Afghanistan galt lange aufgrund der dortigen Sicherheitslage ein Abschiebestopp. Doch jetzt will der Bundeskanzler Rückführungen Schwerstkrimineller nach Syrien und Afghanistan wieder ermöglichen. Auch ein Gerichtsurteil des Oberverwaltungsgerichts in Münster (NRW) könnte richtungsweisend sein: Es hatte die Klage eines Syrers auf subsidiären Schutz abgewiesen. Für den Asylbewerber aus Syrien sieht das Gericht laut dem Urteil zurzeit keine pauschale Gefahr durch einen Bürgerkrieg mehr.

Kann Baden-Württemberg selbst Abschiebungen veranlassen?

Die Länder selbst können keine Abschiebeflüge veranlassen, da der Bund dafür zuständig ist.

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Warum werden Abschiebungen oft nicht umgesetzt?

Viele Länder weigern sich, ihre Staatsangehörigen zurückzunehmen. In Syrien herrscht außerdem nach wie vor Diktator Baschar al-Assad und in Afghanistan die Taliban. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) warnt davor, sich von einem "islamistischen Terrorregime" Bedingungen für die Rücknahme von Straftätern diktieren zu lassen. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) musste einräumen, dass die "Macht an der deutschen Grenze" endet.

Was gibt es für Alternativen zur Abschiebung in die Heimatländer?

Die Bundesregierung überlegt, Abkommen mit Nachbarländern von Syrien und Afghanistan, wie Pakistan und Usbekistan, zu schließen und Schwerstkriminelle dorthin zu bringen. Von dort könnten sie dann weiter nach Afghanistan oder Syrien abgeschoben werden. Jedoch nur, wenn sichergestellt ist, dass sie in dem Gebiet nicht von Tod, Folter oder unmenschlicher Behandlung bedroht sind.

Abschiebungen nach Syrien und Afghanistan waren vor kurzem auch Thema in der Sendung "Zur Sache Baden-Württemberg":

Auch Sexualverbrecher aus Illerkirchberg nicht abgeschoben

Bestürzung und Unverständnis erntete auch der Fall eines Afghanen, der 2019 mit vier anderen Männern eine 14-Jährige in Illerkirchberg (Alb-Donau-Kreis) unter Drogen gesetzt und vergewaltigt hatte. Er sollte nach Verbüßen seiner Haftstrafe abgeschoben werden. Der Mann war im November 2015 eingereist, sein Asylantrag wurde im April 2017 abgelehnt. 2021 kam er in Abschiebehaft. Zu diesem Zeitpunkt waren Abschiebungen nach Afghanistan allerdings ausgesetzt.

Baden-Württembergs Justizministerin Monika Gentges (CDU) hatte den Bund mehrfach vergeblich aufgefordert, die Rückführung zu ermöglichen. Ende März 2022 musste die Abschiebehaft nach einem Gerichtsurteil des Amtsgerichts Karlsruhe beendet werden - und weil der Mann vorher in Illerkirchberg gelebt hatte, musste die Gemeinde ihn dort auch wieder aufnehmen.

Auch wenn die Bundesregierung Abschiebungen nach Afghanistan jetzt wieder ermöglichen will, bleibt nach wie vor das Problem, ob man mit den Taliban über die Rücknahme verhandeln möchte und wie sichergestellt wird, dass die Abgeschobenen dort nicht an Leib und Leben bedroht sind.

Im Fall des syrischen mutmaßlichen Mehrfachtäters bedauert Stuttgarts Ordnungsbürgermeister Clemens Maier (Freie Wähler), dass die Stadt kaum etwas tun kann. Als Flüchtling hat der Jugendliche einen Aufenthaltstitel. Straffällige Geflüchtete würden an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gemeldet, das prüft, ob die Flüchtlingseigenschaft aufgehoben werden kann. Dafür seien die Hürden aber "sehr, sehr hoch".

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